Die fehlerhafte Antisemitismus-Untersuchung der City University of New York

Die fehlerhafte Antisemitismus-Untersuchung der City University of New York


Der Untersuchung von Antisemitismus an der City University of New York (CUNY) fehlte es derart an Professionalität, dass dies nach einer fokussierteren Analyse verlangt. Das ist besonders deshalb nötig, weil sich Antisemitismus sowohl in seiner klassischen als in seiner antiisraelischen Form auch an einer Reihe anderer amerikanischer Universitäten zeigt. Dieses Versagen des Berichts aufzuzeigen kann zudem bei Ermittlungen zu Antisemitismus an anderen Orten in der Welt hilfreich sein.

Die fehlerhafte Antisemitismus-Untersuchung der City University of New York

von Dr. Manfred Gerstenfeld

 

Die Untersuchung zum Antisemitismus an der CUNY hatte am 22. Februar 2016 einen ausführlichen Beschwerdebrief der Zionist Organization of American (ZOA) an CUNY-Kanzler James B. Milliken und das Kuratorium der Universität zur Folge.[1] Darin wurde eine lange Liste antisemitischer Vorfälle auf einer Vielzahl CUNY-Campussen erwähnt, die hauptsächlich den Students for Justice in Palestine (SJP)[2] zugeschrieben werden. Daraufhin beauftragte der Kanzler der CUNY am 6. März 2016 eine Untersuchung dieser Antisemitismusvorwürfe. Beide ernannten Ermittler, Barbara Jones und Paul Shechtman, sind Rechtsanwälte. Ihr Bericht wurde am 6. September 2016 veröffentlicht.[3]

 

Anwälte stützen sich von Berufs her auf einen definierenden Text, das Recht des Landes. Die Ermittler hätten begreifen müssen, dass in Sachen Antisemitismus der Schlüssel für eine angemessene Untersuchung antisemitischer Vorfälle der Gebrauch einer weithin akzeptierten Antisemitismus-Definition ist. Sie nutzten sie nicht.

 

Das US-Außenministerium hat eine Arbeitsdefinition für Antisemitismus veröffentlicht.[4] Darüber hinaus hatte die US-Regierung, bevor der Bericht der Ermittler veröffentlicht wurde, seine Verpflichtung zur Bekämpfung des Antisemitismus verstärkt. Sie akzeptierte im Mai 2016 – zusammen mit 30 weiteren westlichen Ländern – die Anerkennung der Antisemitismus-Arbeitsdefinition der Internationalen Holocaust-Gedenkallianz (IHRA).[5] Dieser Text ist mit der Definition des US-Außenministeriums weitgehend identisch.

 

CUNY hat darüber hinaus auch ein Verhaltensregelwerk für Studenten, die man als Henderson Rules kennt.[6] Dieser lokale Text sollte den Ermittlern als Sekundärquelle dienen. Die ZOA hat in ihrer Reaktion auf den Bericht der Ermittler herausgestellt, dass dieses Regelbuch der Universität erlaubte disziplinarisch gegen SJP sowie Studenten vorzugehen, die in solche Vorfälle verwickelt sind.[7] Die Ermittler nahmen in ihrem Bericht keinen Bezug auf diese Regeln, was ihr zweiter struktureller Fehler war.

 

Die Universität hatte die Ermittler aufgefordert keine Vorfälle noch einmal zu untersuchen, die in der Vergangenheit bereits untersucht worden waren. Die Weise, wie die Ermittler dies handhabten, indem diese Ereignisse nicht gründlich diskutiert oder gar Schlussfolgerungen aus den Ermittlungen der Universität gezogen wurden, führte in dem Bericht zu einem dritten strukturellen Mangel. Gefordert war ein voller Ausblick auf den Antisemitismus an der CUNY. Das musste alle Vorfälle einbeziehen, egal ob es sich um eine erneute Untersuchung handelte oder nicht. Ohne das volle Inventar aller wichtigen antisemitischen Taten an der CUNY kann man kein Bild des Ernstes der Lage erhalten.

 

Ein wichtiger Vorfall, den der Bericht kaum erwähnt, betrifft ein antiisraelisches BDS-Forum, aus dem vier jüdische Studenten hinausgeworfen wurden. Die Ermittler gaben sogar zu, dass es unter vielen ihrer Interviews am Brooklyn College das am meisten diskutierte Thema war und „die Gemeinschaft stark beschäftigte“,[8] aber dennoch streiften sie es nur. Nach der IHRA-Definition ist BDS antisemitisch, da im Vergleich mit anderen Ländern zweierlei Maß gegen Israel angewendet wird.[9] Das ist nur einer von einer Reihe antisemitischer Vorfälle, mit denen auf diese Weise umgegangen wurde.

