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Der islamische Antisemitismus, die DITIB und der reduzierte Islam

Der islamische Antisemitismus, die DITIB und der reduzierte Islam


Bevor ich mit meinen Ausführungen über den islamischen Antisemitismus beginne, möchte ich zunächst einmal mehr klarstellen, dass es falsch und unangebracht wäre, sämtliche Muslime in diesem Punkt unter Generalverdacht zu stellen.

Der islamische Antisemitismus, die DITIB und der reduzierte Islam

von Giordano Brunello

 

Es existieren wohl Millionen von Muslimen, die überhaupt nicht antisemitisch sind, weder latent noch offen. Viele von ihnen pflegen Kontakte und Freundschaften zu Jüdinnen und Juden. Es gibt sogar eine grosse Zahl von Muslimen, die einen überaus positiven Bezug zum Staat Israel und zu den Israeli haben und sogar solche, die beim israelisch-palästinensischen Konflikt sich eher auf der Seite von Israel sehen. Ausnahmen sind sogar in ihrer äussersten Form möglich, etwa dann wenn sich Muslime selbst als Zionisten bezeichnen. Es gibt nichts, was es nicht gibt.

 

Die Existenz dieser Menschen, die ich vorhin erwähnt habe, soll allerdings nicht suggerieren, dass damit der Islam nicht antisemitisch wäre. Allein die Tatsache, dass sie gegenüber den Antisemiten in der islamischen Welt eine Minderheit bilden, kann einen solchen Rückschluss nicht zulassen. Es ist unzulässig,

aufgrund Beobachtungen bei einer ausgesprochenen Minderheit abzuleiten, der Islam sei nicht antisemitisch und diese Leute seien dafür der Beweis. Da der Islam durchaus antisemitisch ist, wie ich aufzeigen werde, zeigt das Vorhandensein dieser Minorität vielmehr auf, dass es durchaus möglich ist, muslimisch und nicht antisemitisch zu sein. Die Frage, die sich damit stellen wird und die ich weiter unten zu beantworten versuche, wird sein, weshalb es trotz des Antisemitismus im Islam eine doch sehr erhebliche Zahl von Muslimen gibt, die nicht antisemitisch ist.

 

Der islamische Antisemitismus ist ein originärer – d.h. von anderen Antisemitismen losgelöster und unabhängig entstandener – Antisemitismus. Er ist einerseits in allen möglichen Quellen des Islam vorzufinden: Im Koran, in den Hadithen, in der Sira, in den relevanten Kommentaren dieser Schriften,

in Fatwas (Rechtsgutachten) und in vielen Publikationen religiösen Inhalts. Ferner ist ihm in der gesamten uns bekannten Geschichte des Islam zu begegnen. Wir finden ihn in der Politik, in der Religion, im ganz gewöhnlichen Alltag, in der Kunst, in Karikaturen, in Büchern, schlicht überall, auch in der Gegenwart.

Meines Erachtens wäre es nicht richtig, den islamischen Antisemitismus unter Verweis auf die Existenz eines christlichen Antisemitismus zu entschuldigen oder zu verharmlosen. Selbstverständlich gibt es auch in der Bibel stark antisemitische Motive, insbesondere in den Briefen des Apostel Paulus aber auch anderswo im Neuen Testament. Hier können die entsprechenden Stellen nachgelesen werden. Diese waren ganz gewiss eine Mitursache dafür, dass Christen Juden über Jahrhunderte hinweg verfolgt und ermordet haben. Sie spielen allerdings in der heute gelebten christlichen Praxis, insbesondere in aufgeklärten europäischen Gesellschaften, keine oder zumindest nahezu keine Rolle. Damit meine ich, dass heute kaum ein katholischer Priester oder ein protestantischer Pfarrer unter Hinweis auf diese problematische Stellen im Neuen Testament Brandreden und Predigten gegen die Juden hält. Genau dasselbe lässt sich übrigens auch über die zahlreichen Gewaltpassagen im Alten Testament sagen, auf die immer wieder hingewiesen wird, um den Islam zu entschuldigen oder die Scharia zu verharmlosen. Die wenigsten christlichen Priester weltweit rufen heute zu Steinigungen auf, die im Alten Testament durchaus vorgesehen sind. Mir persönlich sind keine christlichen Geistliche bekannt, die unter Hinweis auf die Genozide, die im Alten Testament stattfinden, die Gläubigen zu solchen Schandtaten aufrufen würden.

