Flensburg und die Rückkehr der Hass-Schilder: Ermittlungen nach „Juden unerwünscht“-Plakat

Flensburg und die Rückkehr der Hass-Schilder: Ermittlungen nach „Juden unerwünscht“-Plakat


Ein Ladenbesitzer in Flensburg verbot mit einem Schild „Juden den Zutritt“. Die Justiz ermittelt, fünf Strafanzeigen liegen vor. Politiker sprechen von einem „menetekel der Geschichte“ – und mahnen: Antisemitismus kehrt nicht über Nacht zurück, er wächst an den Rändern.

Flensburg und die Rückkehr der Hass-Schilder: Ermittlungen nach „Juden unerwünscht“-Plakat

Ein Stück Papier am Eingang eines kleinen Ladens in Flensburg – und plötzlich ist die Erinnerung an die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte wieder da. „Juden dürfen hier nicht eintreten“, stand dort. Darunter der groteske Zusatz: „Nichts Persönliches, kein Antisemitismus.“ Worte, die alles verraten: Der Hass wird verharmlost, während er unübersehbar in die Öffentlichkeit getragen wird.

Der 60-jährige Ladenbesitzer zeigte keinerlei Reue. Er sprach von Wut über Israel und den Krieg in Gaza. Doch die Botschaft war eindeutig: Juden sollten draußen bleiben. Genau diese Botschaft stand schon in den 1930er Jahren an zahllosen Geschäften in Deutschland – damals oft mit den Worten „Juden werden hier nicht bedient“.

Ermittlungen und fünf Strafanzeigen

Die Polizei schritt sofort ein, das Schild wurde entfernt. Doch damit ist der Fall nicht erledigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung. Inzwischen liegen fünf Strafanzeigen vor – darunter eine offizielle Anzeige des Antisemitismusbeauftragten von Schleswig-Holstein, Gerhard Ulrich.

„Ein solches Schild ist nicht nur geschmacklos, es ist eine klare Grenzüberschreitung“, erklärte Ulrich. „Es erinnert tödlich an die Parolen der Nationalsozialisten. Antisemitismus ist kein Meinungsspiel, er ist ein Angriff auf unsere Demokratie.“

Auch die schleswig-holsteinische Kulturministerin Dorit Stenke sprach von einem „unübersehbaren Alarmsignal“.

Ein Echo der NS-Parolen

Die Assoziation liegt auf der Hand: „Deutsche, wehrt euch! Kauft nicht bei Juden“ – die Parole, die vor 90 Jahren in großen Lettern in Schaufenstern und auf Plakaten prangte. Damals bereitete sie den Boden für Entrechtung, Pogrome und Vernichtung. Heute taucht sie wieder auf – in einer neu verpackten, aber nicht weniger giftigen Form.

Dass im Jahr 2025 erneut Schilder mit solchen Botschaften auftauchen, zeigt, wie fragil die zivilisatorischen Errungenschaften sind. Antisemitismus hat nie aufgehört, in den Ritzen der Gesellschaft zu gären. Er braucht nur Anlässe, um sichtbar zu werden – sei es durch Israelhass, Verschwörungserzählungen oder schlichte Menschenfeindlichkeit.

Nun entscheidet sich, wie konsequent Staat und Gesellschaft reagieren. Strafverfahren sind ein notwendiger erster Schritt. Aber wichtiger ist, ob das Land erkennt: Solche Schilder sind keine „Einzelfälle“, sondern Ausdruck einer breiteren Welle des Antisemitismus, die Deutschland seit dem 7. Oktober 2023 wieder stärker erschüttert.

Wer heute „Juden unerwünscht“ an die Tür hängt, knüpft bewusst oder unbewusst an die schlimmsten Kapitel deutscher Geschichte an. Wegschauen wäre ein zweites Vergehen. Denn Antisemitismus beginnt mit Worten im Schaufenster – und endet niemals harmlos.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Kjetil Ree - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52338354


Dienstag, 23 September 2025

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