Der ewige Notstand: Die Regierenden geben ihr Machtinstrument nicht mehr her

Der ewige Notstand: Die Regierenden geben ihr Machtinstrument nicht mehr her


Als vor eineinhalb Jahren der Rechtsbegriff der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ kreiert wurde, gehörte ich zu den Mahnern, die einen Dammbruch befürchteten, wenn den Regierenden erst einmal ein solch mächtiges Werkzeug in die Hand gegeben würde.

Der ewige Notstand: Die Regierenden geben ihr Machtinstrument nicht mehr her

Von Ramin Peymani, Liberale Warte

Ich warnte vor den fatalen Folgen, die mit der erstmaligen Feststellung der Notlage durch den Bundestag im März 2020 absehbar waren. Immer und immer wieder würde eine Regierung mit ihrer Parlamentsmehrheit die Möglichkeit nutzen, einen Notstand zu erklären, um am Bundestag vorbei regieren und die Gewaltenteilung aushebeln zu können. Genauso ist es gekommen. Ein schnöder Parlamentsbeschluss schuf die Basis dafür, dass wesentliche Teile der verfassungsmäßig verbrieften Grundrechte seither mühelos verweigert werden können. Einmal mehr hat sich die Regierungskoalition von ihren eigenen Abgeordneten den Freibrief nun abstempeln lassen. Der Aufschrei der Opposition kann nur wenig darüber hinwegtäuschen, dass eine wirkliche Blockade des Vorhabens gar nicht gewollt war. Zahlreiche Parlamentarier blieben der Abstimmung fern, um keine Entscheidung treffen zu müssen, die sie in Erklärungsnot bringen könnte. So war der Weg frei für eine auskömmliche Mehrheit, die der Bundesregierung nunmehr bis zum 12. Dezember 2021 freie Hand gibt. Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass die „epidemische Lage“ anschließend bis ins kommende Frühjahr hinein verlängert werden wird. Dann werden es zwei Jahre ununterbrochenen Notstands sein. Wir steuern auf den „ewigen Notstand“ zu, der schon bald nicht mehr mit einem Virus, sondern mit anderen vermeintlichen Bedrohungen verknüpft sein wird.

Wer seine Macht dazu missbraucht, ohne erkennbare Gefahr eine Notlage zu erklären, verlässt den Boden der demokratischen Grundordnung

Sieben Jahrzehnte lang waren es hierzulande die Grundrechte, die Ewigkeitscharakter genossen. Seit Corona ist das vorbei, und das ist kein Zufall. Grundrechte sind der Politik im Weg. Je mehr Freiheiten Verfassungen für Bürger vorsehen, umso weniger Macht haben Regierungen. Notstände erleichtern das Durchregieren. Mit herbeigerufenen Krisen entledigen sich die Regierenden daher immer mehr demokratischer Fesseln. In Deutschland gelingt ihnen dies besonders leicht, was unter anderem an der sprichwörtlichen Obrigkeitshörigkeit weiter Teile der Bevölkerung, aber auch an der mangelnden direkten Einflussmöglichkeit der Wähler und der erdrückenden Macht der Parteien liegt. Nur noch bei einem von der Politik und ihren Gehilfen leicht zu beherrschenden Kreis von Demokratieverteidigern regt sich Widerstand dagegen, dass sich die Regierenden lieber an inszenierten Untergangsszenarien austoben, als tatsächliche Herausforderungen anzugehen. Und so findet auch die Corona-Politik, der die vorliegenden Fakten längst ihre Berechtigung entzogen haben, mehrheitlich Zustimmung – nicht nur im Bundestag, sondern auch bei den Bürgern. In ihrer Panik sind Millionen von Menschen unfähig, einfachste Zahlenreihen zu verstehen. Sie halten Corona für einen Serienkiller. Von durchschnittlichen Bundestagsabgeordneten darf man da mehr verlangen: Sie sollten im zweiten Jahr der ausgerufenen Pandemie sehr wohl über eine hinreichende Kenntnis der Zusammenhänge verfügen. Wer also seine Macht als Abgeordneter dazu missbraucht, ohne erkennbare Gefahr eine Notlage zu erklären, verlässt den Boden der demokratischen Grundordnung. Dass zugleich das Ende der bezahlten Bürgertests zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beschlossen wurde, ist entlarvend.

Anders als seinerzeit die Banken in der Finanzkrise, werden Pharmakonzerne heute dafür gefeiert, dass sie die Regierungen erpressen

Ohnehin scheint es bei alledem hauptsächlich darum zu gehen, die per sogenannter Notfallzulassung erlaubten Corona-Spritzen weiterhin verabreichen zu können. Ohne die „epidemische Lage“ wäre dies nicht möglich. Längst steht nicht mehr die Frage etwaiger Gefahren durch ein Virus im Vordergrund, sondern der Wunsch, die für Milliardenbeträge angeschafften Dosen vollständig zu injizieren und sich die Peinlichkeit zu ersparen, Lagerbestände entsorgen zu müssen. Es regt zu Spekulationen an, dass Gesundheitsminister Spahn offenbar plant, einen größeren Vorrat anzulegen – ein Vorhaben, an dem selbst gewogene Experten deutliche Kritik üben. An dieser Stelle sei noch einmal klargestellt, dass es sich eben gerade nicht um eine Zulassung von Impfstoffen handelt, sondern um eine Ausnahme von der Zulassungspflicht, deren wesentlicher Bestandteil ist, dass die Hersteller von jeglicher Haftung freigestellt sind. Das Casino, das die Politik nach der Finanzkrise angeblich schließen wollte, floriert auch in Corona-Zeiten. Zu den Finanzinstituten haben sich Pharmakonzerne gesellt, die – anders als die Banker – dafür gefeiert werden, Regierungen zu erpressen. An den Corona-Spieltischen agiert wie damals die Politik als Groupier. Um es noch einmal zu sagen: Eine Notlage gibt es nicht. So wenig, wie heute noch größere Gesundheitsgefahren vom Corona-Virus ausgehen, ist eine Überlastung der Krankenhäuser zu erkennen. Diese hat es auch in der Vergangenheit nicht gegeben. Allerdings könnte der seit dem Herbst 2020 stattfindende Abbau von Intensivbettenkapazitäten eine Krise provozieren. Auf diese Weise könnten die Profiteure der herbeihalluzinierten Gesundheitsnotlage tatsächlich den Notstand schaffen, den sie so dringend benötigen.


Autor: Ramin Peymani
Bild Quelle: Hornet Driver, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons


Montag, 30 August 2021

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