Nastrovje! Friedenspreis des Buchhandels an Anne Applebaum verliehen Nastrovje! Friedenspreis des Buchhandels an Anne Applebaum verliehen
Man feiert mal wieder unter sich: Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie in der Frankfurter Paulskirche ist der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels am Sonntag an die polnisch-amerikanische Historikerin Anne Applebaum verliehen worden.
Die Laudatio hielt die russische Germanistin Irina Scherbakowa, die ein Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial ist, die 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Sie rede nicht nur für sich selbst, sondern auch im Namen ihrer Freunde und Kollegen von Memorial, sagte Scherbakowa. Die Werke Applebaum bezeichnete sie in diesem Zusammenhang als „besonders wertvoll“ und hob deren Bedeutung auch für die eigene Arbeit hervor.
In ihrer Begründung für die Auswahl von Applebaum hatte die Jury ausgeführt, dass die Historikerin mit ihren Analysen der kommunistischen und postkommunistischen Systeme der Sowjetunion und Russlands die Mechanismen autoritärer Machtergreifung und -sicherung „offengelegt“ und sie anhand der Dokumentation zahlreicher Aussagen von Zeitzeugen „verstehbar und miterlebbar“ gemacht habe. Ihr Werk sei „zu einem eminent wichtigen Beitrag für die Bewahrung von Demokratie und Frieden“ geworden, hieß es.
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verleiht den Friedenspreis seit 1950. Er ist mit einer Preissumme von 25.000 Euro verbunden, die von den Verlegern und Buchhändlern aufgebracht wird. Traditionell wird die Auszeichnung am Sonntag der Frankfurter Buchmesse vergeben.
Dazu gibt es einen Kommentar von Wolfgang Hübner, vor der Verleihung geschrieben:
Eine würdige Preisträgerin der „Zeitenwende“
Wenn heute in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an die amerikanisch-polnische Publizistin Ann Appelbaum verliehen wird, ist das ein kultureller Beitrag zur Kriegsertüchtigung der Deutschen. Die Ehefrau des polnischen Außenministers Sikorski, der die Sprengung der Ostsee-Pipeline begeistert begrüßt hat, ist eine knallharte Vertreterin sogenannter „westlicher Werte“, das hat sie in ihren Publikationen genügend unter Beweis gestellt. Und natürlich ist sie wie ihr Mann offen russenfeindlich, das wird im Zeichen der „Zeitenwende“ besonders geschätzt.
Einmal mehr hat die Führung der deutschen Buchhändler politische Zuverlässigkeit gegenüber den Mächtigen mit der Wahl der Preisträgerin demonstriert. Deshalb wird die selbsternannte „Zivilgesellschaft“ in der Paulskirche mit der Ehrung Appelbaums sich auch selbst feiern ausgiebig können. Das ist umso notwendiger, weil sowohl die einstmals renommierte Auszeichnung wie überhaupt die Frankfurter Buchmesse an Bedeutung stark verloren haben.
Selbst wohlgesinnte Medien können nicht leugnen, dass die früher weltweite Anziehungskraft dieser Messe erloschen ist: „Schlechte Stimmung, kaum Geschäfte, dafür weiter wachsende Standgebühren, immer weniger Aussteller und die Durchmischung ehedem rein literarischer Zonen mit Stofftaschenanbietern, Imageständen von Bundesländern oder Repräsentanzen religiöser Eiferer. Die Messe schafft sich selbst ab oder will zum Jahrmarkt mutieren.“ (FAZ)
Ein „Fortschritt“ ist allerdings zu vermelden: Konservative oder rechte Verlage haben sich weitestgehend von der Frankfurter Buchmesse zurückgezogen. Das ist die Folge der von der Messeleitung tolerierten gewalttätigen Angriffe gegen solche Verlage sowie deren gezielte Diskriminierung mit abgelegenen Standplätzen. Nun schmort die woke Szene im eigenen Saft, zu ernsthaften geistigen Auseinandersetzungen ist man dort weder in der Lage noch bereit. Welch eine intellektuelle Bankrotterklärung!
Als am Donnerstag der rechte Verleger Götz Kubitschek mit seiner Frau die Messe besuchen wollte, musste er 30 Minuten warten, bis er eingelassen wurde: Die Messeleitung hatte eine Liste von ca. 20 Personen erstellt, denen der Einlass verwehrt werden sollte. Ob Kubitschek auf der Liste notiert war, ist ebenso unklar wie die Gründe für seine Überprüfung. Doch zeigt der skandalöse Vorgang, wie es um die geistige Situation in Deutschland bestellt ist.
Die mutige Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen will mit anderen daraus die Konsequenz ziehen, nämlich „eine eigene Messe für Bücher, für Leser und Verlage organisieren, die sich mit Büchern und Autoren offen zeigen wollen.“
Autor:
Bild Quelle: Chatham House, London, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons
Sonntag, 20 Oktober 2024