Donald Trump und die Wiederkehr des europäischen Antiamerikanismus

Donald Trump und die Wiederkehr des europäischen Antiamerikanismus


Der europäische Antiamerikanismus – der während der Präsidentschaft von Barack Obama, der die Vereinigten Staaten auf einen eher globalistischen als nationalen Kurs gebracht hat, im Abflauen begriffen war – ist mit aller Macht zurück.

Donald Trump und die Wiederkehr des europäischen Antiamerikanismus

von Soeren Kern, Gatestone Institute

 

  • Die europäische Kritik an Trump ist weit mehr als nur bloße Abneigung gegen den Mann, der der künftige US-Präsident sein wird. Die Verdammung enthüllt eine tief sitzende Verachtung der Vereinigten Staaten und amerikanischer Wähler, die demokratisch einen Kandidaten gewählt haben, der sich der Wiederherstellung der amerikanischen Wirtschaftskraft und militärischen Stärke verschrieben hat.
  • Die grundlegende Ursache des weltweiten Chaos ist der Mangel an amerikanischer Führung im eigenen Land und in der Welt. Infolge einer Reihe von schlechten Entscheidungen Obamas, den militärischen Einfluss Amerikas in der Welt zu reduzieren, ist ein geopolitisches Machtvakuum entstanden, das von Ländern und Ideologien gefüllt wird, die westlichen Interessen und Werten von Haus aus feindlich gegenüberstehen.
  • In den letzten sieben Jahrzehnten haben die Vereinigten Staaten Jahr für Jahr Hunderte Millionen Dollar dafür ausgegeben, Deutschlands Sicherheit zu garantieren – und das, obwohl sich Deutschland stur weigert, das NATO-Versprechen einzuhalten, pro Jahr mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Landesverteidigung aufzuwenden. Die Deutschen sind nun empört, weil Trump sie bittet, einen fairen Anteil für ihre eigene Verteidigung zu erbringen.
  • Obwohl die von Präsident Obama begangenen Fehltritte in der Außenpolitik, vor allem im Nahen Osten, Europa viel unsicherer gemacht haben, als es vor acht Jahren war, haben die europäischen Eliten über Obamas Fehler hinweggesehen, weil er ein "Globalist" ist, dem es offenbar lieber wäre, die Vereinigten Staaten nach dem Bilde Europas neu zu erschaffen. Trump hingegen ist ein Nationalist, der die Vereinigten Staaten nach dem amerikanischen, nicht nach dem europäischen Bild wiederaufbauen will.
  • Es ist sicher, dass der europäische Antiamerikanismus in den kommenden Jahren eskalieren wird; nicht wegen Trump oder seiner Politik, sondern weil die "Globalisten" daran zu verzweifeln scheinen, die scheiternde Europäische Union zu retten – die intransparente, nicht zur Rechenschaft verpflichtete, antidemokratische, Souveränität an sich reißende Alternative zum Nationalstaat.

 

Auf Donald Trumps Wahlsieg reagiert das europäische Medienestablishment mit einer Boshaftigkeit, wie sie seit der Präsidentschaft von George W. Bush nicht mehr zu beobachten war. Damals erreichte der Antiamerikanismus in Europa den Siedepunkt.

 

Seit den amerikanischen Wahlen am 9. November haben die Fernsehsender, Radiostationen und Printmedien eine Lawine von Negativstorys, Leitartikeln und Kommentaren produziert; sie kochen vor Wut über das Wahlergebnis.

 

Die europäische Kritik an Trump ist weit mehr als nur bloße Abneigung gegen den Mann, der der künftige US-Präsident sein wird. Die Verdammung enthüllt eine tief sitzende Verachtung der Vereinigten Staaten und amerikanischer Wähler, die demokratisch einen Kandidaten gewählt haben, der sich der Wiederherstellung der amerikanischen Wirtschaftskraft und militärischen Stärke verschrieben hat.

 

Wenn die Vergangenheit irgendwelche Hinweise auf die Zukunft liefert, dann wird der europäische Antiamerikanismus während der Präsidentschaft Donald Trumps ein bestimmendes Merkmal der transatlantischen Beziehungen sein.

 

Obwohl die europäischen Meinungsbildner einen Großteil ihres Unmuts mit der Gefahr begründet haben, die Trump angeblich für die Weltordnung darstellt, wird der gewählte Präsident es doch mit einer Welt zu tun haben, die wesentlich chaotischer und unsicherer ist, als sie es im Januar 2009 war, als Obama Präsident wurde.

