Islamistische Terroranschläge in Frankreich: Ein neues Bedrohungsszenario für Europa

Islamistische Terroranschläge in Frankreich: Ein neues Bedrohungsszenario für Europa


Islamistische Terroranschläge in Frankreich: Ein neues Bedrohungsszenario für Europa

Mit großem Entsetzen und Trauer hat das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) e.V. die jüngsten islamistischen Terrorakte in Frankreich verfolgt. Mit den Morden an den Mitgliedern der Redaktion von “Charlie Hebdo”, an Polizisten sowie vier Personen, die sich in einem koscheren Supermarkt aufhielten, wurde das demokratische Europa im Zentrum seiner freiheitlichen Werte attackiert. Die Terroranschläge waren ein direkter Angriff auf die liberalen Demokratien Europas.

Die Täter der beiden Terrorzellen, Amedy Coulibaly, seine mutmaßliche Komplizin Hayat Boumeddiene sowie die Brüder Chérif und Said Kouachi standen laut eigener Aussagen mit den Terrororganisationen Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel und dem Islamischen Staat (IS) in Verbindung. Said Kouachi hatte sich laut Presseberichten im Jemen aufgehalten und dort Kontakt zu Anwar Al Awlaki, einem Chefideologen der Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel, gehabt. 2003 befand sich Al Awlaki als Gastredner auf Einladung der Muslim Association in Britain in Großbritannien. Die damalige britische Abgeordnete Louise Ellman bezeichnet die Muslim Association in Britain als einen Ableger der Muslimbruderschaft. Einige Mitglieder in Schlüsselpositionen, so Ellman, unterhielten Verbindungen zur Terrororganisation Hamas.[1] Die Namen der Kouachi-Brüder waren schon lange vor den Terroranschlägen in den Datenbanken amerikanischer Sicherheitsbehörden gespeichert und befanden sich auf der No-Fly-Liste der Vereinigten Staaten.[2] Auch den deutschen Sicherheitsbehörden waren sie bekannt. Die Attentäter standen untereinander in Kontakt und konnten vermutlich auf eine Terrorinfrastruktur zurückgreifen, die ihnen eine Koordination der Anschläge ermöglichte.

Der Täter, der im April 2014 den islamistischen Terroranschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel verübte, bei dem vier Menschen ermordet wurden, konnte ebenfalls auf eine terroristische Infrastruktur sowie auf Kampferfahrung zurückgreifen. Der Terrorismusexperte Berndt Georg Thamm bezeichnete den Anschlag in seiner Analyse für das Jüdische Forum im Juni 2014 als “Vorboten eines Tsunami”.[3] Diese Analyse scheint sich nun zu bestätigen: In Frankreich führten die Terroristen mehrere Anschläge gleichzeitig bzw. kurz nacheinander aus und versetzten dadurch die Bevölkerung gezielt in Angst und Schrecken. Eltern konnten ihre Kinder nicht aus der Schule abholen, Menschen durften ihre Häuser nicht verlassen. Im ganzen Land wurden achtzigtausend Sicherheitskräfte, darunter Spezialkräfte der Eliteeinheiten Raid, Gign und BDI, mobilisiert. Die vier Anschläge wurden von zwei dschihadistischen Terrorzellen verübt, die offensichtlich Verbindungen zu islamistischen Terrororganisationen hatten. Sie weisen damit Ähnlichkeiten auf zu den groß angelegten Terroroperationen in Mumbai 2008, bei dem neben anderen Anschlagszielen auch das Chabad House der Organisation Chabad Lubawitsch angegriffen wurde, und dem Anschlag der Al Shabab Miliz auf das Westgate Einkaufszentrum in Nairobi 2013, an dem unter anderem ein israelischer Investor beteiligt ist. Die koordinierten terroristischen Operationen waren über einen längeren Zeitraum vorbereitet worden. Es dauerte mehrere Tage bis sie durch Sicherheitskräfte beendet werden konnten. Die Organisation und die Durchführung der Terroranschläge in Frankreich verweisen damit auf ein neues Bedrohungsszenario, das nun auch Europa erreicht hat.