 

Die IHRA-Definition nennt Aufstachelung zu Gewalt gegen Juden eine antisemitische Tat.[10] In dem Bericht heißt es, dass „manche die Aufforderung zu einer Intifada durch SJP besonders übel nehmen könnten“.[11] Die Ermittler hätten stattdessen schreiben sollen, dass die Intifada ein Aufruf zur Gewalt und ausdrücklich antisemitisch ist. Dieser Aufruf zu Gewalt gefährdet das Gefühl der Sicherheit bei den Studenten, gegen die sie gerichtet ist. Trotzdem behaupten die Ermittler, dass die „CUNY das Wort nicht verbieten kann, egal, wie sehr man seine Verwendung bedauert“.[12]

 

Eine weitere Falle, in die Ermittler tappten, ist ihre Anwendung falscher moralischer Äquivalenz.[13] Ein Beispiel dafür findet sich dort, wo der Bericht sagt, dass Hillel unter anderem keine Partnerschaft mit Organisationen, Gruppen oder Rednern erlaubt, die Israels Existenzrecht bestreiten.[14] Mit anderen Worten: Hillel geht keine Partnerschaften mit Antisemiten ein, wie sie von der IHRA-Definition definiert werden.[15] Die Ermittler setzen Hillels Haltung mit der der SJP gleich, die es ablehnt mir jeder Organisation zusammenzuarbeiten, die Israel nicht verurteilt.[16] Zusätzlich ist SJP beschuldigt worden Gruppen auszugrenzen und diese Gruppen zu bedrohen[17] sowie zu Gewalt in Form der Intifada gegen Juden und Israelis aufzurufen, wie oben erörtert.[18] Die ZOA hat auf den Bericht mit einem Brief reagiert, der dies sowie viele weitere Versäumnisse des Berichts auflistet.[19]

 

Die wahre Bedeutung der Untersuchung der CUNY besteht darin, dass ihre strukturellen Mängel und faktisches Versagen Beschwerde führende Organisationen in Zukunft weit gezielter darin anleiten kann, wie Untersuchungen von Antisemitismus durchgeführt werden sollten. Das geht allgemein weit über Universitäten oder auch die Vereinigten Staaten hinaus.

 

[1] http://zoa.org/2016/02/10315402-letter-to-cuny-chancellor-and-board-of-trustees-jew-haters-spread-fear-at-cuny-colleges/

[2] Studenten für Gerechtigkeit in Palästina

[3] www2.cuny.edu/wp-content/uploads/sites/4/page-assets/news/newswire/assets/CUNYReport.pdf

[4] http://www.state.gov/j/drl/rls/fs/2010/122352.htm

[5] http://www.holocaustremembrance.com/media-room/stories/working-definition-antisemitism

[6] „Henderson-Regeln“ – http://www.mec.cuny.edu/Division-of-Student-Affairs/Student-Conduct-Policies/PDF/HendersonRules.aspx

[7] http://zoa.org/2016/09/10335934-zoa-appalled-by-cuny-report-student-rallies-call-for-death-to-jews-and-jews-out-of-cuny-yet-defended-as-lawful-and-no-consequences-recommended/

[8] www2.cuny.edu/wp-content/uploads/sites/4/page-assets/news/newswire/assets/CUNYReport.pdf

[9] http://www.israelnationalnews.com/Articles/Article.aspx/19646

[10] http://www.holocaustremembrance.com/media-room/stories/working-definition-antisemitism

[11] www2.cuny.edu/wp-content/uploads/sites/4/page-assets/news/newswire/assets/CUNYReport.pdf

[12] ebenda

[13] https://de.gatestoneinstitute.org/8646/israel-moralische-aequivalenz

[14] www2.cuny.edu/wp-content/uploads/sites/4/page-assets/news/newswire/assets/CUNYReport.pdf

[15] http://www.holocaustremembrance.com/media-room/stories/working-definition-antisemitism

[16] www2.cuny.edu/wp-content/uploads/sites/4/page-assets/news/newswire/assets/CUNYReport.pdf

[17] http://zoa.org/2016/09/10335934-zoa-appalled-by-cuny-report-student-rallies-call-for-death-to-jews-and-jews-out-of-cuny-yet-defended-as-lawful-and-no-consequences-recommended/

[18] www2.cuny.edu/wp-content/uploads/sites/4/page-assets/news/newswire/assets/CUNYReport.pdf

[19] http://zoa.org/2016/09/10335934-zoa-appalled-by-cuny-report-student-rallies-call-for-death-to-jews-and-jews-out-of-cuny-yet-defended-as-lawful-and-no-consequences-recommended/

 

 

Erstveröffentlicht von Heplev


Autor:
Bild Quelle:


Donnerstag, 01 Dezember 2016