Schändung von Stolpersteinen in Weimar: Polizei nimmt Verdächtigen festSchändung von Stolpersteinen in Weimar: Polizei nimmt Verdächtigen fest
33 Stolpersteine wurden in Weimar seit Jahresbeginn beschmiert oder zerstört. Nun fasste die Polizei einen Verdächtigen auf frischer Tat – ein Angriff auf das Gedenken, der in einer Stadt wie Weimar eine besonders bittere Symbolik hat.
In der Nacht zu Dienstag griff die Polizei in Weimar zu: Beamte stellten einen 51-jährigen Mann, als er gerade Plakate der Achava-Festspiele beschmierte. Die Ermittler gehen davon aus, dass er auch für eine Serie von Angriffen auf Stolpersteine verantwortlich ist. Seit Jahresbeginn waren 33 dieser Messingtafeln, die vor Häusern an die Opfer der Schoah erinnern, beschmiert oder zerstört worden. Bei dem Verdächtigen, einem Bürger der Stadt, wurden Beweise sichergestellt. Nach bisherigen Erkenntnissen handelte er allein, er ist nicht polizeibekannt. Dennoch wird wegen politisch motivierter Sachbeschädigung ermittelt.
Angriff auf Erinnerungskultur
Stolpersteine sind keine bloßen Metallplatten im Gehweg. Sie bringen die Namen der Ermordeten zurück an die Orte, wo sie lebten, und holen das Verbrechen des Nationalsozialismus in die Mitte der Gesellschaft. Wer sie schändet, attackiert nicht nur ein Denkmal, sondern die Erinnerung an Millionen von Opfern. In einer Stadt wie Weimar ist das von besonderem Gewicht: Nur wenige Kilometer entfernt liegt das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald, in dem Zehntausende Juden, Sinti und Roma, politische Gegner und andere Häftlinge ermordet wurden.
Dass ausgerechnet hier, in unmittelbarer Nähe zu einem der bekanntesten Orte nationalsozialistischer Barbarei, Stolpersteine mutwillig zerstört werden, ist mehr als ein lokaler Vorfall. Es ist ein Schlag gegen die Erinnerungskultur, die nach 1945 mühsam aufgebaut wurde, und eine Mahnung, dass die Lehren aus der Geschichte nicht selbstverständlich weiterleben.
Weimar zwischen Gedenken und Angriff
Weimar ist nicht nur ein Ort deutscher Klassik und Kultur, sondern auch ein Knotenpunkt des Erinnerns an die dunkelsten Kapitel der Geschichte. Die Achava-Festspiele, deren Plakate der Verdächtige ebenfalls beschmierte, stehen für Dialog und jüdisches Leben in Thüringen. Dass hier nun ein mutmaßlicher Täter über Monate unbehelligt agieren konnte, zeigt, wie verwundbar offene Formen des Gedenkens sind.
Die Botschaft der Stolpersteine lautet: „Hier wohnte ein Mensch.“ Wer sie schändet, verweigert diesen Menschen ihr Andenken und setzt ein Zeichen der Verachtung. In Weimar, mit dem Schatten von Buchenwald stets vor Augen, wiegt dies besonders schwer – und ist ein Weckruf an Politik und Gesellschaft, Antisemitismus in jeder Form entschieden entgegenzutreten.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Ludwig, Silvio - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=41903840
Samstag, 20 September 2025