 

Der islamische Antisemitismus hingegen wird (und wurde) nicht nur von einigen wenigen Extremisten gelebt und betrieben. Vielmehr finden wir ihn sogar bei den einflussreichsten und wichtigsten muslimischen Persönlichkeiten der Vergangenheit und der Gegenwart, die ihrerseits einen erheblichen Einfluss auf die muslimische Welt hatten oder haben. Zu diesen gehören beispielsweise Mohammed Amin al-Husseini, der einstige Grossmufti von Jerusalem, der sogar Mitglied der SS war. Erwähnenswert ist auch der gegenwärtige Scheich al-Azhar, Ahmad Mohammad al-Tayyeb, der ebenfalls ein flammender Antisemit ist, wie man hier nachlesen kann. Es gibt wenig Positionen im sunnitischen Islam, die an Einfluss und Bedeutung vergleichbar wären mit jenen dieser beiden Geistlichen, dies natürlich unter Berücksichtigung des zeitlichen Kontextes. Es handelt sich damit nicht um irgendwelche unbedeutende „Aussenseiter“. Über die Stellung des Scheich al-Azhar steht auf Wikipedia folgendes, was durchaus zutrifft: “Der Scheich al-Azhar gilt als eine der höchsten Autoritäten des sunnitischen Islam und der islamischen Rechtsprechung, einigen Muslimen als die höchste Autorität”.

 

Für einen Europäer, der sich bisher nur über die Printmedien und übers Internet mit dem Islam befasst hat, ist das Ausmass des Judenhasses im Islam kaum vorstellbar. Ein Buch, um dieses Manko zu beheben ist Andrew Bostoms „The Legacy of Islamic Antisemitism: From Sacred Texts to Solemn History“ aus dem Jahr 2008. Wie es sich aus dem Titel erraten lässt, handelt es sich bei diesem Werk um ein Quellenbuch, das beim Ursprung des islamischen Antisemitismus, namentlich beim Koran, anfängt und entsprechende antisemitische Stellen (selbstverständlich vollständig und im Zusammenhang) übersetzt; anschliessend kommen einige Hadithe, dann Stellen aus der Sira (kanonische fromme Prophetenbiographie), dann aber auch

Augenzeugenberichte aus späteren Jahrhunderten von Europäern, die in islamischen Ländern Beobachtungen von Übergriffen auf Juden machen konnten. Der Eindruck, der bei der Lektüre dieses Buches entsteht ist, dass der islamische Antisemitismus sich wie ein roter Faden durch die gesamte Geschichte des Islam ziehen lässt. Mit anderen Worten ist der islamische Antisemitismus nicht etwa die Folge des arabisch-israelischen Konflikts. Wenn schon handelt es sich dabei vor allem um eine der wichtigsten Ursachen des nicht endenden Streits. Es gab den islamischen Antisemitismus schon lange vor der Gründung des Staates Israel. Im Grunde genommen existiert er, seit es den Islam gibt.

 

Bereits in der Eröffnungssure des Koran, der al-Fatiha, werden die Juden negativ umschrieben. Diese Sure hat im Islam eine zentrale Bedeutung, weil sie das islamische Hauptgebet beinhaltet. Der gläubige Muslim, der die obligaten fünf Gebete des Tages verrichtet, wiederholt ihn mehrmals und bezeichnet dabei die Juden, ohne sie ausdrücklich zu nennen (wobei die Interpretation unumstritten ist) als jene, die dem Zorn Gottes verfallen seien. In den Ayat 6 und 7 der Sure heisst es:

 

„Führe uns den geraden Weg, den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast, nicht (den Weg) derer, die D(ein)em Zorn verfallen sind und irregehen!“

 

Unter den „Irregehenden“ sind übrigens die Christen gemeint, weil sie an die Gottessohneigenschaft Jesu glauben und nach islamischer Vorstellung seine wahre Natur verkennen, namentlich dass er ein Prophet gewesen sei und zwar ein Hanif, also ein muslimischer Monotheist.