 

Die grundlegende Ursache des weltweiten Chaos ist der Mangel an amerikanischer Führung – Führen von hinten – im eigenen Land und in der Welt.

 

Infolge einer Reihe von schlechten Entscheidungen Obamas, den militärischen Einfluss Amerikas in der Welt zu reduzieren, ist ein geopolitisches Machtvakuum entstanden, das von Ländern und Ideologien gefüllt wird, die westlichen Interessen und Werten von Haus aus feindlich gegenüberstehen. China, Russland, der Iran, Nordkorea und der radikale Islam – neben vielen anderen – wurden allesamt darin bestärkt, die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten ungestraft herauszufordern.

 

Die europäischen Eliten, die über Obamas außenpolitisches Versagen meist den Mantel des Schweigens hüllen, dreschen nun auf Trump ein, weil der geschworen hat, für Ordnung zu sorgen, indem er "Amerika wieder groß macht".

 

Wie schon während der Amtszeit von George W. Bush geht der Antiamerikanismus in Europa einmal mehr vor allem von Deutschland aus – einem Land, das nach dem Zweiten Weltkrieg quasi von den Vereinigten Staaten wiederaufgebaut wurde. Über den Marshall-Plan flossen zwischen 1948 und 1951 1,5 Milliarden Dollar (15 Milliarden Dollar nach heutigem Wert) an Wiederaufbauhilfe nach Westdeutschland.

 

In den letzten sieben Jahrzehnten haben die Vereinigten Staaten Jahr für Jahr Hunderte Millionen Dollar dafür ausgegeben, Deutschlands Sicherheit zu garantieren – und das, obwohl sich Deutschland stur weigert, das NATO-Versprechen einzuhalten, pro Jahr mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Landesverteidigung aufzuwenden. 2015 verwandte Deutschland gerade einmal 1,16 Prozent des BIP für den Verteidigungshaushalt, 2016 waren es 1,15 Prozent. Gleichwohl geben sich deutsche Regierungsvertreter nun beleidigt, weil Trump sie bittet, einen fairen Anteil für ihre eigene Verteidigung zu erbringen.

 

Im Folgenden eine kleine Auswahl der jüngsten europäischen Kommentare zu Donald Trump und den Vereinigten Staaten:

 

In Deutschland veröffentlichte Der Spiegel, eines der auflagenstärksten Magazine in Europa, ein Titelblatt mit einem gigantischen Meteor mit den Umrissen Trumps, der auf die Erde zurast. Die Schlagzeile lautet: "Das Ende der Welt (wie wir sie kennen)". Dem Thema werden mehr als 50 Seiten gewidmet, darunter ein Artikel von Dirk Kurbjuweit mit dem Titel: "Hundert Jahre Angst. Der Westen unter amerikanischer Führung – ein Nachruf." Er schreibt:

 

"Im Januar 2017, wenn Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wird, feiert das amerikanische Zeitalter seinen 100. Geburtstag. Und wird begraben ... Es gibt große Aufgaben für den Anführer des Westens minus Amerika. Es sind Aufgaben für Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin."

 

"Trump, der von der Globalisierung nichts wissen will, Trump, der einen amerikanischen Nationalismus predigt, Abschottung, Teilrückzug aus den Händeln der Welt, null Verantwortung für ein globales Problem wie den Klimawandel ..."

 

"Leere also, Horror Vacui. Was wird mit dem Westen ohne die Führungsmacht USA?"

 

In einem Kommentar mit dem Titel: "Sieg des Zerstörers" schreibt Spiegel-Kommentator Roland Nelles:

 

"Es ist wirklich passiert, er hat es getan, Donald Trump hat alle Experten widerlegt. ... Ein Mann, ... der Hass predigt und wichtige Partner Amerikas in der Welt vor den Kopf stoßen will, wird das mächtigste Land der Erde regieren. Es ist eine politische Katastrophe."

 

"Plumper Populismus hat über die Vernunft gesiegt. Trumps Erfolg ist ein Schock für all jene, die auf die politische Weisheit der amerikanischen Wähler gesetzt hatten. ..."

