RBB-Affäre: Amigo-Filz jetzt auch in der Hauptstadt der Bananenrepublik

RBB-Affäre: Amigo-Filz jetzt auch in der Hauptstadt der Bananenrepublik


Die aktuelle Affäre um Patricia Schlesinger, die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), zeigt das strukturelle Problem der politmedialen Maximalverfilzung in Deutschland im Allgemeinen und in Berlin im Speziellen wie unter dem Brennglas.

RBB-Affäre: Amigo-Filz jetzt auch in der Hauptstadt der Bananenrepublik

Von Alexander Schwarz, Ansage.org

Wo sich der Sumpf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) mit dem Berliner Filz verbindet, wird diese Bananenrepublik am bananigsten. Niemand braucht sich über Verflechtungen und Seilschaften in der Provinz zu wundern – vom Gemauschel im kleinsten Gemeinderat bis etwa hin zur AWO-Affäre in Frankfurt und Wiesbaden -, wenn die Hauptstadt mit derart marodem Beispiel vorangeht.

In der Affäre, deretwegen die Brandenburgische AfD-Fraktion nun bei der zuständigen Potsdamer Korruptions-Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Schlesinger und ihren Ehemann (den früheren „Spiegel”-Journalisten Gerhard Spörl) sowie Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf erstattete, hat das Zeug zum Polit-Krimi. Es geht dabei um seit Wochen immer weitere Kreise ziehende Vorwürfe bezüglich der Vergabe von Bauaufträgen für die Errichtung des 185 Millionen Euro (!) teuren neuen Medienhauses des RBB – selbstverständlich auf Kosten – bzw. zum Schaden – der Zwangsgebührenzahler. Abgesehen von der monströsen Geldverschwendung für einen weiteren völlig unnötigen Prunkbau der ARD sind nämlich auch die lukrativen Gewerke dafür auf äußerst dubiose und intransparente Weise vergeben worden. Die Besprechungen dazu fanden vornehmlich in Schlesingers Berliner Privatwohnung statt (wobei sogar noch der Verdacht im Raum steht, dass selbst die Kosten für das Catering über den Sender abgerechnet, also vom Gebührenzahler getragen wurden).

Deals in der Privatwohnung – auf Kosten von Allgemeinheit und Gebührenzahlern

Bei diesen Treffen wurden offenbar dem Immobilienunternehmer Wolf, der auch Chef der landeseigenen Berliner Messe ist und praktischerweise zugleich auch dem RBB-Verwaltungsrat vorstand, lukrative Bauaufträge im Zusammenhang mit dem RBB-Medienhaus zugeschanzt. Im Gegenzug soll er Schlesingers Ehemann, Ex-„Spiegel“-Mann Spörl, Berater-und Autorenhonorare für rund 140.000 Euro vermittelt haben. Zudem drückte Wolf auch noch eine sechzehnprozentige Gehaltserhöhung für Schlesinger durch, deren Jahresbezüge sich damit auf 303.000 Euro erhöhten – während die Bezüge unter anderem der freien Sendermitarbeiter gekürzt wurden.

Wolf bestritt, die Unternehmen, an die die Bauaufträge gingen, gekannt zu haben. Dies ist zumindest zweifelhaft. Schlesinger, die derzeit auch ARD-Vorsitzende ist, ließ hierzu verlauten :  „Angesichts der Vorwürfe, die gegen mich persönlich und den Sender erhoben werden, haben wir uns zu vollständiger Aufklärung verpflichtet.“ Als ihr der Hauptausschuss des Brandenburger Landtags am Dienstag Gelegenheit dazu geben wollte, lehnte sie die Einladung jedoch ab. Darauf richtete das Parlament einen Katalog von 24 Fragen an die Intendantin, für deren Beantwortung man ihr eine vierzehntägige Frist setzte. Darin wird Aufklärung über alle Details der Auftragsvergabe verlangt. Unter anderem beziehen sich die Fragen auf eine mögliche Vorteilsnahme Schlesingers durch die von ihrem Mann erhaltenen Aufträge. Der Hauptausschussvorsitzende des Landtags, SPD-Fraktionschef Daniel Keller, sagte :  „Sollte es zu Fehlverhalten gekommen sein, müssen daraus Konsequenzen gezogen werden.

Wachsender Unmut

Beim RBB hat sich inzwischen ein Großteil der Mitarbeiter gegen Schlesinger gewandt. „Wir müssen uns praktisch jeden Tag für den RBB rechtfertigen, obwohl wir nichts wissen und nichts damit zu tun haben“, heißt es aus dem Sender. Weiter wird kritisiert :  „Ein Rechtfertigungsdruck entsteht, die Arbeit wird erschwert, manchmal gänzlich infrage gestellt.“ Verwundert sei man auch über den plötzlichen Stopp sämtlicher Planungen für das „Digitale Medienhaus“ – trotz der millionenschweren Vorbereitungsarbeiten :  „Wir fragen uns :  Wie wurden denn die bereits angefallenen Leistungen bezahlt. Wurden dafür Programmmittel verwendet?“ Schlesinger selbst wird durch den eigenen Sender ebenfalls heftig angegangen :  „Unsere größte Sorge sollten nicht Berater oder Häppchentermine sein, sondern die Akzeptanz unseres Publikums.“ Die Enthüllungen seien für viele irritierend :  „Da wirken 16 Prozent Gehaltserhöhung für die Intendantin noch zusätzlich demotivierend.“ Schlesinger wird zudem Intransparenz und ausbleibende Aufklärung vorgeworfen.

Während die Regierungs- und Serviceoppositionsparteien sowohl im Berliner Abgeordnetenhaus als auch im Potsdamer Landtag eher an einer geräuschlosen Klärung der Sache interessiert scheinen, wächst bei der fieberhaft um Schadensbegrenzung bemühten ARD weiter der Unmut über das Gebaren der Intendantin – wenn man sich auch offiziell noch zurückhält, in die üblichen Phrasen flüchtet und behauptet :  „Wir vertrauen in den Aufklärungsprozess.“ Schlesinger hat inzwischen – wie großzügig! – angeboten, auf ihre auch senderintern höchst umstrittene Gehaltserhöhung zu verzichten. Dies dürfte allerdings nichts mehr am bereits nachhaltig ruinierten Verhältnis zu ihren Mitarbeitern ändern, zumal die eigentlichen Vorwürfe noch immer nicht entkräftet wurden. Und Wolf-Dieter Wolf teilte zwar Anfang der Woche mit, er lasse seinen Verwaltungsratsvorsitz vorerst „ruhen“. In der 100-prozentigen RBB-Tochter „RBB Media“ ist er allerdings weiterhin Aufsichtsratsboss.

 


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Coenen, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons


Sonntag, 24 Juli 2022

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