 

Der Grund, weshalb die Muslime glauben, dass die Juden dem Zorn Gottes verfallen seien und mehrmals am Tag darum Gott bitten, dass sie bloss nicht so werden wie sie, ist im Koran selbst zu finden. Einerseits wird ihnen vorgeworfen, dass sie Gottes Zeichen verleugneten, dessen Gebote missachteten und Propheten ungerechterweise ermordeten (Sure 3:112) und andererseits wird ihnen auch vorgeworfen, nach ihrem Gutdünken die Thora verfälscht zu haben (Sure 2:75).

 

Dies bedarf einer Interpretation. Unter „Ermordung von Propheten“ ist nicht etwa die Kreuzigung Jesu zu verstehen, wie ein westlicher Leser womöglich erwarten würde, weil die Muslime nicht daran glauben, dass Jesus am Kreuz gestorben ist, dies obwohl die Kreuzigung Jesu und seine Taufe die wohl sichersten Informationen aus dem Leben des historischen Jesus darstellen. Deshalb reagieren gewisse Muslime auch so empfindlich, wenn sie ein Kreuz zu sehen bekommen. Es sind andere Propheten gemeint, die von den Juden ermordet worden seien. Mord ist aus islamischer Sicht ohnehin ein schweres Verbrechen und eine schwere Sünde. Prophetenmord ist jedoch eine erhebliche Steigerung davon, wobei sämtliche Juden – auch die heutigen – sich damit in einer Art muslimischen Sippenhaft für diese angeblichen Verbrechen befinden.

Unter der Thoraverfälschung, die ebenfalls eine schwere Sünde darstellt, ist zunächst die fehlende Erwähnung Mohammeds in der Thora zu verstehen, weil dessen Ankunft nach islamischem Verständnis bereits vorher angekündigt worden sei. Wenn Mohammed in der Thora fehlt, was durchaus zutrifft, können nach islamischem Verständnis nur die Juden dahinter stecken, die in ihrer Böswilligkeit Mohammed aus der Thora entfernt und damit ihre eigene Heilige Schrift verfälscht hätten. Aber auch Stellen der Thora, die mit dem Koran nicht übereinstimmen, werden als spätere jüdische Fälschungen betrachtet. Entsprechende Vorwürfe gibt es übrigens auch gegenüber den Christen.

 

In den Hadithen wird das Motiv des Prophetenmordes sogar auf den Tod von Mohammed selbst übertragen. Gemäss Hadith-Quellen, die nach islamischer Vorstellung als sahih und damit als besonders vertrauenswürdig und heilig gelten, sei Mohammed an den Spätfolgen eines Giftmordanschlags durch die Juden verstorben, die ihm nach der Eroberung Khaibars vergiftetes Hammelfleisch zum Essen angeboten hätten. Die entsprechenden Stellen aus Sahih Bukhari und Abu Dawud kann der Leser abrufen, indem er auf die Namen der Hadith-Sammlungen klickt.

 

In anderen Überlieferungen ist es eine Jüdin, die Mohammed versucht zu vergiften, wobei seine Begleiter auf der Stelle umkommen, die vom gleichen Fleisch gegessen hätten. Der Giftanschlag sei im Übrigen ein Test gewesen, um festzustellen, ob Mohammed tatsächlich ein Prophet sei. Nachdem Mohammed gemäss Überlieferung zunächst überlebt, wird nach islamischer Vorstellung seine Propheteneigenschaft bewiesen. Er stirbt aber dennoch an den Folgen, womit das Prophetenmordmotiv im Kontext des islamischen Antisemitismus sogar beim Propheten des Islam erfüllt wird. Wie schwerwiegend der Vorwurf ist, dass Mohammed an den Folgen eines Giftmordanschlags durch die Juden umgekommen sei, muss hier wohl kaum näher erörtert werden.