 

"Was der Welt, was Amerika deshalb jetzt droht, ist eine gefährliche Phase der Instabilität: Donald Trump will Amerika wieder 'great', großartig, machen. Glaubt man seinen Ankündigungen, will er dabei rücksichtslos vorgehen: Er will elf Millionen mexikanische Migranten aus dem Land werfen, sämtliche wichtige Handelsabkommen neu verhandeln und wichtige Verbündete wie Deutschland für den militärischen Schutz durch die USA zur Kasse bitten. Das wird viel Streit auslösen, neue Konflikte heraufbeschwören, neue Krisen auslösen."

 

In einem Leitartikel mit dem Titel "Der absurde Präsident" schreibt der Chefredakteur des Spiegel, Klaus Brinkbäumer:

 

"Trump ... bleibt ein gefährlicher Mann. Gefährlich unaufmerksam, unausgeglichen, unerfahren und gefährlich rassistisch. ... Die Armee der Abgehängten gefährdet die Demokratie."

 

"Sechzig Millionen Amerikaner waren also dumm. Sie haben Xenophobie, Rassismus und Nationalismus herbeigewählt und dem Ende von Gleichberechtigung und sozialem Denken, auch von Klimaabkommen und Krankenversicherungen, zugestimmt. Sechzig Millionen Menschen sind einem Demagogen gefolgt, der wenig für sie tun wird."

 

"Wer je in New York gelebt oder Dinnerdiskussionen in Georgetown und Debatten an der Kennedy School von Harvard erlebt hat, weiß, wie flirrend intelligent und weltentdeckend die USA sein können. Sie sind es aber nur dort. In dann doch wieder geschlossenen Zirkeln. Darum leider nicht ganz so offen wie behauptet."

 

In einem Artikel mit der Überschrift "Was diese Wahl für die Welt bedeutet", schreibt die in München erscheinende "Süddeutsche Zeitung":

 

"Der Mann, den Politiker um den Globus vor allem als 'angsteinflößend', 'ignorant' oder 'irrational' bezeichnet hatten, wird in das Weiße Haus einziehen. Die Verunsicherung ist weltweit groß. ... Wenn man Karikaturisten glauben mag, ist Donald Trumps Vorstellung der Welt sehr schlicht. Afrika als Geburtsort Barack Obamas. Russland - ein Land, das wieder groß gemacht wurde. Großbritannien als No-go-Area."

 

Unter der Überschrift "Trump und wie er die Welt sieht" schreibt die Hamburger Wochenzeitung Die Zeit:

 

"Wow. Der Westen zerbröselt vor unseren Augen. Was sich hier abspielt, kann der Blick auf zwei Daten klar machen: Am 9. November 1989 fiel die Mauer in Berlin. ... In der Nacht zum 9. November 2016, genau 27 Jahre später, ist ein Mann ins Weiße Haus gewählt worden, dessen zentrales Wahlversprechen der Bau einer Mauer war."

 

"Die Ideen des kommenden Präsidenten [sind] weder widersprüchlich noch wirr. Seine Forderungen lassen sich problemlos auf einem Bierdeckel zusammenfassen: Putin integrieren, Mexikaner draußen halten und die amerikanischen Alliierten künftig wie die Kunden eines Wachdienstes behandeln. Schutz gibt es nur noch gegen Cash, auch in der Nato."

 

In einem Kommentar mit dem Titel "Das Ende der Aufklärung" schreibt Zeit-Kolumnist Adrian Daub:

 

"Donald Trump ist ein Überbleibsel eines sterbenden Amerikas. ... Er hat das Land vom multikulturellen Leuchtturm in eine weitere abgeschottete Insel weißer Menschen verwandelt, die vor ihrem eigenen Schatten Angst haben."

 

"Die Idee der Ausnahme USA, des Leuchtturms, stand schon bei der Gründung der Nation Pate. ... Die Idee von amerikanischer Strahlkraft ist eins mit den Ideen der Aufklärung, die von Europa in die Kolonien kamen. Ideen wie universelle Werte oder das menschliche Streben nach Wahrheit."

 

"Trumps Wahl bedeutet das Ende dieses Projekts. Die USA sind nicht mehr Leuchtturm, sondern ein bis auf die Zähne bewaffneter müder Schatten fern flackernden Feuers. Von Vorbildcharakter, von Nachahmbarkeit bleibt keine Spur. Ein trotziges Einigeln, eine Weigerung an die Welt. Der Nationalismus der Abschottung, ... der tumbe Tribalismus, es sind längst überwunden geglaubte Impulse, die an den Grundfesten der Aufklärung rütteln."

