Deutsche Medien zu Israel und den Aufmärschen: Zumutung mit Ausnahmen

Deutsche Medien zu Israel und den Aufmärschen: Zumutung mit Ausnahmen


In den gebührenfinanzierten deutschen Medien dominiert auch bei diesem Angriff der Hamas auf den jüdischen Staat eine „israelkritische“ Berichterstattung. Antiisraelische Aufmärsche werden als „Demonstrationen gegen Eskalation“ bezeichnet, das ZDF interviewt sogar eine Hamas-Apologetin.e.

Deutsche Medien zu Israel und den Aufmärschen: Zumutung mit Ausnahmen

von Alex Feuerherdt

 Immerhin löscht aber der RBB einen komplett missratenen Beitrag, und der Deutschlandfunk sendet ungewohnte Tön

Wenn die Hamas mal wieder ihre Raketen auf Israel schießt, die israelische Luftwaffe daraufhin Stellungen und Terroristen der Hamas im Gazastreifen unschädlich macht und es auf der Straße zu hasserfüllten Demonstrationen gegen Israel kommt, dominiert in den öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland seit Jahren verlässlich eine „israelkritische“ Berichterstattung.

Angereichert wird sie durch entsprechende Kommentare des sendereigenen Personals und durch Interviews mit den immer gleichen Experten, die den gewünschten Ton anschlagen. Umso bemerkenswerter sind die Ausnahmen von dieser Regel, die deshalb eine besondere Erwähnung verdienen.

So wie ein Kommentar von Sebastian Engelbrecht im Deutschlandfunk, in dem klipp und klar festgehalten wird:

 

„Israelhass und Antisemitismus speisen sich aus derselben Quelle.“

Durch Angriffe auf Synagogen wie in Bonn sowie das Verbrennen von Israelflaggen und das Rufen antijüdischer Parolen in unmittelbarer Nähe von Synagogen wie in Münster respektive Gelsenkirchen übermittelten die Täter eine antisemitische Botschaft, die da laute:

„Ebenso wie Israel nicht existieren darf, ist auch für jüdisches Leben in Deutschland kein Platz.“

DLF: „Hass auf Israel ist von Antisemitismus nicht zu trennen“

Aber auch „die Gebildeten unter den Israelkritikern“, zu denen Engelbrecht beispielsweise die Verantwortlichen für die „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ zählt, bezieht der Kommentator ausdrücklich in seine Kritik ein. Dass sie etwa die BDS-Bewegung in Schutz genommen hätten, sei „gefährlich und letztlich unverantwortlich“ sowie „ein Spiel mit dem Feuer“, so Engelbrecht:

„Das Verbrennen einer israelischen Fahne und der pauschale Aufruf zum Boykott aller israelischen Wissenschaftler, Politiker und Produkte entstammen derselben Haltung – dem Antisemitismus.“

 

Wer israelischen Wissenschaftlern, Künstlern, Politikern und Unternehmen die Luft zum Atmen nehmen wolle, solidarisiere sich mit jenen, die vor Synagogen Fahnen anzünden. Es sei „unmöglich, das eine als politisch erlaubt hinzustellen und das andere als verboten“. Engelbrecht weiter:

„Die klare Distanzierung von der BDS-Bewegung, wie sie der Bundestag vor zwei Jahren beschlossen hat, hat ihren Sinn. Sie unterstreicht: Israelhass, der sich im Boykott Israels manifestiert, ist vom Antisemitismus nicht zu trennen – ebenso wie Israelhass, der sich im Verbrennen von Fahnen zeigt.“

Tagesschau: Anti-Israel-Aufmärsche als „Demonstrationen gegen Eskalation“

Ausführungen, die an Prägnanz nichts zu wünschen übriglassen und sehr deutlich machen, dass und warum es sich bei der „Israelkritik“ um eine moderne Erscheinungsform des Antisemitismus handelt. Doch diese Erkenntnis ist in den gebührenfinanzierten Medien recht selten zu hören, zu sehen oder lesen.

Zwei Tage nach Sebastian Engelbrechts Kommentar etwa widmete die Tagesschau in ihrer Hauptnachrichtensendung den antiisraelischen Aufmärschen in mehreren deutschen Städten einen kritikwürdigen Beitrag.