In seiner Analyse kommt Thamm zu dem Ergebnis, dass antisemitische Gewalt ein fester Bestandteil des militanten Islamismus ist. Amedy Coulibaly, der den Anschlag auf den Hyper Cacher Supermarkt in Paris verübt und fünf Menschen ermordet hat, die Polizistin Clarissa Jean-Philippe sowie die jüdischen Kunden des Supermarktes Yoav Hattab, Philippe Braham, Yohan Cohen und Francois-Michel Saada, erklärte einer Journalistin gegenüber, er wolle “unterdrückte Muslime verteidigen, insbesondere in Palästina.” Er habe das koschere Geschäft als Anschlagsziel ausgewählt, weil er speziell auf Juden zielte.[4] Die Satirezeitschrift “Charlie Hebdo” war in der Vergangenheit bereits Ziel einer einer antisemitisch motivierten Hetzkampgagne des iranischen Regimes geworden: Im Jahr 2013 bezeichnete das iranische Außenministerium “Charlie Hebdo” laut dem iranischen Sender Press TV als Teil einer “zionistischen Islamophobiekampagne”. Seine Veröffentlichungen seien ein Beitrag des “zionistischen Regimes” zur “Unterdrückung des palästinensischen Volkes”.[5]

Antisemitische Vorfälle und Gewalttaten sind in Frankreich seit Jahren ansteigend: 2006 wurde Ilan Halimi in Paris von einer antisemitischen Gruppe entführt, gefoltert und ermordet. 2012 wurden bei einem Terroranschlag auf eine jüdische Schule in Toulouse ein Rabbiner sowie drei Kinder ermordet. Im Zuge der antisemitischen Gewaltwelle in Frankreich und anderen europäischen Staaten seit dem Beginn des Gazakrieges war im Sommer 2014 unter anderem eine Synagoge in der Pariser Rue La Roquette, in der sich mehrere hundert Menschen befanden, die erst nach Stunden von der französischen Polizei befreit werden konnten, von einem antisemitischen Mob angegriffen worden. Anfang Dezember 2014 war ein junges jüdisches Paar in Créteil überfallen, ausgeraubt und die junge Frau vergewaltigt worden. Einer der Gewaltverbrecher soll dabei gesagt haben “Ihr seid Juden, also habt ihr Geld”. Aufgrund der hohen Gefahr durch antisemitische Gewalt entscheidet sich eine stetig wachsende Zahl französischer Juden für eine Auswanderung nach Israel: “Das jüdische Leben in Frankreich wird keine Zukunft haben, wenn diese lebensbedrohende Gefahr, die von islamistischen Terroristen ausgeht, nicht effektiv und schnell angegangen wird”, so der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder.[6] An diesem Wochenende ist die Grand Synagogue in Paris zum ersten Mal seit 1945 am Schabbat geschlossen.

Antisemitische Gewalt ist das Kernelement des islamistischen Terrors, sie darf nicht relativiert werden. Es macht keinen Unterschied, ob sich dieser Terror gegen Israel oder andere westliche Staaten richtet. Die Anerkennungsempfehlung eines palästinensischen Staates durch einige Parlamente europäischer Staaten und das EU-Parlament, die Streichung der Hamas von der EU-Terrorliste und die Weigerung, die Hisbollah als Ganzes auf die EU-Terrorliste zu setzen, belohnen den islamistisch-antisemitischen Terror und zeugen von einer Politik der Beschwichtigung, die komplett gescheitert ist. Dazu die Vorsitzende des Jüdischen Forums, Lala Süsskind: “Der islamistisch-antisemitische Terror richtet sich gegen den Universalismus der zivilisatorischen Werte in allen freiheitlichen Demokratien. Eine umgehende Verständigung zur Bekämpfung von Antisemitismus auf europäischer Ebene und internationale Strategien gegen den islamistischen Terror ist daher dringend notwendig.”

 

[1] http://www.meforum.org/2649/anwar-al-awlaki-pray-allah-destroys-america
[2] http://www.nbcnews.com/storyline/paris-magazine-attack/paris-attack-suspect-trained-al-qaeda-yemen-u-s-officials-n282356
[3] http://jfda.de/wp-content/uploads/2014/06/Berndt-Georg-Thamm_Manuskript_Terroranschlag_in_Brüssel_06_17.pdf
[4] http://www.timesofisrael.com/kosher-supermarket-killer-told-tv-station-he-deliberately-targeted-jews/
[5] http://jfda.de/blog/2015/01/07/pm-terroranschlag-auf-presse-und-meinungsfreiheit/
[6] http://www.n-tv.de/politik/Der-Auszug-der-Juden-aus-Frankreich-article14296331.html

 

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Autor: joerg
Bild Quelle:


Dienstag, 13 Januar 2015

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