Wenn Journalismus zur Bühne für Aktivismus wirdWenn Journalismus zur Bühne für Aktivismus wird
Israels Botschafter Ron Prosor rechnet mit ARD-Korrespondentin ab – wegen eines Instagram-Posts, der tiefer blicken lässt als manche Sendeminute.
Ron Prosor, Israels Botschafter in Deutschland, hat deutliche Worte gefunden – und sie galten nicht der Hamas, nicht der EU oder dem Iran, sondern einer deutschen Journalistin: Sophie von der Tann, ARD-Korrespondentin in Tel Aviv. Auslöser ist ein Instagram-Beitrag, in dem von der Tann einen Artikel des umstrittenen Holocaustforschers Omer Bartov aus der New York Times teilte. Der Titel des Beitrags: „Never Again“. Der Inhalt: Eine Anklage gegen Israel, das angeblich einen Genozid in Gaza begehe.
Es ist ein Vorwurf, der weltweit die antisemitischen Linien verschiebt. Und es ist ein Zitat, das den Holocaust nicht einfach instrumentalisiert, sondern relativiert. Genau das kritisiert Prosor in einer Stellungnahme auf X (ehemals Twitter): „Die Worte erinnern an die Schoa. Sie im Kontext von Gaza zu zitieren, bedeutet, die Geschichte zu verdrehen und zu relativieren.“ Der israelische Diplomat spricht von einem „perfiden“ Vergleich, der nicht nur geschichtsvergessen sei, sondern auch die Verantwortung öffentlich-rechtlicher Medien in Deutschland mit Füßen trete.
Eine Grenze ist überschritten
Die Reaktion Prosors ist nicht bloß ein diplomatischer Reflex – sie ist ein dringender Appell an die Rolle des Journalismus. Denn während Israel nach dem 7. Oktober unter der ständigen Bedrohung islamistischen Terrors steht, wird es in Teilen der deutschen Öffentlichkeit zunehmend zum Täter umgedeutet. Wer einen Genozidvorwurf teilt, übernimmt Verantwortung. Wer dies als Journalistin mit offiziellem ARD-Mandat tut, überschreitet eine Grenze, die mit der journalistischen Berufsethik nicht mehr zu vereinbaren ist.
„Noch nie war es so einfach, vom Journalismus zum Aktivismus zu wechseln!“, schreibt Prosor und empfiehlt von der Tann sarkastisch einen beruflichen Kurswechsel. Ihre Tätigkeit sei „ein echtes Empfehlungsschreiben für Anti-Israel-NGOs“, so der Botschafter. In der deutschen Medienlandschaft, in der die ARD über Rundfunkbeiträge finanziert wird, sind Objektivität und Unparteilichkeit keine Fußnoten, sondern vertraglich festgelegte Prinzipien. Wer sie verletzt, beschädigt das Vertrauen in eine ohnehin unter Druck stehende Berichterstattung.
Keine einmalige Entgleisung
Der Vorfall reiht sich ein in eine längere Serie von Kritikpunkten, die Prosor bereits in der Vergangenheit an von der Tanns Arbeit geäußert hatte. Ihre Berichterstattung über den Hamas-Terrorangriff vom 7. Oktober und den laufenden Krieg in Gaza fiel wiederholt durch Schlagseiten und Auslassungen auf. In einer Zeit, in der das öffentliche Narrativ über Israel zunehmend kippt, sind solche Fehltritte nicht mehr nur individuelle Meinungen – sie werden zum Teil eines Systems, das Wahrheiten verzerrt und Täter-Opfer-Verhältnisse verwischt.
Besonders perfide ist dabei der Rückgriff auf den Begriff „Genozid“. Dass dieser ausgerechnet von Omer Bartov kommt, einem israelischstämmigen Historiker mit Fokus auf den Holocaust, ist für manche ein Alibi, für andere ein schwerer Missbrauch moralischer Autorität. Bartov hatte Israel zuletzt als „Apartheidregime“ bezeichnet – ein Echo linker Boykott- und Delegitimierungskampagnen, wie sie etwa die BDS-Bewegung betreibt.
Verantwortung statt Verharmlosung
In der Debatte geht es nicht nur um journalistische Standards. Es geht um die Frage, wie weit der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk bereit ist, antisemitisch konnotierte Narrative zu normalisieren – und damit auch die Grenzen des Sagbaren zu verschieben. Wenn Begriffe wie „Genozid“ inflationär gegen Israel verwendet werden, dann ist das keine neutrale Meinungsäußerung, sondern ein Schlag ins Gesicht der Überlebenden der Schoa – und aller, die seit dem 7. Oktober unter der Geiselhaft islamistischen Terrors leiden.
Prosors Kritik ist deshalb mehr als berechtigt – sie ist überfällig. Und sie sollte nicht bei einem Instagram-Post enden. Der Zentralrat der Juden in Deutschland, Medienethiker, und letztlich auch die ARD selbst müssen sich fragen, wie viel ideologische Ambiguität sie im eigenen Haus dulden wollen. Wer sich hinter vermeintlicher Ausgewogenheit versteckt, wenn Antisemitismus salonfähig wird, hat seinen Auftrag längst verloren.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Superbass - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=153151338
Sonntag, 20 Juli 2025