 

Eine Hadith-Überlieferung ist allerdings derart schwerwiegend wie keine andere. Sie ist mehrfach – sowohl in Sahih Muslim als auch in Sahih Bukhari – übermittelt. Der Prophet befiehlt dabei den Muslimen, die Juden zu bekämpfen, d.h. sie zu töten. Die Stunde des Jüngsten Gerichts würde so lange nicht eintreten. Ganz am Schluss würden sich die Juden hinter Steinen und Bäumen verstecken und diese würde dem Muslim zurufen, dass sich hinter ihnen ein Jude verstecke; der Muslim soll kommen und ihn töten.

 

Ich möchte eine Besonderheit dieser Hadith-Überlieferung, die in zwei der heiligsten Schriften des Islam gleich mehrfach zitiert wird, hervorheben. Im Islam ist die Stunde des Jüngsten Tages die Heilserwartung schlechthin und zwar durch

 

  1. Zerstörung jeglichen Lebens
  2. Auferstehung
  3. Gericht

 

Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die Vernichtung aller Juden Voraussetzung für diese Heilserfüllung ist und deshalb soll jeder Muslim Juden töten, bis sich die letzten hinter Steinen und Bäumen verstecken, wobei sich diese ganz am Schluss mit den Muslimen solidarisieren würden, um diese Aufgabe zu erfüllen, die der Prophet dem Gläubigen befohlen hat.

 

Diese Hadith-Überlieferung aus zwei der wichtigsten Quellen der Scharia ist insofern auch von höchst aktueller Bedeutung, weil sie in Art. 7 der Hamas Charta wiedergegeben wird. Die Hamas versteht sich gemäss Art. 2 derselben Charta als Teil der Internationalen Muslimbruderschaft:

 

„The Islamic Resistance Movement is one of the wings of Moslem Brotherhood in Palestine. Moslem Brotherhood Movement is a universal organization which constitutes the largest Islamic movement in modern times. It is characterised by its deep understanding, accurate comprehension and its complete embrace of all Islamic concepts of all aspects of life, culture, creed, politics, economics, education, society, justice and judgement, the spreading of Islam, education, art, information, science of the occult and conversion to Islam.“

 

Nachdem die Hamas in der Türkei unter Erdoğan sein Hauptquartier unterhält, nachdem Erdoğan sich nach dem Sturz Mursis mit diesem solidarisiert hat und Israel für den Umsturz in Ägypten verantwortlich macht und nachdem das damals von ihm erfundene R4bia-Zeichen mittlerweile zu seinem eigenen Diktator-Gruss mutiert ist, dürften meines Erachtens keine Zweifel darüber bestehen, dass auch Erdoğan Teil dieser internationalen Muslimbruderschaft ist und der antisemitischen Ideologie dieser islamofaschistischen Organisation nahesteht. Nachdem er auch öffentlich für die Eroberung Jerusalems geschwärmt hat, dürften sich die letzten Einwände, wonach er kein Antisemit sei, in der Luft aufgelöst haben.

 

Es ist daher überhaupt nicht erstaunlich, dass in DITIB-Moscheen antisemitische Predigten gehalten werden, oder wenn DITIB-Funktionäre und/oder –Imame antisemitische Hetze in den sozialen Medien betreiben. Der Antisemitismus ist nämlich nicht nur in den heiligsten Quellen des Islam vorhanden, was diesen Leuten eine solide theologische Grundlage gibt. Vielmehr ist er auch Bestandteil der gelebten Ideologie der Muslimbruderschaft, die dabei nichts anderes tut, als den Regeln des Islam zu folgen, wie es auch nicht anders zu erwarten wäre.