 

"Die USA haben die Werte der Aufklärung – Humanismus, ein optimistisches Menschenbild, Menschenwürde und Bürgerrechte – hochgehalten, als Europa in den dreißiger Jahren von ihnen abwich. Es hat den Humanismus als Waffe im Kampf gegen den Faschismus, seine Universalität als Gegengift zum Nationalismus, eingesetzt und mit ihrem Re-Import nach dem Zweiten Weltkrieg zur Neugründung des europäischen Projekts beigetragen. Heute sind diese Werte in Europa einmal mehr in Bedrängnis, aber der Blick über den Atlantik wird ab Januar keine Vergewisserung mehr bringen."

 

Andere Schlagzeilen deutscher Zeitungen lauten: "Trump hat das Charisma eines betrunkenen Elefanten", "Donald Trump: Ein Horrorclown als Sicherheitsrisiko", "Trump: wie konnte das passieren?", "Pläne des neuen US-Präsidenten: Wie Trump das Klima vergiften will", "Donald Trump: Ein Schlag gegen die offene Gesellschaft", "Amerika wählt den großen Spalter", "Donald Trump: Ein König ohne Plan", "Donald ist nicht Ronald," "Trump ist nicht Churchill," "Kann Trump auch in Deutschland passieren?," "Wie verhindert man einen deutschen Trump?", "Wer kann Trump jetzt noch stoppen?" oder "Muss Berlin mehr Geld für Rüstung ausgeben?"

 

In Großbritannien hat der Guardian einen Leitartikel veröffentlicht mit dem Titel "Wie der Guardian Trumps Außenpolitik bewertet: Eine Gefahr für den Frieden". Darin heißt es:

 

"Der Sieg von Donald Trump zerschmettert die Vorstellung, dass ihre Verbündeten auf die USA zählen können, nicht nur, was militärische Beistandsgarantien und wirtschaftliche Zusammenarbeit betrifft, sondern auch als Verteidiger der liberalen Demokratie, statt einer Bedrohung für diese. Er stellt die traditionelle Rolle der USA als Beschützer einer auf der UNO basierenden globalen Architektur des Multilateralismus in Frage. ..."

 

"Für Donald Trump geht es in der Politik – wie im Geschäftsleben – darum, Deals abzuschließen. Er glaubt, ein Gespräch von Mann zu Mann mit Diktatoren würde Probleme im Handumdrehen verschwinden lassen und betrachtet Außenpolitik als Nullsummenspiel, bei dem er Amerika groß machen könne, indem er dessen traditionelle Freunde erniedrigt. Seine Wahl macht die Welt zu einem gefährlicheren Ort und zudem zu einem weniger berechenbaren, denn es ist zu früh, um genau zu sagen, auf welche Weise diese Gefahren zur Wirklichkeit werden – oder wie der künftige Präsident sich ihnen stellen wird."

 

In einem Essay mit dem Titel "Der Sieg für Trump ist ein Sieg der Engstirnigkeit" schreibt Guardian-Kolumnist Owen Jones:

 

"Einen Augenblick: Wer bin ich, dass ich mich als Brite in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes einmische? Das Problem ist, dass die ganze Welt nun den Befehlen des Anführers der letzten Supermacht unterworfen ist. Zu einem gewissen Grad unterstehen wir alle seiner Herrschaft. ..."

 

"Der Trumpismus ist seiner Natur nach eine autoritäre Bewegung, für die demokratische Normen entbehrlich sind, wenn sie den politischen Zwecken nicht dienen. Das Ziel – ob es zu verwirklichen ist oder nicht – ist klar: eine autoritäre Gesellschaft wie Putins Russland, Erdoğans Türkei oder Orbáns Ungarn, die bestimmte Züge einer Demokratie beibehält, als nützliche Fassade."

 

"Wenn das amerikanische Volk die Legitimität dieses Präsidenten akzeptiert und den Möchtegerntyrannen normalisiert, würde ihn das nur bestärken. ... Ziviler Ungehorsam sollte eingesetzt werden, wo immer er notwendig ist. Tu das nicht nur für dich selbst, Amerika. Das Schicksal des Rests der Welt wird von deinen Entscheidungen bestimmt werden."

