Linke jüdische Studierende besetzen TU Berlin – Protest gegen Antisemitismus im eigenen AStA

Linke jüdische Studierende besetzen TU Berlin – Protest gegen Antisemitismus im eigenen AStA


Erstmals in der Geschichte der TU Berlin haben Studierende Räume ihres AStA besetzt – aus Protest gegen antisemitische Haltungen und die Verherrlichung von Terror auf dem Campus. Die Aktion richtet sich gegen neugewählte AStA-Mitglieder, denen Nähe zur Hamas und offene Israel-Feindlichkeit vorgeworfen wird.

Linke jüdische Studierende besetzen TU Berlin – Protest gegen Antisemitismus im eigenen AStA

An der Technischen Universität Berlin ist am Montagvormittag eine ungewöhnliche Protestbewegung entstanden: Unter dem Motto „Besetzung gegen Antisemitismus“ haben Studierende Räume des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) besetzt. Es handelt sich um eine gewaltfreie, selbstorganisierte Aktion, die auf antisemitische Strukturen innerhalb der Hochschulgremien aufmerksam machen soll – und auf eine Atmosphäre, die jüdische und israelische Studierende zunehmend ausgrenzt.

Auslöser war die Neuwahl des AStA Ende Oktober. Nach Angaben der Besetzer wurden dabei Personen in den Ausschuss gewählt, die in der Vergangenheit offen Sympathie für die Terrororganisation Hamas gezeigt oder die Gewalt des 7. Oktober relativiert hatten. In einer Mitteilung der Gruppe heißt es, einige der neuen AStA-Mitglieder seien durch „Terrorglorifizierung und gewaltsame Aktionen“ auf dem Campus aufgefallen.

„Wir sind linke, jüdische und antisemitismuskritische Studierende der TU Berlin“, schreiben die Aktivisten in ihrer Erklärung. Sie verstehen ihre Besetzung ausdrücklich nicht als parteipolitisches Statement, sondern als Schutzraum. Ziel sei es, so die Gruppe, „einen solidarischen Ort zu schaffen, in dem sich Studierende, die sich von der Hochschule im Stich gelassen fühlen, sicher fühlen können – besonders jüdische und israelische Studierende.“

Kritik an einem Klima des Schweigens

Die Gruppe beschreibt das Studierendenparlament, das Ende Oktober tagte, als „antidemokratisch und feindlich“. Jüdische Studierende, die dort ihre Sorgen über antisemitische Tendenzen äußerten, seien ausgelacht worden. Kritische Nachfragen seien abgeblockt, Diskussionen im Keim erstickt worden. „Das Klima war vergiftet“, so ein Sprecher der Besetzer.

Mit ihrer Aktion fordern die Studierenden klare Konsequenzen: keine antisemitischen Veranstaltungen mehr auf dem Campus, keine Unterstützung für Gruppen mit Hass- oder Boykottagenda gegen Israel und die Einrichtung regelmäßiger, verpflichtender Aufklärungsprogramme über Antisemitismus in all seinen Formen. Zudem verlangen sie, dass der Posten des Antisemitismusbeauftragten der TU Berlin „mit einer unabhängigen und fachkundigen Person“ neu besetzt wird.

Universität und Polizei halten sich zurück

Ein Foto auf dem Instagram-Account der Besetzer sorgte am Mittag für Verwirrung: Darauf waren Polizeikräfte im Gebäude zu sehen. Schnell kursierte das Gerücht, die Universitätsleitung habe die Polizei gerufen, um die Besetzung zu beenden. Doch sowohl die TU als auch die Polizei widersprachen.

Eine Sprecherin der Universität stellte klar, dass man weder den Einsatz veranlasst noch Beamte in die Räume gelassen habe. „Wir sind im Gespräch und beobachten die Situation“, hieß es. Die betroffenen Räume unterlägen dem Hausrecht des AStA selbst.

Laut Polizei hatte der Einsatz einen ganz anderen Hintergrund: Ermittlungen zu Sachbeschädigungen an Plakaten der Bundeswehr. Eine Gruppe namens Werkstatt für Antifaschistische Aktionen hatte sich auf dem Portal Indymedia dazu bekannt, Plakate des Bundeswehr-Dienstleisters BWI GmbH mit Totenköpfen und Warnhinweisen beklebt zu haben – ähnlich den Warnungen auf Zigarettenpackungen. Eine Streife sei deshalb an die TU geschickt worden, so ein Sprecher. Gegen die Besetzer selbst seien keine Maßnahmen ergriffen worden.

Zeichen gegen den stillen Antisemitismus

Die TU-Besetzung ist in mehrfacher Hinsicht ein Novum: Zum ersten Mal organisieren sich jüdische Studierende gemeinsam mit nichtjüdischen Kommilitonen gegen Antisemitismus von links – und fordern eine ehrliche Auseinandersetzung mit Israel-Hass in akademischen Strukturen.

Während an vielen deutschen Hochschulen pro-palästinensische Gruppen zunehmend den öffentlichen Raum dominieren, setzt die Aktion an der TU Berlin ein anderes Signal: Solidarität mit jüdischen Studierenden, die oft zwischen Feindseligkeit und Schweigen stehen.

Ob die Universitätsleitung konkrete Schritte folgen lässt, bleibt abzuwarten. Doch schon jetzt hat die Aktion einen Nerv getroffen. Denn selten zuvor haben Studierende so deutlich ausgesprochen, dass der Antisemitismus an deutschen Universitäten längst kein Randphänomen mehr ist – sondern mitten im progressiven Milieu stattfindet.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X @JFDA_eV


Montag, 10 November 2025

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