„Verschiedene Positionen“? – Wie die Tagesschau Antisemitismus sprachlich entschärft

„Verschiedene Positionen“? – Wie die Tagesschau Antisemitismus sprachlich entschärft


Wenn Juden in Frankfurt als „Mörder“ beschimpft und mit Farbe attackiert werden, nennt die Tagesschau das „verschiedene Positionen im Nahostkonflikt“. Diese Wortwahl ist nicht harmlos – sie verdeckt Gewalt gegen Juden und verschiebt die Realität.

„Verschiedene Positionen“? – Wie die Tagesschau Antisemitismus sprachlich entschärft

Was sich am Wochenende in Frankfurt abspielte, war keine abstrakte Debatte über Nahost, sondern ein Angriff mitten in Deutschland. Mitglieder der Jüdischen Gemeinde hielten Plakate hoch, die an israelische und deutsch-israelische Geiseln erinnerten. Eine schlichte, schmerzvolle Geste der Solidarität mit Menschen, die seit Monaten in den Tunneln der Hamas gefangen sind. Doch anstatt Respekt oder wenigstens stilles Vorübergehen schlug ihnen blanker Hass entgegen. Linke Aktivisten beschimpften die Juden als „Mörder“, übergossen sie mit Farbe und machten damit deutlich: Wer als Jude sichtbar ist, wird zur Zielscheibe.

Die Tagesschau allerdings rahmte diesen Angriff in eine scheinbar neutrale Formel: „verschiedene Positionen im Nahostkonflikt“. Diese Sprachregelung ist mehr als unglücklich. Sie ist eine Verdrehung. Denn sie stellt Täter und Opfer auf eine Ebene, als handle es sich um unterschiedliche Meinungen in einer politischen Diskussion. Aber es ging nicht um Meinungen, es ging um Angriffe. Es ging um Antisemitismus.

Sprache entscheidet darüber, wie wir Wirklichkeit wahrnehmen. Wenn Medien statt von antisemitischen Attacken von „Konfliktpositionen“ sprechen, dann verharmlosen sie Gewalt, dann machen sie das Unsagbare sagbar. Jüdisches Leben in Deutschland steht ohnehin unter massivem Druck – sei es durch islamistischen Terror, durch linke Israelhasser oder durch rechten Judenhass. Wer Angriffe als „Positionsstreit“ beschreibt, verschiebt die gesellschaftliche Wahrnehmung: Aus Angriffen werden Debatten, aus Opfern werden Akteure in einem vermeintlichen Schlagabtausch.

Diese Entschärfung ist kein Zufall. Sie passt in ein Muster: Über Antisemitismus in Deutschland wird oft nur in Nebensätzen gesprochen, während die Hauptgeschichte der „Nahostkonflikt“ ist. Doch wer so berichtet, blendet die entscheidende Dimension aus: dass Juden in Deutschland nicht angegriffen werden, weil sie Israelis wären oder weil sie ein „Statement“ zum Nahostkonflikt abgeben – sondern weil sie Juden sind.

Die Verantwortung von Medien besteht darin, die Dinge beim Namen zu nennen. Wer Menschen angreift, die Geiseln in Gaza nicht vergessen wollen, handelt antisemitisch. Wer sie „Mörder“ nennt, übernimmt die Propaganda von Terrororganisationen und gießt sie in deutsche Straßenparolen. Und wer dies mit der Floskel „verschiedene Positionen“ abmildert, trägt zur Normalisierung dieses Hasses bei.

Es ist Zeit, die Maske der „Neutralität“ zu zerreißen. Wenn Antisemitismus in Deutschland verharmlost wird, entsteht eine gefährliche Schieflage: Täter fühlen sich legitimiert, Opfer fühlen sich im Stich gelassen. Die Tagesschau hat hier nicht nur falsch berichtet – sie hat durch ihre Wortwahl eine Grenze verschoben, die niemals verschoben werden darf.

Wer Juden angreift, greift Deutschland an. Und wer das verschweigt, macht sich mitschuldig.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Thorsten Samesch - Kristina zur Mühlen, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=94874489


Montag, 25 August 2025

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