Netanyahu trifft Trump: Geiseln, Gaza und Zölle – Israels Premier ringt um RückhaltNetanyahu trifft Trump: Geiseln, Gaza und Zölle – Israels Premier ringt um Rückhalt
Benjamin Netanyahu trifft Donald Trump – im Fokus stehen Gaza, 17-Prozent-Zölle auf israelische Exporte..
Israels Premierminister Benjamin Netanyahu ist am Sonntagabend zu einem eilig organisierten Staatsbesuch in Washington D.C. eingetroffen. Anlass sind eine Reihe hochrangiger Gespräche mit US-Präsident Donald Trump und führenden amerikanischen Regierungsvertretern. Im Zentrum stehen der Krieg in Gaza, die Schicksale der verbliebenen israelischen Geiseln – und ein US-Zollbeschluss, der Israels Wirtschaft hart treffen könnte.
Die Reise wurde nur einen Tag zuvor angekündigt. Netanyahu war direkt aus Budapest angereist, wo er sich zuvor mit dem ungarischen Premier Viktor Orbán getroffen hatte. Hintergrund des Besuchs ist ein telefonisches Dreiergespräch zwischen Netanyahu, Trump und Orbán in der vergangenen Woche. Dieses Treffen markiert einen symbolträchtigen Moment: Es ist die erste persönliche Zusammenkunft zwischen Trump und Netanyahu seit Beginn des Gaza-Krieges.
Der israelische Premier wird bis Dienstag in Washington erwartet – laut Channel 12 könnte der Aufenthalt jedoch verlängert werden.
Geiseln und Gaza: Diplomatie auf Zeit
Im Mittelpunkt steht die dramatische Lage der 59 Geiseln, die laut israelischen Quellen noch immer von der Hamas im Gazastreifen festgehalten werden – vermutlich alle in Tunneln unter der Erde. Nur 24 von ihnen gelten derzeit als lebend. Die israelische Regierung hofft auf Fortschritte bei einer Teilfreilassung im Gegenzug für eine befristete Feuerpause – ein Kompromiss, den Hamas bislang ablehnt.
Das bisherige Abkommen, das eine vollständige Rückkehr aller Geiseln gegen ein Kriegsende vorsah, war gescheitert. Die Verhandlungen werden nun vom US-Sondergesandten Steve Witkoff koordiniert, auf israelischer Seite führt Strategieminister Ron Dermer die Gespräche. Netanyahu hatte im Februar den Geheimdienstchef des Mossad, David Barnea, und den Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ronen Bar, von dieser Aufgabe entbunden – letzterem droht aktuell sogar die Absetzung.
Netanyahu will Trump dazu bewegen, den Druck auf die Vermittler Katar und Ägypten zu erhöhen. Ziel ist ein begrenztes Abkommen ohne vollständiges Kriegsende. Eine Forderung, die mit Trumps politischer Linie kompatibel scheint: Laut Berichten aus dem Umfeld des Weißen Hauses wird der US-Präsident Netanyahu keinen Druck machen, den Krieg zu beenden.
Zollschock: Israels Wirtschaft in der Klemme
Neben Gaza steht eine wirtschaftspolitische Bombe auf der Tagesordnung: Trumps neue Zollpolitik, unter der israelische Produkte künftig mit einem pauschalen Einfuhrzoll von 17 Prozent belegt werden sollen. Für Israel – das enge Handelsbeziehungen zu den USA unterhält – ein herber Schlag. Laut Berechnungen des israelischen Industrieverbandes könnten Exporteinbußen von bis zu 2,3 Milliarden US-Dollar drohen, bis zu 26.000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel.
Besonders betroffen wären High-Tech-Produkte, Chemikalien, Metallerzeugnisse, medizinische Geräte und Elektronikkomponenten. Sollten die Strafzölle auch auf die Pharma- und Chipbranche ausgeweitet werden, könnte der Schaden sogar auf 3 Milliarden Dollar anwachsen – ein Albtraum für die exportorientierte israelische Industrie.
Furcht vor Verhaftung: Flugmanöver aus Angst vor Den Haag
Netanyahus Reise verlief auch unter außergewöhnlichen Sicherheitsvorkehrungen. Der israelische Regierungsjet, die „Wing of Zion“, umflog auf dem Weg von Budapest nach Washington weite Teile Europas. Der Grund: die Sorge, dass Länder wie Irland, Island oder die Niederlande im Fall einer Notlandung den internationalen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanyahu vollstrecken könnten. Der ICC hatte wegen angeblicher Kriegsverbrechen in Gaza ein Verfahren eingeleitet.
So wich das Flugzeug über Kroatien, Italien und Frankreich aus – ein Umweg von fast 400 Kilometern. Es war nicht das erste Mal: Bereits im Februar hatte Netanyahu auf einer USA-Reise eine Flugroute gewählt, die im medizinischen Notfall nur Landungen auf US-Stützpunkten zugelassen hätte.
Zusammentreffen mit Trump: Bühne für starke Bilder
Am Montag findet um 13 Uhr Ortszeit (20 Uhr israelischer Zeit) das mit Spannung erwartete Treffen mit Donald Trump im Weißen Haus statt. Geplant ist ein gemeinsames Statement im Oval Office, gefolgt von einer größeren Arbeitsrunde, an der unter anderem Steve Witkoff und Ron Dermer teilnehmen.
Danach wird es eine gemeinsame Pressekonferenz im Ostflügel geben – ein symbolisches Zeichen der engen Partnerschaft trotz wachsender internationaler Kritik an Israels Kriegskurs.
Die Tage in Washington sind für Netanyahu mehr als ein diplomatischer Pflichttermin – sie sind ein Balanceakt auf mehreren Ebenen. Innenpolitisch steht er wegen der stockenden Geiselverhandlungen und der wirtschaftlichen Folgen des Krieges unter massivem Druck. Außenpolitisch droht ihm die Isolation durch den Internationalen Strafgerichtshof und die zunehmende Entfremdung von Teilen der internationalen Gemeinschaft. Und wirtschaftlich hängt der Erfolg des Besuchs am seidenen Faden der Zollverhandlungen mit einem Präsidenten, der in erster Linie für amerikanische Arbeitsplätze kämpft – notfalls auf Kosten der engsten Partner.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: GPO
Montag, 07 April 2025