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Handel mit der Erinnerung: Haifa-Initiative rettet Holocaust-Relikte aus deutscher Auktion

Handel mit der Erinnerung: Haifa-Initiative rettet Holocaust-Relikte aus deutscher Auktion


Die geplante Versteigerung persönlicher Habseligkeiten ermordeter Juden löste einen Sturm der Empörung aus. Eine Haifaer Hilfsorganisation griff ein – und brachte die Zeugnisse der Vernichtung dorthin zurück, wo sie bewahrt werden.

Handel mit der Erinnerung: Haifa-Initiative rettet Holocaust-Relikte aus deutscher Auktion

Die Nachricht aus Deutschland war für viele ein Schlag ins Gesicht: Koffer, Kleidung, Gebetsbücher, Briefe, ein gelber Stern – intime Spuren jüdischer Frauen, Männer und Kinder, die in den Lagern der Nationalsozialisten ermordet wurden – sollten unter den Hammer kommen. Wo andere schwiegen, handelte eine kleine Haifaer Organisation mit großer moralischer Wucht: Yad Ezer L’Haver kaufte einen Großteil der Objekte, stoppte weitere Verkäufe und brachte die geretteten Stücke nach Israel. Nicht als Trophäen, sondern als Mahnung.

Der Streit um die Auktion begann, als das deutsche Auktionshaus Felzmann die Versteigerung einer Sammlung ankündigte, deren Herkunft auf Händler und Nachlässe zurückging. Doch unabhängig von der juristischen Lage war die moralische unmissverständlich: Diese Gegenstände sind stille Zeugen eines millionenfachen Verbrechens, keine Sammlerware. Die Empörung reichte von Yad Vashem über das israelische Außenministerium bis hin zu jüdischen Gemeinden in Europa. Der Druck zeigte Wirkung – das Auktionshaus stoppte den Verkauf und entschuldigte sich.

Doch die Haifaer Organisation beließ es nicht bei Kritik. Ihr Direktor, Shimon Sabag, reiste gemeinsam mit David Sabag nach Deutschland, um die Gegenstände zu sichern. Die Entscheidung fiel aus einer Haltung heraus, die nichts mit Lautstärke, aber viel mit Verantwortung zu tun hat: Diese Stücke gehören nicht in private Schränke, nicht in die Hände von Sammlern, sondern in einen Raum, in dem sie bewahrt, erklärt und den kommenden Generationen zugänglich gemacht werden.

„Wir konnten nicht zusehen, wie Erinnerung verkauft wird“, sagt die Organisation. „Es ist eine moralische Verpflichtung, die Vergangenheit für die Zukunft zu retten.“ Diese Worte sind keine Rhetorik. Im Holocaust-Museum von Yad Ezer L’Haver in Haifa, das bewusst freien Eintritt bietet, wirken die Objekte wie direkte Botschaften der Toten an die Lebenden. Ein Koffer mit einem jüdischen Namen. Ein zerrissenes Kleid. Ein Brief voller Sehnsucht. Und die gelbe Stoffraute, die ein Mensch tragen musste, bevor ihm alles genommen wurde.

Die Reaktion der Überlebenden, die auf dem Campus der Organisation in Haifa leben, zeigt, wie tief die Wunde ist – und wie wichtig dieser Schritt war. Manya Herman, 94, sagte bewegt: „Diese Briefe zeigen, wie wir kommuniziert haben. Kinder müssen sie sehen und verstehen. Die Holocaust darf nicht vergessen werden.“

Die Rettungsaktion war erst der Anfang. Yad Ezer L’Haver erreichte mit dem Auktionshaus eine Frist von zehn Tagen, um weitere Objekte zu erwerben, bevor sie wieder in den Handel gelangen könnten. Sabag versprach, alles zu tun, um die restlichen Stücke ebenfalls nach Israel zu holen. Nicht aus Besitzinteresse – aus Pflichtgefühl.

Das Ergebnis dieser Bemühungen wird nun öffentlich sichtbar: Im israelischen Parlament wird eine Sonderausstellung eröffnet, in Anwesenheit von Überlebenden. Es ist ein Moment, der verdeutlicht, dass Erinnerung nicht verhandelbar ist – und dass es Orte gibt, an denen die Würde dieser Zeugnisse geschützt wird.

Der Fall zeigt auch ein größeres Problem: Noch immer lagern in Archiven, Kellern, Privatsammlungen und Händlerbeständen unzählige Relikte jüdischer Opfer. Und immer wieder geraten sie in die Nähe eines Marktes, der aus dem Leid anderer Profit zieht. Die klare Haltung, die aus Haifa kam, setzt ein Signal weit über Israel hinaus: Manche Dinge dürfen nicht verkauft werden. Sie gehören der Geschichte, und die Geschichte gehört uns allen.

Mit jedem Stück, das nach Israel zurückkehrt, wird nicht nur ein Gegenstand gerettet – sondern ein Name, ein Leben, eine Stimme, die sonst verstummen würde.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot


Samstag, 06 Dezember 2025

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