Die antisemitischen Parolen und die Vernichtungsfantasien gegenüber Israel, die auf den Kundgebungen zum Ausdruck gebracht wurden, sind kein Thema. Stattdessen hebt die Sprecherin hervor: „Viele Teilnehmende wollten deutlich machen, dass sie Gewalt in Nahost verurteilen.“ Auf der Bildtafel hinter ihr ist derweil zu lesen: „Demonstrationen gegen Eskalation im Nahen Osten“.

Damit verharmlost die Tagesschau das Treiben der antiisraelischen Demonstranten, in deren Weltbild „Gewalt“ und „Eskalation“ bloße Synonyme für Israel sind. Eine solche Einordnung verzerrt erheblich, was auf den Kundgebungen tatsächlich geschehen ist, und führt dadurch in die Irre.

„Siedlungskonflikt im Gazastreifen“: RBB löscht Beitrag aus Mediathek

Noch ärger ist ein Beitrag in der Abendschau-Fernsehsendung des ARD-Senders RBB am vergangenen Mittwoch, in dem ein Reporter von einer „pro-palästinensischen“ Kundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz berichtet, bei der es zu Ausschreitungen und 53 Festnahmen kommt.

Die Atmosphäre dort beschreibt er gleichwohl als „friedlich“, „bunt“ und „ganz toll“, er schwärmt von „jungen Frauen, die viel Farbe in die Demonstration reinbrachten, aufgrund der palästinensischen Fahnen, die sie mitgebracht hatten, aber auch durch ihre Kostüme und Kopftücher“.

Der Aufzug, sagt der Reporter, richte sich „natürlich auch gegen die Kriegspolitik der Israelis und auch vor allem gegen den lang andauernden Siedlungskonflikt im Gazastreifen. Dass es dort schon seit 2005 keine israelischen Siedlungen mehr gibt, ist ihm offenbar entgangen.

Immerhin entfernte der RBB diesen in jeder Hinsicht misslungenen, gänzlich indiskutablen Beitrag recht schnell aus seiner Mediathek; wenn man den betreffenden Link anklickt, findet man dort nun eine Erklärung, in der es heißt:

„Die Berichterstattung entsprach definitiv nicht unseren journalistischen Standards, da sie der politischen Tragweite und Sensibilität des Themas nicht gerecht wurde. Die Darstellung des Geschehens war einseitig. Sichtweisen der Demonstrierenden wurden unzureichend hinterfragt und ungefiltert wiedergegeben. Die Berichterstattung enthielt inhaltliche und handwerkliche Fehler. Das bedauern wir sehr.“

Was viele Medien – beileibe nicht nur die öffentlich-rechtlichen – auch einmal hinterfragen sollten, ist die unkritische Verwendung der Bezeichnung „propalästinensisch“, wenn es um Manifestationen geht, denen es ausschließlich um die Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates zu tun ist.

Wer „Kindermörder Israel“ brüllt oder „Stoppt den Holocaust in Gaza“ auf ein Schild schreibt, ist nicht propalästinensisch, sondern antiisraelisch – und das ist eben nicht das Gleiche. Propalästinensisch ist beispielsweise die Parole „Free Gaza from Hamas“, aber mit der Terrororganisation und ihrem menschenfeindlichen Regime haben die antiisraelischen Demonstranten ja kein Problem.

ZDF interviewt Hamas-Apologetin

Das gilt allerdings auch für jene Gesprächspartnerin, die das ZDF am vorvergangenen Mittwoch im Mittagsmagazin interviewte: Helga Baumgarten, deutsche Politikwissenschaftlerin und von 1993 bis 2019 als Dozentin an der Bir-Zeit-Universität bei Ramallah tätig.

In ihren Büchern vertritt sie erstaunliche Thesen wie etwa jene, dass die Hamas „ein Programm der sozialen, politischen und ökonomischen Reform und der demokratischen Veränderungen“ vertrete, bereit zu Verhandlungen sei und nicht die Zerstörung Israels zum Ziel habe, sondern „die Beendigung der israelischen Besatzung“, weshalb sie „auch in die internationale Politik integriert werden“ solle.

Mit den Äußerungen von Hamas-Führern, der Charta der Hamas und dem Raketenterror ist diese Einschätzung, um es zurückhaltend zu formulieren, nicht in Einklang zu bringen. Und auch Baumgartens in einem Stern-Interview geäußerte Ansicht, dass die Hamas „ein Gemeinwesen für die palästinensische Bevölkerung schaffen will, das auf Demokratie und Freiheit beruht und Chancen für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung bietet“, hat mit der Wirklichkeit nichts gemein.