 

Andere britische Schlagzeilen lauten: "Wird Donald Trump Amerika zerstören?", "Warum Präsident Donald Trump eine noch größere Katastrophe ist, als Sie dachten", "Donald Trumps Sieg ist eine Katastrophe für liberale Werte"; "Donald Trumps Sieg ist eine Katastrophe für die moderne Männlichkeit"; "Datenschützer fürchten, dass Donald Trump ein weltweites Überwachungsnetzwerk betreibt", "Schrecklicher Trump wandelt sich zum zahmen Trump? Eine Illusion", "Die magnetische Anziehungskraft von Trump, dem König der Narzissten", "Macht Donald Trump Schulessen ungesund? Die Vorliebe des gewählten Präsidenten für Hamburger und Brathähnchen könnte sich auf Kantinen auswirken, warnen Ärzte" oder "Donald Trump womöglich direkter Nachkomme von Wikinger Rjurik, dem Gründer des russischen Staates."

 

In Spanien wo der Antiamerikanismus seit Jahrzehnten dominiert, veröffentlichte die Tageszeitung El País einen Essay mit dem Titel "Kriegserklärung an die Dummheit", der beispielhaft den Abscheu zeigt, den viele Europäer gegenüber gewöhnlichen Amerikanern hegen. Der langjährige Essayist der Zeitung, John Carlin, schreibt:

 

"Trumps Sieg steht für eine Rebellion gegen Vernunft und Anstand. Er ist der Triumph von Rassismus oder Frauenfeindlichkeit oder Dummheit – oder aller dieser drei Dinge auf einmal. Er ist Ausdruck des schlechten Urteilsvermögens und des schlechten Geschmacks von 60 Millionen Amerikanern, von denen die übergroße Mehrheit Männer und Frauen mit weißer Hautfarbe sind, die Häuser, Autos und Schusswaffen besitzen und mehr essen als die Bürger jedes anderen Landes der Erde."

 

"Hier sieht man mit perfekter Klarheit die Dummheit, Leichtsinnigkeit und Unverantwortlichkeit derer, die für Trump gestimmt haben. Denn welche Fehler Clinton auch haben mag, sie sind unbedeutend im Vergleich zu denen Trumps, dessen Ignoranz, null Prinzipien und null Erfahrung im Regieren sich zu allen möglichen persönlichen Lastern gesellen, welche jeder, der bei Verstand ist, in jedem Winkel der Erde als beklagenswert betrachtet."

 

"Ich kenne die Art von Leuten, die für Trump gestimmt hat. Ich habe sie getroffen, als ich Reportagen in Texas, Montana, Arizona, Oklahoma, Alabama und anderen typisch republikanischen Staaten gemacht habe. Sie neigen dazu, freundliche, religiöse und ehrliche Leute zu sein, anständig in ihrem reduzierten gesellschaftlichen Umkreis. Doch wenn ich mich für eine Weile mit ihnen hingesetzt hatte, um mit ihnen zu reden, habe ich stets dasselbe Erstaunen gespürt: Wie ist es möglich, dass wir dieselbe Sprache sprechen? Ihre Worte klingen mir vertraut, doch ihre Gehirnschaltkreise funktionieren anders. Sie sind Leute von simplem Glauben, die keine Ironie verstehen; Leute, die ihre Wahrheiten nicht auf der Basis von Fakten auswählen, sondern auf der ihres Glaubens oder ihrer Vorurteile; Leute, die weit weg vom Ozean und dem Rest des Planeten Erde leben, vor dem sie Angst haben. Nie habe ich in Europa, Afrika oder Lateinamerika ein ähnliches Gefühl der Verbindungslosigkeit gespürt wie innerhalb der Vereinigten Staaten."

 

In Österreich brachte die Kronen-Zeitung die Schlagzeile: "Atomkoffer-Übergabe: In 72 Tagen könnte Trump Zivilisation auslöschen". Ebenfalls in Österreich veröffentlichte der Kurier eine Story mit der Überschrift "Trump-Sieg: Boom für Selbstmord-Hotlines". In Frankreich machte die Tageszeitung Libération mit Trump auf der Titelseite auf, dazu die Worte: "American Psycho". Eine andere Schlagzeile lautete: "Vereinigte Staaten: Imperium des Schlechtesten." Das Nachrichtenmagazin L'Obs fragt: "Kommt mit Trump der Anfang der Entglobalisierung?" Le Figaro schreibt: "Donald Trump: Vom Clown zum Präsidenten" und "Europa gelähmt vom Trump-Schock". Le Monde titelt: "Donald Trumps Sieg: Ein Brexit für Amerika." In den Niederlanden erklärt der Telegraaf: "Trump ist ein Alptraum für Europa."

