Alles Gaga oder was?

Alles Gaga oder was?


Gut ist schlecht, links ist rechts, oben ist unten - die Umwertung aller Werte schreitet voran. Inzwischen ist eine rationale, gesamtgesellschaftliche Diskussion über Ziele und Inhalte unserer Republik kaum noch möglich, weil niemand mehr weiß, was die Worte bedeuten, mit denen geredet wird.

Alles Gaga oder was?

Von Ramiro Fulano

Noch vor einer Generation kannte sogar die deutsche Linke dieses Problem als den „Zusammenhang zwischen Gesellschaftsform und Denkform“. Aber der ist erstens keine Einbahnstraße. Und zweitens wird dank ihm unsere selbsternannte Kaste des Bewusstsein immer öfter von den Ereignissen überrollt

Meine Damen und Herren, in seiner Funktion als Überlebender der Archipels Gulag wird Alexander Solschenizyn oft folgende Aussage über die Mentalität totalitärer Regime zugeschrieben: „Wir wissen, dass sie lügen. Sie wissen, dass sie lügen. Sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen. Aber sie lügen weiter und wir tun so, als ob wir ihnen glauben.“

Tatsächlich wurde das anscheinend zuerst von Elena Gorochova in dieser Art formuliert, aber egal. Denn vor allem wusste Solschenizyn, dass der tiefere Daseinszweck des Totalitarismus nicht darin besteht, den ihm untergeordneten Teil der Menschheit von irgendwelchen „Wahrheiten“ zu überzeugen – sondern seinen Mitläuferinnen jederlei Geschlechts beizubringen, den politischen Wahn als gesellschaftlichen Idealzustand zu akzeptieren.

Vor diesem Hintergrund muss man den Archipel Öko als Bio-Totalitarismus verstehen, der seinen intellektuellen Stoffwechsel vorzugsweise mit seiner eigenen Besserwisserei betreibt, hermetisch gegen jede Anfechtung des Cartesianischen Zweifels isoliert ist und somit mehr mit der handelsüblichen Symptomatik einer Psychose gemein hat als Ökopathie und Irrsinn lieb sein dürfte.

Ihren Ursprung hat diese neue deutsche Ideologie in der Klima-Debatte – dem Credo, wir könnten das Weltklima beeinflussen, indem wir Steuern, Abgaben, Umlagen und Gebühren bezahlen für alles, das im weitesten Sinne CO2 produziert. Deutschland, daran sei erinnert, emittiert rund 1 % des weltweiten Grusel-Gases der Öko-Sekte. Selbst, wenn wir zu maximalen Kosten und mit minimalem Ertrag aus diesem einen Prozent die Hälfte machen, wäre das so, als ob Sie sich den kleinen Zeh eincremen, um Ihre Neurodermitis zu kurieren.

Und welche Erderwärmung überhaupt? In den 90er Jahren, der Geburtsstunde des Global Warmings, sah es tatsächlich zwei, drei Jahre lang so aus, als würde es jedes Jahr wärmer. Zeitgleich hagelte es Climate Change Propaganda auf alle Kanälen. Nach damaligem Stand der Dinge dürfe es seit schon seit zwanzig Jahren im Winter keinen Schnee mehr geben und die Polkappen sollten geschmolzen sein. Inzwischen sind sämtliche einschlägige Klimastatistiken dahingehend „korrigiert“, dass sie genau das belegen, was die „Klimamodelle“ postulieren – auffallend genau.

Selbst der Skandal um die E-Mails der University of East Anglia – Tenor: „hide the decline“ (versteckt den Temperaturrückgang) – konnte die Ökopathinnen jederlei Geschlechts nicht in ihrem fanatischen Glauben erschüttern: Die Erde heizt sich auf und wir sind daran schuld. Selbstverständlich gönne ich allen Irren ihren Wahn. Insofern ist nicht die deutsche Ökopathie das Problem, sondern ihre Zielsetzung, den vernünftigen, rational gebliebenen Teil der Menschheit mit sich zusammen verrückt zu machen. Immerhin 85 % aller Wahlberechtigten haben bei der letzten Bundestagswahl nicht für die „Grünen“ gestimmt – wo bleiben deren demokratische Mitbestimmungsrechte, liebes Bundesverfassungsgericht?

Inzwischen – eine „Energiewende“ und einen „Atomausstieg“ später – ist eine rationale, gesamtgesellschaftliche Diskussion über Energiepolitik nicht mehr möglich. Wie einst die Inquisition hält die Bio-Sekte an ihren Glaubensgrundsätzen fest und überantwortet alle Häretiker und Ketzer den ewigen Höllenfeuern ihrer ökologisch-korrekten Autodafés.

Natürlich bestreitet niemand, dass das Klima sich ändert – irgendwo auf der Erde tut es das immer, seit fünf Milliarden Jahren. Aber wäre das Geld, dass wir in „erneuerbare“ Energien stecken, an denen nichts wirklich erneuerbar ist (Solarkollektoren, Windmühlenflügel, E-Auto-Batterien) nicht in Projekten besser angelegt, die die Auswirkungen der Klimaveränderung mildern – vor allem in den ärmeren Ländern? Was versprechen wir uns davon, uns CO2-neutral kaputt zu sparen, während in der VR China jede Woche zwei neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen? Immerhin gibt es mit der Molten-Salt-Technologie bereits seit 60 Jahren die Möglichkeit, Atomkraft auf sichere und umweltverträgliche Art zu nutzen.

