Wenn Freundesdienst zum Bärendienst wird

Wenn Freundesdienst zum Bärendienst wird


Freunde und Partner, Verwandte und Vorgesetzte, jeder für sich stellt eine gewisse Autorität für uns dar.

Wenn Freundesdienst zum Bärendienst wird

Von Meinrad Müller

Wir selbst, verunsichert, uninformiert und ängstlich, tendieren dazu, anstatt selbst zu denken, den Ratschlägen, die wir erhalten, zu folgen. Und das kann verdrängte Folgen mit sich bringen.

Empfehlungen unter Freunden, das weiß jeder Hersteller eines Produktes, wirken zehnmal intensiver als jede noch so verführerische Werbung. Wir kaufen dieses oder jenes Auto, weil uns ein Freund von seinen Erfahrungen berichtete. Wir lesen die Kundenkommentare auf Amazon intensiver als die Produktbeschreibung. Und dann erst kaufen wir oder auch nicht.

Freunde sind uns im sprichwörtlichen Sinne zugeneigt. Sie leihen uns ihr Ohr und sprechen Warnungen und Empfehlungen aus. Vielfach raten uns Freunde dringend ab, diese Kaffeemaschine, diesen Laptop oder jenes Haus in einer bestimmten Gegend zu kaufen. Freunde, obwohl sie von einer bestimmten Materie „keine Ahnung“ haben, wollen auf der sicheren Seite sein. Was, wenn die Empfehlung falsch war, wenn der Freund dadurch Schaden erlitt? Von einer bevorstehenden Entscheidung abzuraten, damit rettet der Freund sich auf die sichere Seite. Er will nicht in (emotionale) Haftung genommen werden, wenn wir durch einen todsicheren Tipp das falsche Auto kauften, das sich als Flop herausstellte.

Zuraten aufgrund „höherer Gewalt“

Unsere Freunde beziehen deren Erfahrung nicht nur aus eigener Anschauung. Vielmehr sind sie, wie Millionen von uns, einem Stahlgewitter an medial transportierten tendenziösen Meinungen ausgesetzt. Einer Lüge, die nur oft genug wiederholt wird, wird letztendlich auch geglaubt. Und so spiegeln unsere Freunde nur jene Farbe wider, in die sie oft genug getaucht wurden, bis sie glauben, diese Erkenntnis wäre ihrem Geiste selbst entsprungen. Mit Leichtigkeit und nie gekannter Selbstsicherheit wird uns geraten, an einem Experiment teilzunehmen.

Fette Beute machen motiviert. Ob nun, um einen Teil des Bärenfelles zu erhalten oder zu den Guten gezählt zu werden, entwickelt einen vorweggenommenen Besitzerstolz. In dieser Sonne der angeblichen und unumstößlichen Wahrheit sich zu wärmen tut so lange gut, bis dunkle Wolken aufziehen und Blitze mit Donnergewalt herniederprasseln, töten und verletzen. Und just in dieser Situation befinden sich nun all jene, die mit deren Nachgeplapper ihren Freunden schadeten. Jeder hat in seinem Umkreis Freunde und Bekannte, die es bitterlich bereuen, den Ratschlägen auf den Leim gegangen zu sein.

Tabu in reinster Hochkultur

Leben wir nicht in einer völlig tabulosen Zeit? Nichts mehr ist uns peinlich. Dennoch steht derzeit der sprichwörtliche Elefant mitten im Zimmer und alle tun so, als wäre er nicht existent. Jeder weiß es und keiner sagt etwas. Wer als erster „Feuer, Feuer“ ruft, wird von jenen, die den Brandherd noch nicht sehen (wollen), mit Schimpf und Schande bedacht. Muss erst die Gesellschaft wieder einmal in Schutt und Asche liegen, bis wir uns beim Aufräumen der Trümmerteile wieder ehrlich und in Trauer vereint begegnen können, um uns gegenseitig zu beteuern, man habe ja von nichts gewusst?

Auch wenn im privaten Umfeld eine persönliche Haftung gerichtlich nicht durchgesetzt werden kann, so trifft diese doch jene, die mit wirtschaftlicher oder behördlicher Autorität und mit Zwang Menschen in die Enge trieben.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Haeferl, CC BY-SA 3.0 AT , via Wikimedia Commons


Freitag, 25 Februar 2022

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