 

Nach diesen Ausführungen möchte ich folgende Tatsachen feststellen:

 

  1. Der originäre islamische Antisemitismus ist ein fester Bestandteil des Islam. Er ist in den heiligsten Quellen dieser religiösen Ideologie vorhanden. Dieser Antisemitismus geht so weit, dass die Ermordung aller Juden als Voraussetzung für die islamische Eschatologie am Jüngsten Tag angesehen wird. Es existieren zahlreiche weitere Stellen in den islamischen Quellen, die einerseits massiv antisemitisch sind und andererseits Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung gegenüber Juden nicht nur rechtfertigen sondern sogar dazu aufrufen.
  2. Es kann ausgeschlossen werden, dass in einer muslimisch geprägten Gesellschaft, insbesondere in einer, wo die Scharia überhaupt nicht eingeschränkt wird und diese islamischen Quellen damit eine Rolle spielen können und dürfen, derartige antisemitischen Inhalte des Islam nicht verbreitet und gelebt werden. Sie sind nun einmal vorhanden.
  3. Die Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung von Juden in Scharia-Gesellschaften finden nicht bloss in der Theorie statt. Die meisten muslimisch geprägten Länder sind mittlerweile entweder ganz oder fast „judenrein“. Diesen aus dem Nazivokabular entlehnten Begriff verwende ich bewusst, um auf die Erheblichkeit dieses Genozids hinzuweisen. Wichtig dabei ist die Feststellung, dass die Vernichtung des jüdischen Lebens in Scharia-Gesellschaften schon immer stattfand und zwar seit es den Islam gibt. Besonders intensiv wurden diese scheußlichen Übergriffe in der Neuzeit insbesondere, als die Araber den arabischen Nationalismus entdeckten und nicht erst dann, als Israel gegründet wurde. In diesem sehenswerten Dokumentarfilm (“The Forgotten Refugees”) wird auf eindrückliche Art und Weise an diese Ereignisse erinnert.

 

Nach diesen Feststellungen möchte ich wieder an den Anfang meiner Abhandlung zurückkommen. Es stellt sich die Frage, weshalb nicht alle Muslime nach den im Islam klar vorgegebenen antisemitischen Grundsätzen denken und teilweise sogar völlig gegenteilige Werte in sich tragen.

 

Die Antwort darauf ist meines Erachtens nicht im Islam zu suchen sondern in der Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit dieser Muslime in erster Linie nicht nach islamischen sondern nach westlichen Grundsätzen erzogen wurde. Sie sind genauso Kinder der Aufklärung und des europäischen Humanismus wie die allermeisten Europäer. Der Islam, der ihnen – sofern überhaupt – vermittelt wurde, beinhaltete keine antisemitischen Botschaften und Befehle. Es handelte sich um einen reduzierten Islam, der insbesondere vom Staat auf einen zivilisatorisch erträglichen Zustand minimiert worden war, bei welchem auch antisemitische Inhalte keinen oder nur sehr selten Platz hatten. Nur durch diese inhaltliche Einschränkung der Religion durch den Staat, mit der der Islam bei seiner Verbreitung und seiner Praxis vom zivilisationsfeindlichen Ballast befreit worden war, konnten diese Menschen sich zu jenen Individuen entwickeln, die trotz ihrer Zugehörigkeit zum Islam, keine Antisemiten sind. Mehr noch: Sollten solche Muslime sich unter den Lesern dieser Zeilen befinden, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie von den haarsträubenden Inhalten, die sie hier lesen konnten, zum ersten Mal gehört haben. Das betrifft insbesondere Menschen aus der Türkei, die vor der von Erdoğan angezettelter Islamisierung des Landes in der Türkei aufwuchsen und schon immer ein säkulares Leben führten.