Wie ist das Wiederaufleben des antiamerikanischen Gefühls in Europa zu interpretieren?

Obwohl die von Präsident Obama begangenen Fehltritte in der Außenpolitik, vor allem im Nahen Osten, Europa viel unsicherer gemacht haben, als es vor acht Jahren war, haben die europäischen Eliten über Obamas Fehler hinweggesehen, weil er ein "Globalist" ist, dem es offenbar lieber wäre, die Vereinigten Staaten nach dem Bilde Europas neu zu erschaffen. Trump hingegen ist ein Nationalist, der die Vereinigten Staaten nach dem amerikanischen, nicht nach dem europäischen Bild wiederaufbauen will.

Es ist sicher, dass der europäische Antiamerikanismus in den kommenden Jahren eskalieren wird; nicht wegen Trump oder seiner Politik, sondern weil die "Globalisten" daran zu verzweifeln scheinen, die scheiternde Europäische Union zu retten: die intransparente, nicht zur Rechenschaft verpflichtete, antidemokratische, Souveränität an sich reißende Alternative zum Nationalstaat.

Wieder und wieder haben die Europäer ihre Fähigkeit überschätzt, ein fragmentiertes Europe wie einen einzigen einheitlichen Akteur handeln zu lassen. Wie sich herausstellt, ist Antiamerikanismus eine wirkungsmächtige Ideologie, die überall in Europa attraktiv ist – nicht nur für die Eliten.

In der Vergangenheit haben die europäischen Föderalisten versucht, den Antiamerikanismus zur Basis einer neuen paneuropäischen Identität zu machen. Diese künstliche, postmoderne, europäische "Staatsbürgerschaft", die Loyalität zu einem in Brüssel ansässigen gesichtslosen bürokratischen Superstaat verlangt, wurde als globalistische Alternative zum Nationalismus der Vereinigten Staaten präsentiert. "Europäer" zu sein, bedeutet im Wesentlichen: kein Amerikaner zu sein.

 

Jetzt, wo die Europäische Union aus den Fugen geraten ist, ist damit zu rechnen, dass Europas politisches Establishment versuchen wird, sich den Antiamerikanismus zunutze zu machen, in einem verzweifelten Versuch, ihn zum Leim zu machen, der das gebrochene Europa zusammenhält.

 

Ob diesen Bemühungen Erfolg beschieden sein wird, hängt ironischerweise vom gewählten US-Präsidenten Donald Trump ab. Sollte es Donald Trump gelingen zu beweisen, dass er in der Lage ist zu regieren und greifbare Ergebnisse zu liefern – insbesondere das Wirtschaftswachstum zu steigern und die illegale Einwanderung einzudämmen –, dann wird Trump den Anti-Establishment-Politikern in Europa, von denen viele schon jetzt in Umfragen zu bevorstehenden Wahlen stark abschneiden, auf jeden Fall Auftrieb verschaffen.

 

In einem Kommentar zu Trumps Wahlsieg schrieb der niederländische Parlamentsabgeordnete Geert Wilders: "Amerika hat sich soeben von der Political Correctness befreit. Das amerikanische Volk hat seinen Wunsch ausgedrückt, ein freies und demokratisches Volk zu bleiben. Jetzt ist es Zeit für Europa. Wir können und werden dasselbe tun!"

 

 

 

Soeren Kern ist ein Senior Fellow des New Yorker Gatestone Institute und Senior Fellow für Europäische Politik der in Madrid ansässigen Grupo de Estudios Estratégicos / Gruppe Strategische Studien. Übersetzt von Stefan Frank - Foto: Der Spiegel, eine der auflagenstärksten Zeitschriften in Europa, brachte nach Donald Trumps Wahlsieg ein Titelblatt mit einem gigantischen Meteor in Form von Trumps Kopf, der auf die Erde zurast. Die Schlagzeile lautete: "Das Ende der Welt (wie wir sie kennen)". Gelernt ist gelernt in der deutschen Medientradition ...


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Freitag, 25 November 2016