ARD-Bericht über Jenin entfacht Empörung – und verschweigt zentrale FaktenARD-Bericht über Jenin entfacht Empörung – und verschweigt zentrale Fakten
Ein kurzer Videoclip, ein dramatischer Tonfall und ein vertrautes Narrativ: Der jüngste ARD-Beitrag über den Einsatz in Jenin liefert Emotionen, aber keinen Kontext. Wer nur diese Version sieht, versteht nichts von der Realität, in der israelische Soldaten täglich um ihr Leben kämpfen.
Der jüngste ARD-Bericht über den Einsatz israelischer Kräfte in Jenin folgt einem Muster, das mittlerweile fest verankert ist: Bilder eines kurzen, schockierenden Moments werden zur vollständigen Wahrheit erklärt. Die Stimmen der Kamerateams palästinensischer Sender gelten als objektive Zeugenschaft. Und die israelische Realität – die Struktur bewaffneter Netzwerke, der Einsatzverlauf, das Risiko für die Soldaten, der Hintergrund der Festgenommenen – verschwindet vollständig aus dem Blickfeld.
Der ARD-Artikel beginnt mit Worten, die allein durch ihre Dramatisierung wirken sollen: „verstörende Bilder“, „erschossen aus nächster Nähe“. Das erzeugt Betroffenheit, aber keine Erkenntnis. Der Bericht führt das Publikum emotional an den vermeintlichen Skandal heran, bevor überhaupt geklärt ist, was vor Ort geschah. Es ist eine dramaturgische Entscheidung – keine journalistische.
Denn tatsächlich handelt es sich nicht um zwei beliebige Männer, sondern um gesuchte Terrorverdächtige aus einem bekannten Netzwerk in Jenin, das seit Monaten Angriffe auf israelische Sicherheitskräfte plant und ausführt. Diese Informationen wurden zwar von israelischen Behörden offiziell bestätigt, tauchen im ARD-Beitrag aber lediglich als beiläufiges Zitat auf, ohne Bedeutung, ohne Erklärung, ohne Kontext.
So entsteht eine Erzählung, in der schwer bewaffnete Terrorzellen zu „jungen Männern“ werden, die „aus einem Warenhaus herauskommen“, während eine bewaffnete Auseinandersetzung im Hintergrund bewusst ausgeblendet bleibt.
Die eigentlichen Vorgänge vor Ort waren klar dokumentiert:
Mehrere Stunden lang setzten israelische Kräfte das Gebäude unter Druck, aus dem Bewaffnete wiederholt Angriffe geführt hatten. Es wurden Rufe zur Aufgabe gesendet, Verhandlungen geführt und erst später schweres Gerät eingesetzt, um Zugang zu schaffen. Genau diese Phase fehlt im ARD-Bericht nahezu vollständig, obwohl sie die Grundlage des Einsatzes darstellt.
Stattdessen dominieren Aussagen eines Reporters von Palestine TV, der erklärt, die Männer seien „unbewaffnet“ gewesen. Es wird nicht erwähnt, dass Jenin eine Hochburg bewaffneter Gruppen ist, in der Scheinaufgaben, Hinterhalte und Sprengfallen gängige Taktiken sind. Es wird nicht erwähnt, dass Verdächtige häufig aus Gebäuden herauskommen, um Soldaten nah heranzuziehen, bevor neue Angriffe gestartet werden.
Die entscheidende Szene – dass einer der Männer nach der Aufgabe erneut ins Gebäude hineinlief – wird im ARD-Bericht nicht einmal erwähnt. Sie ist jedoch zentral für das Verständnis der Reaktion der Soldaten. Internationale Medien, die die Gesamtsituation kennen, berichten genau darüber. Der ARD-Beitrag hingegen lässt diese Information einfach aus. So entsteht der Eindruck einer Exekution, wo tatsächlich eine akute Gefahrenlage beschrieben wurde.
Die Erzählung des ARD-Beitrags verschiebt harte Realität in ein moralisches Drama, in dem es nur Täter und Opfer gibt – und Israel soll traditionell den Platz des Täters einnehmen.
Hinzu kommt die Verknüpfung mit politischen Aussagen aus Tubas, wo lokale Vertreter den Einsatz als „Schritt zur Annexion“ interpretieren. Dass Sicherheitsoperationen gezielt gegen Terrorstrukturen gerichtet sind, wird nicht erklärt. Auch hier ersetzt politische Rhetorik die journalistische Einordnung. Die Botschaft lautet: Israel zerstört Straßen und Wasserleitungen aus Willkür. Doch solche Schäden entstehen bei Gefechten, bei der Sprengstoffräumung, bei der Zerstörung von illegalen Infrastrukturknoten bewaffneter Gruppen. Diese banale, aber wesentliche Wahrheit kommt in dem Artikel nicht vor.
Dass die israelische Armee jeden Vorfall automatisch untersucht – ein Verfahren, das weltweit als vorbildlich gilt –, findet zwar Erwähnung, wird aber sofort relativiert. So entsteht kein Bild rechtsstaatlicher Kontrolle, sondern der Eindruck eines Feigenblatts.
Der ARD-Beitrag lässt alles weg, was nicht in das erwartete Schema passt: dass Israel laufend konkrete Angriffe abwehrt, Waffenlager räumt, Bomben entschärft, Attentäter festnimmt; dass Terrorgruppen in Jenin ihre Infrastruktur massiv ausbauen; dass erst in dieser Woche bestätigt wurde, dass keiner der gesuchten Mörder von Israelis mehr frei umherläuft. All das hätte erklärt, warum Israel in diesen Tagen so breit operiert.
Doch der ARD-Artikel versucht nicht zu erklären. Er versucht, zu empören.
Genau hier beginnt das eigentliche Problem: Die europäische Öffentlichkeit wird durch solche Berichte konditioniert, Israel ausschließlich als Aggressor wahrzunehmen. Komplexität wird ersetzt durch moralische Schlagworte. Wer solche Berichte konsumiert, kann kaum verstehen, dass Israel eine Sicherheitslogik verfolgt, die auf bitteren Erfahrungen beruht – nicht auf politischen Zielen, nicht auf Fantasie, sondern auf Jahren tödlicher Anschläge, auf Hinterhalten, auf Sprengfallen und Raketenangriffen.
Der ARD-Bericht ist damit kein Ausreißer, sondern Symptom eines Mediensystems, das längst aufgehört hat, Israel gerecht darzustellen. Nicht aus böser Absicht, sondern weil es einfacher ist, ein vertrautes Narrativ zu wiederholen, als eine unbequeme Realität zu erklären.
Doch wer die Wahrheit sucht, muss die ganze Geschichte erzählen – nicht nur die Sekunden, die eine Kamera einfängt.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot https://www.tagesschau.de/ausland/gewalt-westjordanland-100.html
Freitag, 28 November 2025