Wer glaubt, wir könnten das weltweite Klima beeinflussen, indem wir das eine Prozent CO2, das Deutschland emittiert, aus der Atmosphäre nehmen, ist sicherlich bereit, jeden Unsinn zu glauben, der ihm von politisch interessierten Stellen eingetrichtert wird. Indes scheint der unaufhaltsame Aufstieg der „grünen“ Partei maßgeblich ihrer Politik der künstlichen Verknappung von so gut wie allem, was menschliches Dasein nicht nur angenehm, sondern möglich macht, geschuldet. Man fragt sich inzwischen weniger nach den „Grenzen des Wachstums“, sondern nach den Grenzen des Masochismus.

Aber auch in den USA beziehen sich die Versuche zur Bewältigung der Wirklichkeit in zunehmendem Maße nur noch auf die idealistisch-rhetorische, und eben nicht auf die materiell-konkrete Ebene. Als sich am Donnerstag der letzten Woche zeigte, dass die Wirtschaftsleistung der USA auch im zweiten Quartal des laufenden Jahres spürbar nachgelassen hatte, schickte sich das Biden-Regime an, die Definition dessen, was wir seit Jahrzehnten eine Rezession nennen, politadäquat zu ändern.

Eine Rezession ist nun nicht mehr das, was in jedem handelsüblichen Lehrbuch der Wirtschaftswissenschaften steht. Nämlich, wenn zwei Vierteljahre nacheinander das Bruttoinlandsprodukt sinkt. Sondern das ist eine „Transition“ – hat uns die Pressesprecherin (m/w/d/x) des Weißen Hauses erklärt. Und ihr Boss selbst las es später von seinem Spickzettel ab – ohne der Öffentlichkeit das Gefühl zu vermitteln, dass es um den kognitiven Zustand des US-Präsidementen besser steht als um die Wirtschaft seines Landes. Beide befinden sich in einem irgendwie endgültig anmutenden Abstieg, während die VR China sich anschickt, die globale Führungsrolle zu übernehmen. Zum ersten Mal in den letzten drei- bis fünfhundert Jahren wird somit ein Land, das nicht einmal ein Mindestmaß an demokratischer Mitbestimmung kennt, zur Weltmacht. Unsere Genossinnen jederlei Geschlechts können zufrieden sein.

Um zu verstehen, wie es auch bei uns in wenigen Jahren zugehen könnte, lohnt sich ein Blick nach Argentinien. Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, schlingert dieses an sich sehr sympathische Schwellenland von der chronischen Phase der Krise in die akute und wieder zurück. Ohne, dass sich an den Ursachen seiner Malaise etwas Entscheidendes ändern würde. Im Gegenteil: Seit der Entdeckung der „sozialen Gerechtigkeit“, der „Umverteilung“ und der „Sozialpläne“ aller Art hat sich die Armutsquote verzehnfacht: von 5 % in der dritten Regierung Peróns (1973/74) auf momentane, sagenhafte 46 %. Irgendetwas funktioniert nicht. Die Politik der großzügigen öffentlichen Hand hat indes auch die produktive Hälfte der Bevölkerung ruiniert: Das monatliche Durchschnittseinkommen fiel in den letzten zwei, drei Jahren von 920 auf 530 Dollar – linke Politik macht alle arm.

Wenigstens scheint der vor ein paar Wochen drohende Staatsbankrott bis auf weiteres abgewendet: Argentinien hat nach Silvina „Flowers“ Batakis nun den zweiten neuen Wirtschaftsminister innert drei Wochen bekommen: Sergio Massa versteht von Wirtschaft nicht mehr oder weniger als Sie oder ich, meine Damen  und Herren. Aber als Rechtsanwalt und peronistischer Vorstadtbaron war er für alle schon alles Mögliche und dabei trotzdem für jeden etwas Bestimmtes.

In seiner Funktion als „Superminister“ (Wirtschaft, Finanzen, Planung und Landwirtschaft) soll dieser ambitionierte Polit-Profi nun zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Den Peronismus, namentlich den glücklosen Señor Fernández, bis zu den planmäßigen Wahlen im nächsten Jahr über die Zeit retten. Und die argentinische Republik vor einem weiteren Wirtschaftskollaps bewahren – aber nur, wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt. Mit dieser Programmatik wird Massa vielleicht sogar der Spitzenkandidat 2023.

Ein Land, das fünf verschiedene Wechselkurse zum Dollar braucht (einen offiziellen, einen „inoffiziellen“, einen für Buchgeld, einen für die Börse und einen für Kreditkarten), benötigt vermutlich auch vier oder fünf Präsidenten: einen offiziellen (Fernández), einen inoffiziellen (Cristina Kirchner), dann den Massa und die Volkstribunen der diversen Protestbewegungen, die pikanterweise vom Innenministerium finanziert werden. Tatsächlich bleiben vom Geld, das für die Sozialhilfeempfänger bestimmt ist, rund 20 % an den Fingern der Protest-Bosse hängen, die nur zu gerne die Auszahlung der Staatskohle übernehmen – in Ermangelung von Girokonten in bar und gegen ein üppiges Agio.

Sozialismus, das scheint sich mal wieder zu bestätigen, endet erst dann, wenn das Geld alle ist. Oder wenn alle tot sind.


Autor: Ramiro Fulano
Bild Quelle: Jordan L´Hôte, CC BY 3.0 , via Wikimedia Commons


Samstag, 30 Juli 2022

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