Antisemitische Gewalt erreicht neue Dimension: Angriffe auf jüdische Chanukka-Feiern in Amsterdam und KalifornienAntisemitische Gewalt erreicht neue Dimension: Angriffe auf jüdische Chanukka-Feiern in Amsterdam und Kalifornien
Nach dem Massaker von Sydney geraten jüdische Gemeinden weltweit unter Druck. In Amsterdam kam es zu schweren Ausschreitungen, in Kalifornien wurde ein jüdisches Wohnhaus beschossen. Die Angst vor Nachahmungstaten wächst – und viele warnen: Der Hass ist längst global.
Die Nachrichten aus Sydney, wo am Sonntag mindestens 16 Menschen während einer Chanukka-Feier ermordet wurden, haben eine Welle der Verunsicherung ausgelöst, die inzwischen jüdische Gemeinden auf mehreren Kontinenten erreicht. Was viele seit Monaten befürchten, zeigt sich in diesen Tagen mit brutaler Klarheit: Antisemitische Gewalt tritt nicht mehr vereinzelt auf. Sie formiert sich, sie radikalisiert, sie sucht gezielt Orte jüdischen Lebens. Und sie überschattet den Beginn eines Festes, dessen zentrale Botschaft Hoffnung ist.
In Amsterdam zeigte sich dieses Bedrohungsgefühl am Sonntagabend mit voller Wucht. Vor dem Koninklijk Concertgebouw, wo der Oberkantor der israelischen Armee, Sha’i Abramson, auftreten sollte, versammelten sich pro-palästinensische Gruppen. Offiziell meldeten die Organisatoren eine „stille“ Kundgebung an – tatsächlich aber entwickelte sich eine aggressive Szene, deren Ziel klar erkennbar war: Druck ausüben, einschüchtern, den jüdischen Charakter der Veranstaltung delegitimieren.
Während Besucherinnen und Besucher den Saal betraten, schlossen sich die Reihen der Demonstrierenden, Rufe wie „Kindermörder“ und „Blut an euren Händen“ erfüllten den Platz. Rot-grüne Rauchkörper wurden gezündet, Barrikaden umgestoßen, einige versuchten über die Absperrungen der Polizei zu klettern. Beamte setzten Schlagstöcke ein, mehrere Personen wurden festgenommen. Die Episode war nicht nur Ausdruck eines angespannten Abends, sondern Symptom eines Klimas, in dem jede jüdische Veranstaltung zur Zielscheibe werden kann.
Diese Atmosphäre trifft auch Familien in den USA. In der kalifornischen Stadt Redlands geriet am Freitag ein Haus unter Beschuss, das wegen seiner Chanukka-Dekoration gut sichtbar als jüdisches Zuhause erkennbar war. Ein vorbeifahrender Wagen stoppte, es fielen rund zwanzig Schüsse. Gleichzeitig riefen die Insassen „Free Palestine“ und antisemitische Beleidigungen. Die Familie blieb nur durch Zufall unverletzt. Auch wenn die Ermittler inzwischen davon ausgehen, dass es sich um eine Luftdruckwaffe handelte, sprechen Motiv, Ziel und Ablauf eine eindeutige Sprache: Es ging darum, Angst zu erzeugen und eine jüdische Familie einzuschüchtern – am Vorabend eines Festes, das traditionell das Sichtbarwerden von Licht betont.
Gleichzeitig stehen jüdische Gemeinden in Australien unter einem lähmenden Schock. Nach dem Terroranschlag in Sydney ordneten die Chabad-Zentren im ganzen Land an, sämtliche Chanukka-Veranstaltungen vorerst abzusagen. Schulen und Gemeindezentren bleiben geschlossen, Sicherheitsdienste warnen vor möglichen Folgetaten. Seit Jahren bittet die australische jüdisische Gemeinschaft um eine bessere staatliche Unterstützung für Schutzmaßnahmen. Teile dieser Anträge blieben unbearbeitet oder wurden schlicht nicht finanziert. Nun stehen die Verantwortlichen vor einer Frage, die schwer erträglich ist: Hätte ein früheres Handeln Leben retten können.
Auch in Europa wächst die Sorge. London, New York, Paris und Berlin haben ihre Polizeipräsenz rund um jüdische Veranstaltungen deutlich verstärkt. Sicherheitsbehörden in mehreren Staaten warnen inzwischen ausdrücklich vor Nachahmungstaten – besonders an religiösen Feiertagen, die für jüdisches Leben sichtbar und öffentlichkeitswirksam sind. Es ist ein bedrückendes Muster: Der Anschlag auf Simchat Tora in Israel, die Angriffe auf jüdische Einrichtungen in England am Jom Kippur, nun der Massenmord an Chanukka in Australien. Die zeitliche Nähe zu jüdischen Feiertagen zeigt eine strategische Absicht.
Zugleich entstehen Risse innerhalb westlicher Gesellschaften. Wenn jüdische Kulturbesuche mit Polizeiketten geschützt werden müssen, wenn Familien Angst haben, einen Leuchter ins Fenster zu stellen, wenn Demonstrationen sich gezielt gegen jüdische Künstler richten, entsteht ein Klima, das nicht nur Juden betrifft. Es stellt die Frage nach der Wehrhaftigkeit demokratischer Staaten – und nach ihrem Willen, jüdisches Leben aktiv zu schützen.
Die Angriffe in Amsterdam und Kalifornien sind deshalb mehr als Randnotizen in einer ohnehin düsteren Nachrichtenlage. Sie sind Signale dafür, wie globalisiert Judenhass inzwischen agiert. Er springt von Kontinent zu Kontinent, von digitaler Hetze zu realer Gewalt, von Demonstrationen zu Anschlägen. Und er trifft überall denselben Nerv: das Bedürfnis jüdischer Gemeinschaften, sichtbar zu sein – und sicher.
Während Chanukka weitergeht, bleibt die Frage drängend, wie weit Gesellschaften bereit sind, diese Sichtbarkeit zu schützen. Juden sollen nicht im Schatten feiern müssen. Nicht in Amsterdam, nicht in Kalifornien, und nicht in Australien.
Autor: Redaktion
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Montag, 15 Dezember 2025