Israel plant Teil-Privatisierung der Eisenbahn – Smotrich will Reform gegen Stillstand im Verkehrssystem

Israel plant Teil-Privatisierung der Eisenbahn – Smotrich will Reform gegen Stillstand im Verkehrssystem


Israels Finanzminister Bezalel Smotrich treibt eine tiefgreifende Strukturreform bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft voran. Nach zahlreichen Pannen und Verspätungen sollen künftig private Betreiber Teile des Zugverkehrs übernehmen, während die Israel Railways sich auf den Infrastrukturbereich konzentriert. Kritiker warnen vor Risiken – Befürworter sehen darin den einzigen Weg, das System zu modernisieren.

Israel plant Teil-Privatisierung der Eisenbahn – Smotrich will Reform gegen Stillstand im Verkehrssystem

Nach einer Reihe technischer Störungen, Ausfällen und massiver Verspätungen bei der staatlichen Eisenbahn hat Finanzminister Bezalel Smotrich eine Regierungsentscheidung vorbereitet, die den Betrieb der Züge in Zukunft in private Hände legen soll. Eine entsprechende Vorlage, die dem Sender N12 vorliegt, sieht vor, dass die staatliche Bahngesellschaft nur noch für Bau, Ausbau und Wartung der Infrastruktur zuständig bleibt.

Die Linien selbst sollen an private Konzessionäre vergeben werden – ähnlich wie bei Buslinien oder der Jerusalemer Stadtbahn. Smotrich will den Plan im Rahmen des Haushalts 2026 zur Abstimmung bringen.

In der Begründung heißt es, die israelische Bahn leide unter „struktureller Überlastung und mangelnder Managementkapazität“. Das Unternehmen könne nicht gleichzeitig milliardenschwere Infrastrukturprojekte realisieren und ein zuverlässiges Streckennetz betreiben. „Egal, wer künftig Generaldirektor ist – beides zugleich ist unmöglich“, heißt es im Entwurf.

Gründe: schlechte Leistung, sinkende Nutzung

Laut den Daten des Finanzministeriums liegt die Nutzung der Bahn pro Kopf um 425 Prozent unter dem EU-Durchschnitt. Zudem sei die Zahl der Fahrgäste 2024 im Vergleich zu 2019 um sechs Prozent gesunken – trotz Bevölkerungswachstum und neuer Strecken wie der Verbindung Jerusalem–Tel Aviv.

Auch die zahlreichen Störungen, Ausfälle und längeren Stillstände – zuletzt die einwöchige landesweite Lähmung im Sommer – hätten das Vertrauen der Öffentlichkeit massiv beschädigt. „Man braucht keine Statistiken“, heißt es in dem Bericht, „ein Blick auf die täglichen Mitteilungen der Israel Railways über Verspätungen und Ausfälle genügt, um zu erkennen, dass das System nicht funktioniert.“

Zwei Säulen der Reform

Smotrichs Konzept sieht eine Teilung der Aufgaben vor:

  1. Infrastruktur und Wartung verbleiben bei der staatlichen Eisenbahn. Sie soll weiterhin Großprojekte wie die Oststrecke oder den Ausbau der Küstenlinie verantworten.

  2. Betrieb und Service werden ausgeschrieben und an private Betreiber vergeben. Diese sollen nach festen Leistungs- und Qualitätsvorgaben agieren, ähnlich den privaten Busgesellschaften.

Laut Smotrichs Büro werde „die enorme staatliche Investition endlich beim Bürger ankommen“. Der Schritt solle Effizienz steigern, die Kapazität erhöhen und den Stillstand im öffentlichen Verkehr durchbrechen.

Internationale Erfahrungen – zwischen Fortschritt und Scheitern

Das Finanzministerium verweist darauf, dass Israel neben Japan, Chile und Irland zu den letzten Ländern gehört, in denen Bahn-Infrastruktur und -Betrieb noch vollständig in einer Hand liegen. In den meisten Industriestaaten habe man diese Bereiche getrennt – teils erfolgreich, teils mit gravierenden Problemen.

Das britische Beispiel gilt als Warnung: In den 1990er-Jahren privatisierte Großbritannien das gesamte Bahnsystem. Nach mehreren tödlichen Unfällen und der Pleite des Infrastrukturbetreibers Railtrack musste die Regierung die Kontrolle wieder übernehmen. Seither sind die Ticketpreise dort um 24 Prozent über die Inflationsrate gestiegen, während mehrere private Betreiber Konkurs anmeldeten.

Israels Regierung will deshalb einen Mittelweg gehen – keine vollständige Privatisierung, aber eine klare Trennung zwischen Netz und Service.

Zwischen Reform und Risiko

Befürworter sehen in Smotrichs Vorhaben die Chance, den öffentlichen Verkehr zu entlasten und effizienter zu machen. Gegner befürchten, dass die Reform über das Haushaltsgesetz und ohne breite öffentliche Debatte durchgesetzt wird – und warnen vor den sozialen Folgen, falls sich die Ticketpreise nach oben entwickeln.

Für Smotrich ist der Schritt jedoch Teil eines größeren wirtschaftspolitischen Programms: Die Öffnung zentraler Staatssektoren für private Anbieter soll Wachstum, Wettbewerb und Innovation fördern – auch im Transportwesen.

Ob die Regierung dem Plan zustimmt, könnte sich bereits im kommenden Frühjahr entscheiden.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von / שבתשתיות - תיעוד פרויקטים בתחבורה, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=112691391


Donnerstag, 06 November 2025

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