Die andere Ursache des Terrorismus

Die andere Ursache des Terrorismus


In der ganzen Welt leiden viele Menschen unter der einen oder anderen Form von Geistesstörung. Eine erhebliche Anzahl von ihnen neigt dazu auch einen Hang zu verschiedenen Ausdrucksformen von Aggression zu haben. Wenn die Bedingungen aufkommen ihren unverantwortlich gewalttätigen Drang unter der reinigenden Rubrik einer "höheren Sache" Glanz zu verleihen - zum Beispiel eine Revolution, Rebellion oder Jihad - werden einige die "rechtfertigenden" Gelegenheiten dankbar ergreifen.

Die andere Ursache des Terrorismus

von Louis René Beres, Gatestone Institute

 

  • Für die heutigen Terroristen, ob nun in Paris, Orlando oder Nizza, ist Massenmord an Nichtkombattanten eine typische befriedigende Wiedergutmachung, eine Sündenbock-Operation, die gewisse rituelle Prozesse des Aderlasses, religiöser Opferung und ein Ventil für sadistische sexuelle Erregung in Erinnerung bringt. Besonders für den Jihadisten kann Terror im Islam eine griffbereite Zuflucht finden, aber die zum Ausdruck kommende Theologie ist wahrscheinlich mehr als nützlich, um das Ausleben ansonsten verbotener Wünsche zu decken. Dass so viele Anhänger dafür bereitstehen, deutet lediglich darauf hin, wie weit verbreitet diese verbotenen Wünsche sind - aber sie haben wenig mit Politik zu tun.

 

"Der Mensch unterscheidet sich vom Tier durch die Tatsache, dass er ein Mörder ist; er ist der einzige Primat, der Mitglieder seiner eigenen Spezies ohne Grund tötet und foltert ... und der dabei Befriedigung verspürt." — Erich Fromm: Anatomie der menschlichen Destruktivität

 

Es gibt eine überaus wichtige Lektion für den zunehmenden Kampf des Westens gegen den Terrorismus. Sie lautet: In den meisten Fällen geschehen Dinge, die sich in Religion oder Politik ereignen, nicht aus den angeführten Gründen. Stattdessen sind zugeschriebene, vermeintlich edle Dinge lediglich nachträgliche Rechtfertigungen gewisser barbarisch-menschlicher Neigungen.

 

"Homo homini lupus", sagte Freud: "Der Mensch ist des Menschen Wolf." Im Wesentlichen steckt diese Beobachtung im Kern aller Formen des Terrorismus, ebenso bei Krieg, Völkermord und vielen Durchläufen gewalttätiger Verbrechen. Daraus folgt, dass wir, sollten wir je wirklich einen ehrlichen "Krieg gegen den Terrorismus" erklären, zuerst über die übliche Ansammlung militärischer Rezepte hinaus blicken müssen. Sie können im Allgemeinen nie ein mehr oder weniger nutzloses Herumbasteln am Rande dessen überschreiten, was wirklich wichtig ist.

 

Vor Jahren beschrieb der große amerikanische Politikwissenschaftler Harold Lasswell politische Persönlichkeiten als diejenigen, die "ihre privaten Beweggründe durch öffentliche Objekte ersetzen und die Ersetzung in Begriffen öffentlicher Vorteile erklären." Was er mit dieser psychologischen Erklärung meinte, war, dass die Kernmotive der Politiker tief persönlich sein können, in erster Linie mit Befürchtungen über ihr Ansehen in Verbindung stehen und trotzdem von ihren Besitzern in Begriffen irgendwie erhabener Motive beruhigend gerechtfertigt oder "gesäubert" werden. Kein Kandidat für das Amt des amerikanischen Präsidenten wird jemals zugeben, dass er oder sie für das Amt kandidiert, um verlockende private Bedürfnisse zu maximieren; stattdessen werden alle Kandidaten bestätigen, dass sie irgendwie "berufen" sind eine gefährdete Nation vor dem einen oder anderen der "üblichen Verdächtigen" zu retten.

Heute sehen wir, dass eine solche öffentliche Art der Erklärung und Verdrängung nicht auf die gewöhnliche Politik beschränkt ist. Im Gegenteil: Wir können erkennen, dass diese Dynamik bereits eine recht große Anzahl moderner Terroristen, besonders die vom ISIS und anderen mit ihnen übereinstimmenden Jihadisten beseelt.

 

Sicher, es gibt keinen wissenschaftlichen Weg, auf dem die Determinierung von Motiven sinnvoll vorhergesehen oder diagnostiziert werden können.

