Brunnenvergifter im EU-Parlament

Brunnenvergifter im EU-Parlament


„Die Juden vergiften Brunnen der Palästinenser, um danach ihr Land zu rauben. Das ist israelische Hetze und ein Aufruf zu Völkemord.“ So der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas am vergangenen Donnerstag im EU-Parlament in Brüssel. Die Abgeordneten dankten ihm mit stehendem Applaus.

Brunnenvergifter im EU-Parlament

von Ulrich W. Sahm

 

Schon in der Woche davor hatten die PLO, die offizielle türkische Nachrichtenagentur Anadolou und andere Medien den Vorwurf erhoben, Israel vergifte Brunnen der Palästinenser. Als „Beweis“ wurde ein Rabbiner namentlich erwähnt, den es gar nicht gibt.

 

Im tiefen Mittelalter diente die Behauptung Juden seien Brunnenvergifter als Vorwand für deren Enteignung und Vertreibung aus Deutschland, Frankreich, England und Spanien. Zehntausende Juden zahlten mit ihrem Leben. Martin Luther hat diese Legenden in seinem Spätwerk „Die Jüden und ihre Lügen“ wiederholt. Die gleichen Motive wurden dann Teil des Antisemitismus der Aufklärung und schließlich der Massenmord-Ideologie der Nazis. Heute dient dieses klassische Element des mittelalterlichen Judenhasses „Israel-Kritikern“ und „Antizionisten“ zur Delegitimierung Israels.

 

Abbas hat 1982 in Moskau eine Doktorarbeit mit dem Titel „Die andere Seite: Die geheimen Verbindungen zwischen Nazismus und Zionismus” geschrieben. Darin relativierte er den Holocaust. Bei seinen Forschungen dürfte er auch auf die Brunnenvergifter-Legenden gestoßen sein. Er wusste mit Gewissheit, dass die Erwähnung dieser antijüdischen Stereotypen bei Europäern auf fruchtbaren Boden fallen würde. Der EU-Parlamentsvorsitzende Martin Schulz twitterte nach der Rede auf Englisch: „Inspirierende Ansprache von Präsident Abbas zum EU-Plenum.“ (Inspiring address by Pres. #Abbas to #EPlenary – #EU supports aspiration by large majority of #Palestinians for peace and reconciliation)

 

 

Auf Fragen in den Kommentaren zu der Brunnenvergifter-Legende reagierte Schulz nicht.

Jüdische Organisationen in aller Welt und Israels Premierminister verurteilten das Aufwärmen dieses uralten antijüdischen Motivs aufs Schärfste. In den israelischen Fernsehnachrichten dient der Auftritt von Abbas mit der Brunnenvergiftungs-Äußerung seit Tagen als Aufmacher.

 

Am Freitag, dem Tag nach der Rede, spürten offenbar palästinensische Regierungsstellen den Gegenwind. Erst hieß es in Ramallah, dass diese Äußerung nicht im ursprünglich vorbereiteten Redetext von Abbas enthalten gewesen war. Doch bekanntlich gilt das „gesprochene Wort“. Beim Europäischen Parlament kann man das Video der Rede von Abbas aufrufen. Die deutsche Simultanübersetzung ab Minute 27:49 lautet: „Ich möchte auch noch sagen, dass es durchaus Rabbiner in Israel gibt, die ganz deutlich gesagt und angekündigt haben, denn über ihre Regierung, dass sie Wasser vergiften sollen, um die Palästinenser zu töten. Was ist denn das, wenn nicht eine Gewaltverherrlichung und ein Aufruf, also zu einem Genozid. Wir sind also gegen Gewalt.“

 

Am Samstagmorgen machte Abbas mit einer schriftlichen Mitteilung an Journalisten den Rückzug. Die New York Times berichtete, dass die PLO „alle Beschuldigungen zurückgewiesen habe, die ihn (Abbas) und das palästinensische Volk bezichtigen, die jüdische Religion kränken zu wollen…nachdem sich in verschiedenen Medien veröffentlichte Anklagen als falsch und grundlos herausgestellt“ hätten. Abbas sei auch kein Antisemit.

 

Auch das ist eine Lüge. Denn die Brunnenvergiftungs-Legende wurde schon vor der Rede von Abbas gründlich widerlegt. Sein Büro in Ramallah muss sich dessen bewusst gewesen sein. Denn unmittelbar nach der Rede behauptete sein Büro, dass diese Worte nicht Teil seines Redetextes gewesen wären. So wurde der falsche Eindruck erweckt, als hätte Abbas das gar nicht geäußert.

 

Abbas muss sich etwas dabei gedacht haben, diese Propaganda-Lüge ausgerechnet vor dem Europäischen Parlament vorzubringen. Der Applaus gab ihm recht…

 

 

 

(C) Ulrich W. Sahm - Erstveröffentlicht bei Heplev - Foto: EU-Abgeordnete klatschen sich zurück ins Mittelalter (Foto: Screenshot)


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Dienstag, 28 Juni 2016