 

Zum Schluss möchte noch folgendes unterstreichen. Die Tatsache, dass es in der islamischen Welt Dinge wie Säkularismus und Zivilisation überhaupt existieren konnten, die seit Ende der Siebzigerjahre mit der Renaissance der Scharia leider massiv zurückgedrängt wurden, hat mit massiven staatlichen Eingriffen in den Islam zu tun, die in diesen Gesellschaften zuvor stattfanden. Diese Eingriffe würden nach vorherrschender westlicher Rechtsauffassung klare Verletzungen der Religionsfreiheit darstellen. Mit anderen Worten würde es heute nahezu keine westlich orientierte und liberale Muslime geben, wenn die Scharia durch den Staat nicht reduziert worden wäre, was man in Europa partout nicht haben will, ausser wenn die Scharia ganz offensichtlich gegen die eigene Rechtsordnung verstösst wie etwa beim Fall der Vielehe und Minderjährigenheirat.

 

Den in europäischen islamischen Gemeinden und Gesellschaften aktiv gelebten islamischen Antisemitismus aber wollen westliche Staaten nicht unterbinden. Jedenfalls haben sie keine Anstalten unternommen, um effektiv etwas dagegen zu tun. Mit Kritik allein lässt sich dieses Problem jedenfalls nicht beheben, weil diese Kritik gegen eine Wand läuft, die auf solider theologischer Grundlage steht.

 

Durch dieses fehlgeleitete Religionsfreiheitsverständnis, der nicht nur den Problembereich des islamischen Antisemitismus umfasst, konnten sich Europa Scharia-Parallelgesellschaften bilden, die mittlerweile nicht nur unsere eigenen freiheitlichen Gesellschaften bedrohen. Vielmehr konnten sich dadurch die Islamisten in Ausnutzung der Freiheitsrechte, die in Europa gelten, ihre totalitäre und antisemitische Ideologie vermehren und diese sogar in ihre islamische Herkunftsländer zurückimportieren, um die dort vorherrschenden Verhältnisse zu verändern, sprich die Gesellschaften zu islamisieren. Ohne den in Deutschland entstandenen Milli Görüş hätte es Erdoğan und die heutige Türkei unter ihm nie gegeben. Trotz dieser einschlägigen Erfahrung und trotz der Tatsache, dass in Deutschland prozentual mehr türkische Islamisten leben als in der mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit islamisierten Türkei weigert sich Deutschland auch heute, diese Fehler aus der Vergangenheit zu erkennen und die Verbreitung vom totalitären Gedankengut durch Islamisten zu verhindern. Wie so oft verweist er dabei auf die Grundrechte.

 

Meines Erachtens ist es für westliche Gesellschaften zwingend notwendig, die Scharia per Gesetz und nötigenfalls durch Verfassungsänderung einzuschränken, weil die Unzulänglichkeiten, die im Islam zu finden sind, sich nicht „bloss“ auf den Antisemitismus beschränken, den ich in dieser Abhandlung besprochen habe. Ohne diese Reduktion, die staatlich durchgesetzt werden muss, wie dies schon immer der Fall war, wo sich Muslime zu zivilisierten Menschen entwickeln konnten, wird der Islam zu einem Dauerproblem in westlichen Gesellschaften werden, wenn dies nicht bereits jetzt schon der Fall ist. Was sicher nicht erwartet werden darf ist, dass sich derartige Probleme über den Islam lösen lassen, insbesondere durch staatlich geförderten Islamunterricht oder durch Toleranz gegenüber der Scharia. Ein solches Unterfangen ist von Vornherein zum Scheitern verurteilt, weil im Islam diejenigen, die als Extremisten wahrgenommen werden, in theologischer Hinsicht meistens die wesentlich besseren Karten haben als die Gemässigten, weshalb die Ansichten der Gemässigten sich niemals zu einer Mehrheitsmeinung in der islamischen Welt entwickeln können, ausser wenn sie autoritativ vom Staat durchgesetzt werden.

 

 

 

Erstveröffentlicht bei Freiheit oder Scharia - Foto: Eine radikale Islamistin zeigt ohne Umschweifungen ihre Meinung


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Sonntag, 02 April 2017