 

Heutzutage ist die Standard-Charakterisierung für scheinbar exzentrische terroristische Feinde die des "einsamen Wolfs", doch selbst wenn wir es vorziehen sollten diese ansonsten passende Analogie zu wahren, ist es auch unerlässlich, dass wir erst einmal anfangen etwas besser zu verstehen: dass die emotionelle Dynamik, die einen Terroristen loslegen lässt, durchaus nicht jede echte Hingabe sein muss, um das eine oder andere zu verursachen, sondern eine bequeme und greifbare Gelegenheit gewöhnlichen, kriminellen Impulsen Glanz zu verleihen.

 

Ohne eine solche nützliche Rechtfertigung würde derartiges kriminelles Verhalten schlichtweg unentschuldbar sein. Mit einer eigennützigen Rechtfertigung kann daraus jedoch eine "heldenhafte" Revolutionstat oder "Märtyrertum" werden. Für den Täter - und Geistesstörung schließt hohe intellektuelle Fähigkeiten nicht aus - könnte eine vorhandene Metamorphose krimineller Gewalt in erlaubte und sogar gefeierte Formen angenommener Pflicht höchst willkommen sein.

 

Schließlich bietet diese Art Verwandlung nichts weniger als die Umwandlung von Bösem in Gutes; tatsächlich manchmal sogar in etwas Heiliges.

 

Für die heutigen Terroristen, ob nun in Paris, Orlando oder Nizza, ist Massenmord an Nichtkombattanten eine typische befriedigende Wiedergutmachung, eine Sündenbock-Operation, die gewisse rituelle Prozesse des Aderlasses, religiöser Opferung und ein Ventil für sadistische sexuelle Erregung in Erinnerung bringt. Besonders für den Jihadisten kann Terror im Islam eine griffbereite Zuflucht finden, aber die zum Ausdruck kommende Theologie ist wahrscheinlich mehr als nützlich, um das Ausleben ansonsten verbotener Wünsche zu decken. Dass so viele Anhänger dafür bereitstehen, deutet lediglich darauf hin, wie weit verbreitet diese verbotenen Wünsche sind - aber sie haben wenig mit Politik zu tun.

 

"Der Mensch strebt nach Drama und Erregung", schreibt Erich Fromm. "Aber wenn er keine Befriedigung auf einer höheren Ebene bekommen kann, schafft er sich das Drama der Vernichtung." Was die vorgegebene Opferung von Unschuldigen angeht, ob nun in Florida, in Frankreich oder sonstwo, stattet das Blutvergießen die angehenden Terroristen mit folgendem aus: (1) mit einem scheinbar unvergleichlichen Ventil für diese sehr gewalttätigen Impulse, die ansonsten Selbstbeherrschung erfordern würden und (2) mit einer Gelegenheit verschiedene groteske Formen des Mordes als "Glaube" zu tarnen.

 

Es leuchtet ein, dass ist Terrorismus letztlich als Antwort nicht von psychischem Begehren zu trennen ist. Aber wie kann man pragmatisch auf diesem enthaltenen Faktor aufbauen, um eine effektivere Strategie für die Terrorbekämpfung zu erstellen? Wenn es weltweit buchstäblich Millionen erbarmungsloser und zutiefst gestörter Einzelpersonen gibt, die sich vielleicht einfach nach einem "Drama der Vernichtung" sehnen? Und die eine Rechtfertigung in der Religion oder anderen "hohen" Motiven finden könnten? Was kann getan werden, um sie zu identifizieren und zu neutralisieren? Die schiere Zahl der Beteiligten ist überwältigend.

 

Letzten Endes müssen wohl unsere operationellen Pläne bezüglich des jihadistischen Terrors bewusster entsprechend der zusammengenommenen Weisheiten Siegmund Freuds, Erich Fromms und anderer wie Sun-Tsu oder Clausewitz strukturiert werden.

 

Mehr als alles andere bedeutet dies darauf zu achten, dass alles Töten nicht ausschließlich als Ausdruck von Politik oder Religion betrachtet wird; und dass geeignete "Firewalls" zwischen psychopatischem Verhalten und "politischen" Ventilen geschaffen werden. Diese Empfehlung muss von vorherigen Anstrengungen abhängig gemacht werden, mit denen Einzelpersonen über eine verführerische Vorstellung aufgeklärt werden: dass Terrorismus potenziellen Mördern einen angenehmen Weg zu persönlicher Heiligkeit und letztlich Erlösung bietet.

 

 

 

Übersetzt von H. Eiteneier


Autor:
Bild Quelle:


Montag, 15 August 2016