Aber das hat das Zweite Deutsche Fernsehen nicht davon abgehalten, die emeritierte 73-Jährige nun zum aktuellen Geschehen und insbesondere zur Hamas sprechen zu lassen.

Und weil die Moderatorin ihrer Aufgabe nicht nachkommt, ergießt sich ein kaum unterbrochener Redeschwall auf die Zuschauer, es ist eine Suada gegen den jüdischen Staat. Baumgarten spricht von einer „ständigen Gewalt gegen die Palästinenser durch die israelische Armee, durch Siedler“, von „ökonomischer Gewalt, alltäglicher Gewalt, Vertreibung aus den eigenen Häusern“, von einer „Enteignung von Land“ und einer „Zerstörung von Häusern“. Israel habe „die Palästinenser regelrecht kaputtbesetzt“, weshalb diese nun „vor einer Explosion“ stünden.

Für Baumgarten ist der Raketenterror bloß „Gegengewalt“

Die Politologin beklagt zudem eine „sinnlose, kurzfristige, kontraproduktive Eskalationspolitik der Regierung Netanjahu“, und die ganze Vorrede dient vor allem dazu, die Eskalation in Jerusalem und Gaza den Israelis in die Schuhe zu schieben und das Handeln der Palästinenser als unvermeidlich, ja, zwangsläufig darzustellen.

Die Bevölkerung komme „an den Punkt, wo sie sagt: Wir sind bereit, gegen die Gewalt, die wir seit einem halben Jahrhundert ertragen mussten, Gegengewalt einzusetzen“, so Baumgarten. Und deshalb unterstützten die Palästinenser die Hamas, schließlich gelte: „Nicht nur ihr dürft uns totschießen, auch wir haben das Recht, uns zu wehren.“

Diese Legitimation von Terror, diese Verharmlosung von mörderischen Angriffen auf die Zivilbevölkerung – und um nichts anderes handelt es sich beim Raketenbeschuss –, diese Rationalisierung von antisemitischem Hass zu einer Form von Gegenwehr, all das kennt man von „Israelkritikern“ seit Jahren.

Helga Baumgarten spricht es nur noch ein bisschen unverblümter aus als andere, und die sichtlich überforderte Moderatorin unternimmt nur zaghafte Versuche, sie zu stoppen oder zumindest zu bremsen. Auch als die Professorin die Hamas und den Islamischen Jihad in einem Atemzug mit „anderen linken Organisationen“ nennt, kommt kein Widerspruch.

Die Grundüberzeugung besteht fort: Israel = Aggressor, Palästinenser = Opfer

Am Ende empfiehlt Baumgarten, „mit der Hamas zu reden“, das sei schließlich in den vergangenen 15 bis 20 Jahren „immer wieder möglich“ gewesen. Im Übrigen sollten sich die Israelis einfach überall zurückziehen: vom Tempelberg – Baumgarten verwendet selbstredend die arabische Bezeichnung „Haram al-Sharif“ –, aus Scheich Jarrah, aus dem Westjordanland.

Es ist eine über fünfminütige Tirade gegen den jüdischen Staat zur Mittagszeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, eine Apologie der Hamas, geäußert von einer Frau, an deren Eignung als Expertin schon vor vielen Jahren erhebliche Zweifel laut geworden sind.

So bleiben Beiträge wie der eingangs vorgestellte von Sebastian Engelbrecht im gebührenfinanzierten Rundfunk weiterhin eine Ausnahme. Dass Israel prinzipiell der Aggressor ist und die Palästinenser sich in der Opferrolle befinden, scheint als Grundüberzeugung weiterhin unerschütterlich zu sein.

So unerschütterlich wie zumindest das Verständnis, das öffentlich-rechtliche Medien den antiisraelischen Demonstranten in Deutschland vielfach entgegenbringen, und die abwegige Rationalisierung von deren Hass zu einer Form von legitimem Protest, ja, zu einem Einsatz für Deeskalation und Frieden.

erschienen auf Mena-Watch


Autor: Mena-Watch
Bild Quelle: Pixabay


Montag, 24 Mai 2021

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