Hisbollah droht mit Bürgerkrieg – Qassem stellt Libanon unter Kriegsrecht der AngstHisbollah droht mit Bürgerkrieg – Qassem stellt Libanon unter Kriegsrecht der Angst
Die libanesische Regierung wagt erstmals den historischen Schritt zur Entwaffnung der Hisbollah. Die Antwort der Terrororganisation: eine unverhohlene Drohung mit innerem Krieg. Was als politische Reform begann, könnte das Land in den Abgrund stürzen.
Es ist eine Entscheidung, die den Libanon verändern könnte – oder zerstören: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat die libanesische Regierung einstimmig beschlossen, die Entwaffnung der Hisbollah einzuleiten. Dieser Schritt zielt auf die Organisation, die längst mehr ist als nur eine Miliz: Sie ist Staat im Staat, Richter und Henker, und sie entscheidet, wie weit der Libanon politisch oder wirtschaftlich gehen darf.
Kaum war die Entscheidung gefallen, trat Naim Qassem, der stellvertretende Generalsekretär der Hisbollah, vor die Öffentlichkeit – und sprach nicht wie ein Politiker, sondern wie ein Warlord. „Solange die israelische Besatzung und Angriffe des Militärs andauern, werden wir unsere Waffen nicht abgeben. Die libanesische Regierung trägt die Verantwortung, wenn das Land innerlich zusammenbricht. Es wird kein Leben bleiben, sollte die Regierung versuchen, sich mit uns anzulegen.“ Das ist keine Metapher. Es ist die unverblümte Ankündigung eines Bürgerkriegs – ein Ultimatum an eine ganze Nation.
Qassem ließ keinen Zweifel daran, dass die Hisbollah ihre Macht nicht freiwillig abgeben wird. Er sprach offen davon, bisher zurückgehaltene Straßenproteste eskalieren zu lassen – bis hin vor die US-Botschaft in Beirut. Das ist eine Drohung, die weit über Anti-Israel-Rhetorik hinausgeht. Sie zielt auf das Herz der libanesischen Politik und sendet eine klare Botschaft: Wer die Waffen der Hisbollah antastet, tastet die Sicherheit des Landes an – und öffnet die Tür zu Chaos und Gewalt.
Die Entscheidung des Kabinetts fiel trotz aller Risiken. Wochenlang hatten Minister des schiitischen Blocks von Hisbollah und Amal die Regierungssitzungen boykottiert. Präsident Joseph Aoun und Premierminister Najib Mikati lavierten zwischen Reformdruck und Angst vor einer Eskalation. Mikati schob den Zeitplan für die Umsetzung hinaus, versuchte, den US-amerikanischen Vermittlungsplan von Tom Barak als Puffer zu nutzen. Doch die Drohung Qassems zeigt: Jeder Aufschub spielt der Hisbollah in die Karten.
Hinter der aktuellen Krise steckt ein altes Muster: Die Hisbollah hält den Libanon in einer politisch-militärischen Geiselhaft. Sie rechtfertigt ihre Waffen mit dem Kampf gegen Israel – und verhindert zugleich jede Annäherung, die den Libanon in eine ähnliche Lage wie Jordanien oder Ägypten bringen könnte: friedliche Koexistenz, wirtschaftliche Kooperation, internationale Investitionen. Solange die Waffen schweigen, könnten Häfen modernisiert, Energieprojekte realisiert und Handel aufgebaut werden. Stattdessen bestimmen Drohungen und Blockaden den Alltag.
Besonders brisant: Die libanesische Armee arbeitet mittlerweile – leise, aber faktisch – mit Israel und den USA zusammen, um den Süden des Landes stabil zu halten. Verteidigungsminister Michel Mansi sprach öffentlich von der „notwendigen Koordination“ mit dem historischen Gegner, um Schlimmeres zu verhindern. Diese Realität macht deutlich, dass nicht Israel die größte Gefahr für den libanesischen Frieden ist, sondern die bewaffnete Parallelstruktur innerhalb des eigenen Landes.
Die Hisbollah präsentiert sich als Schutzschild gegen äußere Feinde – in Wahrheit ist sie der größte innere Feind der Stabilität. Qassems Worte sind nicht nur eine Reaktion auf politische Entscheidungen, sondern die Manifestation einer Macht, die über Parlament und Regierung steht. Solange diese Macht unangetastet bleibt, wird jede Reform, jeder Wiederaufbauversuch, jede Annäherung an regionale Kooperationen im Keim erstickt.
Der Libanon steht damit vor einer klaren Wahl: Entweder er beugt sich dem Kriegsrecht der Angst, oder er bricht die Waffenmacht der Hisbollah – und riskiert dabei den von ihr angekündigten Bürgerkrieg. Es ist eine Entscheidung zwischen einer unsicheren Zukunft und einer garantierten Fortsetzung des Stillstands. Aber wer immer nur den Drohungen nachgibt, verlernt, überhaupt noch frei zu entscheiden.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154816128
Freitag, 15 August 2025