Medizinischer Durchbruch in Nahariya: Hypnose ersetzt Narkose bei Hirnoperation

Medizinischer Durchbruch in Nahariya: Hypnose ersetzt Narkose bei Hirnoperation


Im Galiläa-Krankenhaus wagten Ärzte ein bisher in Israel einmaliges Verfahren: Ein Parkinson-Patient blieb bei einer Operation am offenen Gehirn völlig wach – beruhigt und schmerzfrei allein durch Hypnose.

Medizinischer Durchbruch in Nahariya: Hypnose ersetzt Narkose bei Hirnoperation

Als Ali Abu-Ria aus Sakhnin den OP-Saal des Galiläa Medical Center in Nahariya betrat, wusste er, dass ihn eine fünfstündige Operation erwartete. Sein Zittern, die steifen Muskeln, die ständige Unruhe – Parkinson hatte sein Leben längst bestimmt. Nun sollten Neurochirurgen Elektroden in sein Gehirn einsetzen, um die Symptome durch tiefe Hirnstimulation (Deep Brain Stimulation, DBS) zu lindern. Normalerweise erhalten Patienten eine Lokalanästhesie, manchmal auch eine leichte Sedierung. Doch Abu-Ria entschied sich für einen anderen Weg: Er vertraute dem Psychologen Dr. Udi Bonshtein, der ihn nicht mit Medikamenten, sondern mit Worten in einen Trancezustand versetzte.

Statt sterilem Licht und dem Dröhnen der Bohrer hörte Abu-Ria Meeresrauschen. Er stellte sich eine Reise nach Thailand vor – ein Traumziel, das er als ehemaliger Fremdenführer immer besuchen wollte. Während Ärzte seinen Schädel öffneten, war er in Gedanken unter Palmen, am Wasser, weit entfernt von Schmerz und Angst. „Ich erinnere mich an alles“, sagte er später. „Aber es war, als sei ich auf einer Reise. Heute fühle ich mich wie ein neuer Mensch – die Tremoranfälle sind verschwunden.“

Hypnose im OP: alte Technik, neue Anwendung

Hypnose ist keine Zauberei. Sie ist ein medizinisch anerkanntes Verfahren, bei dem der Fokus der Aufmerksamkeit so stark gebündelt wird, dass äußere Reize – Schmerz, Lärm, Angst – in den Hintergrund treten. Bonshtein, der seit fast dreißig Jahren Hypnose praktiziert und dafür eine staatliche Lizenz besitzt, beschreibt es so: „Ich bündelte seine Wahrnehmung auf meine Stimme. So konnte er ruhig bleiben, während die Chirurgen bohrten und Elektroden einsetzten.“

International gibt es wenige, aber beeindruckende Beispiele für solche Operationen. In Deutschland etwa wurde vor einigen Jahren eine Patientin mit Hypnose erfolgreich durch eine sechs Stunden lange DBS-Operation begleitet. Dass nun auch Israel diesen Schritt geht, zeigt: Psychologische Verfahren können der Hightech-Medizin neue Möglichkeiten eröffnen.

Viele Chirurgen bleiben skeptisch. Sie vertrauen der klassischen Anästhesie – kalkulierbar, erprobt, maschinell kontrollierbar. Hypnose wirkt dagegen unsichtbar, abhängig von Vertrauen, Stimme und inneren Bildern. „Die meisten Ärzte nutzen Hypnose nicht“, sagt Bonshtein. „Von etwa tausend Lizenzierten in Israel wenden sie nur wenige regelmäßig an.“ Im Alltag ist die Technik meist auf Psychotherapie oder Traumabewältigung beschränkt.

Das Galiläa-Krankenhaus geht nun bewusst neue Wege: Es hat eine Hypnose-Klinik gegründet, in der rund 20 Ärzte und Psychologen geschult werden. Die Idee: Hypnose soll nicht nur Angst nehmen, sondern auch Schmerzen lindern, die Genesung beschleunigen und sogar Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen helfen. Gerade in Israel, wo viele Menschen unter Kriegsfolgen leiden, könnte dies eine wertvolle Ergänzung zur klassischen Medizin sein.

Hypnose wirkt auf mehreren Ebenen: Sie beeinflusst das Schmerzempfinden, sie beruhigt das vegetative Nervensystem und sie stärkt die innere Kontrolle des Patienten. In einer Operation wie der in Nahariya entlastet sie nicht nur den Patienten, sondern auch die Ärzte. „Er war der ruhigste Patient, den ich je bei einer solchen Prozedur gesehen habe“, sagte der Neurochirurg Dr. Yuval Grober nach dem Eingriff. „Es erleichterte die Arbeit enorm.“

Doch der Nutzen geht weit über den OP hinaus. Hypnose wird auch in der Behandlung von Traumata, chronischen Schmerzen oder Angststörungen erfolgreich eingesetzt. Bonshtein selbst fordert seit Jahren, sie stärker in das israelische Gesundheitssystem zu integrieren – nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung.

Was in Nahariya geschehen ist, markiert nicht nur eine Premiere, sondern eine Zäsur. Die Operation beweist, dass Hypnose im OP funktioniert – auch bei hochkomplexen Eingriffen am Gehirn. Für Israel bedeutet das: ein neuer Zugang zu patientenzentrierter Medizin, die Körper und Psyche gleichermaßen einbezieht.

Für Abu-Ria aber bedeutet es etwas Einfacheres: Er lebt ohne Zittern. „Ich hätte nie gedacht, dass eine Reise im Kopf so viel verändern kann“, sagt er. Seine Geschichte zeigt, dass Fortschritt nicht nur aus neuen Maschinen und Medikamenten besteht – sondern manchmal aus Vertrauen, Stimme und Bildern, die stärker sind als Angst.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Dr. Avishai Teicher Pikiwiki Israel, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26045359


Donnerstag, 25 September 2025

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