Anklage nach antisemitischem Aushang in Flensburg: Ein Signal des Rechtsstaats

Anklage nach antisemitischem Aushang in Flensburg: Ein Signal des Rechtsstaats


Ein Ladenbesitzer erklärte Juden per Aushang den Zutritt verboten – nun muss er sich womöglich vor Gericht verantworten. Der Fall zeigt, wie entschieden der Staat auf offene Hetze reagieren muss.

Anklage nach antisemitischem Aushang in Flensburg: Ein Signal des Rechtsstaats

Ein  Zettel, drei Ausrufezeichen, eine Flagge im Hintergrund – und eine Botschaft, die an dunkelste Zeiten erinnert: „Juden haben hier Hausverbot!!!“ Am 17. September hing dieser Satz an einer Schaufensterscheibe in Flensburg. Daneben eine palästinensische Flagge. Nach vier Stunden griff die Polizei ein. Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Volksverhetzung erhoben.

Der Weg zur Anklage

Bereits Ende Oktober hat die Staatsanwaltschaft Flensburg die Anklage beim Amtsgericht eingereicht. Grundlage ist Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs – Volksverhetzung. Der Beschuldigte habe, so der Vorwurf, den öffentlichen Frieden gestört und gegen eine religiöse Gruppe zum Hass aufgerufen. Ob es zum Prozess kommt, hängt nun davon ab, ob das Gericht die Anklage zulässt und ein Hauptverfahren eröffnet.

Die Ermittlungen sind abgeschlossen. Der Ladenbesitzer erklärte in seiner Vernehmung, er habe mit dem Aushang gegen den Krieg Israels im Gazastreifen protestieren wollen. Er habe „alle ihm bekannten Juden“ als Befürworter dieses Kriegs betrachtet und später erkannt, dass er „hätte unterscheiden müssen“. Diese Aussage verdeutlicht ein altes Muster: Wer Juden kollektiv mit der israelischen Politik gleichsetzt, macht sie zum Ziel eines Hasses, der nichts mehr mit Kritik, sondern mit Vorurteilen zu tun hat.

Mehr als ein Einzelfall

Der Vorfall in der Duburger Straße ist kein isoliertes Ereignis. Seit Beginn des jüngsten Gaza-Krieges registrieren Sicherheitsbehörden eine deutliche Zunahme antisemitischer Äußerungen und Angriffe in Deutschland. Auf Demonstrationen, im Netz und nun wieder im öffentlichen Raum wird Judenhass offen ausgesprochen – oft getarnt als politische Haltung.

Der Flensburger Laden, in dem neben Gothic-Artikeln auch eine Reichsflagge und ein Emblem der RAF hingen, steht exemplarisch für ein gefährliches Klima: Antisemitismus, Verschwörungsdenken und Systemfeindlichkeit verschmelzen zu einem Weltbild, in dem Gewaltverherrlichung und Geschichtsvergessenheit nebeneinander existieren.

Warum die Anklage wichtig ist

Mit der Anklage steht mehr auf dem Spiel als ein Einzelfall. Sie ist ein Test für die Handlungsfähigkeit der Justiz gegenüber offenem Antisemitismus. Seit Jahren warnen Experten davor, dass der Hass auf Juden wieder sichtbarer, lauter und unbefangener wird – nicht nur am Rand, sondern in der Mitte der Gesellschaft.

Wenn das Amtsgericht Flensburg die Anklage zulässt und konsequent verhandelt, sendet es eine klare Botschaft: Antisemitische Hetze wird nicht als politische Meinung verharmlost, sondern als das behandelt, was sie ist – ein Angriff auf die Grundlagen des Zusammenlebens.

Deutschland hat sich nach 1945 verpflichtet, jüdisches Leben zu schützen. Dieses Versprechen gilt nicht nur in Gedenkreden, sondern im Alltag, in jedem Stadtviertel, in jedem Schaufenster. Die Entscheidung über diese Anklage wird zeigen, ob der Staat bereit ist, dieses Versprechen mit Nachdruck zu verteidigen.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von ACBahn - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27087125


Mittwoch, 12 November 2025

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