Schutzversprechen an die Drusen: Israel warnt Syriens Regierung nach Gewalt in Sweida

Schutzversprechen an die Drusen: Israel warnt Syriens Regierung nach Gewalt in Sweida


Blutige Kämpfe, israelischer Luftschlag, Waffenstillstand – warum der neue syrische Machthaber die Drusen braucht, aber Israel nicht provozieren darf

Schutzversprechen an die Drusen: Israel warnt Syriens Regierung nach Gewalt in Sweida

Nach zwei Tagen schwerer Kämpfe zwischen drusischen Milizen, Beduinen und syrischen Regierungstruppen in der südsyrischen Provinzhauptstadt Sweida hat das syrische Verteidigungsministerium einen Waffenstillstand verkündet. Vorausgegangen waren dramatische Entwicklungen: eine beispiellose militärische Eskalation in einer bislang vom Bürgerkrieg weitgehend verschonten Region – und ein gezielter israelischer Luftangriff nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt.

Die drusische Minderheit in Syrien, deren Hochburg Sweida ist, befindet sich damit erneut zwischen den Fronten – und diesmal könnte die Region zum geopolitischen Kipppunkt werden.

Waffenstillstand nach Blutvergießen – doch die Gefahr ist nicht gebannt

Über 89 Tote, darunter Frauen, Kinder, Beduinen und Angehörige syrischer Sicherheitskräfte. Die Bilanz der jüngsten Gefechte ist erschütternd. Was mit Spannungen zwischen drusischen Milizen und beduinischen Kämpfern begann, eskalierte binnen Stunden zu offenen Gefechten mitten in der Stadt. Am Montagmorgen rückten syrische Panzer Richtung Sweida vor. Am Dienstag griff das israelische Militär ein. Ziel des Angriffs: laut einem israelischen Militärsprecher die Blockade eines Panzer-Vormarschs in eine Zone, die Israel für syrische Truppen als Sperrgebiet betrachtet.

Eine ungewöhnliche Aktion – aber offenbar notwendig, um eine klare rote Linie zu markieren. Denn für Israel ist klar: Die Drusen in Syrien sind mehr als eine religiöse Minderheit. Sie sind Brüder und Schwestern, teils mit Verwandten in Israel selbst, sie gelten als loyal, pro-westlich – und als potenziell Schutzbedürftige.

Israel reagiert – nicht aus Kalkül, sondern aus Verantwortung

Verteidigungsminister Israel Katz fand am Montagabend deutliche Worte: „Wir werden keine Gewalt gegen Drusen in Syrien dulden. Israel wird nicht tatenlos zusehen.“ In einer Lagebesprechung, an der neben Premierminister Netanyahu auch IDF-Chef Eyal Zamir teilnahm, wurde über die Sicherheitslage beraten – und ein klares Signal beschlossen. Der Schlag gegen syrische Militärbewegungen ist damit auch eine Botschaft an das neue islamistische Regime in Damaskus: Die Grenze zu Israel ist keine Einbahnstraße. Wer gegen Drusen vorgeht, riskiert israelische Reaktionen.

Dass Syriens neue Regierung – seit Dezember durch einen islamistischen Machtwechsel geprägt – nun zum ersten Mal eigene Truppen in Sweida stationiert, ist politisch wie strategisch brisant. Seit Jahren hatte sich das Assad-Regime dort zurückgehalten, lokale Milizen geduldet, die Region teils sich selbst überlassen. Jetzt, unter dem neuen Kurs, soll Kontrolle durchgesetzt werden. Doch die Rechnung geht nicht auf. Der Widerstand der Drusen ist größer als erwartet – und Israels Präsenz in der Nähe lässt jede militärische Bewegung zur internationalen Provokation werden.

Ein erzwungener Kompromiss – und eine fragile Ruhe

Am Dienstagvormittag dann die Kehrtwende: Der syrische Verteidigungsminister verkündet einen Waffenstillstand, nachdem sich lokale Drusenführer bereiterklärt hatten, mit Damaskus zu kooperieren. Waffen sollen abgegeben werden, der Konflikt „deeskaliert“ – doch was bedeutet das wirklich? Die Realität ist: Der Druck, sowohl durch die gewaltsamen Ausschreitungen als auch durch Israels Eingreifen, hat das Regime zum Innehalten gezwungen. Ein echter Friede ist das nicht – sondern eine Pause, aus taktischem Kalkül.

Im Hintergrund sind es die religiösen Autoritäten der Drusen, die sich um Vermittlung bemühen. Sie rufen zur Beruhigung auf, zur Kooperation mit der Regierung – wohl auch, um Schlimmeres zu verhindern. Denn Sweida steht nicht nur für drusische Identität, sondern auch für ein regionales Pulverfass, das jederzeit wieder explodieren kann.

Warum die Drusen Israels Aufmerksamkeit verdienen

Die israelische Sorge um die Drusen ist keine politische Geste – sie hat tiefe Wurzeln. In Israel selbst dienen tausende Drusen loyal in der Armee, viele als Offiziere, manche sogar in Eliteeinheiten. Die Verbundenheit ist real, nicht nur symbolisch. Eine ethnische oder religiöse Säuberung in Syrien, ausgerechnet gegen die Drusen, würde in Israel nicht stillschweigend hingenommen – und genau das weiß auch das syrische Regime.

Die aktuelle Entwicklung zeigt damit mehr als nur ein lokales Gefecht: Sie offenbart die brüchige Lage im neuen Syrien unter islamistischer Führung, die Abhängigkeit von russischem Wohlwollen, und die wachsende Bereitschaft Israels, über bloße Diplomatie hinauszugehen, wenn Schutzverantwortung konkret wird.

Sweida könnte damit ein Testfall für die nächsten Monate werden – und für die Frage, wie viel Einfluss Israel auf die humanitären und ethnischen Entwicklungen jenseits seiner Grenzen noch hat.


Autor: Redaktion
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Dienstag, 15 Juli 2025

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