Europawahl: Hingehen, wählen, unbedingt!

Europawahl: Hingehen, wählen, unbedingt!


Die Analysen meines Freundes Roger Letsch schätze ich sehr. Meistens stimme ich mit ihm völlig überein. Das trifft auch auf seinen Beitrag vom 9. Mai `Europawahl: Meine Stimme für niemand!´ zu.

Europawahl: Hingehen, wählen, unbedingt!

Von Vera Lengsfeld

Seiner Analyse des inhaltsleeren Wahlkampfs, der explosiven Fehler der bisherigen Europapolitik stimme ich 100-prozentig zu. 

„Die Risiken durch Handelskriege, gleichzeitiges USA-Bashing, China-Angst und Russland-Embargo, Staatsschulden, erodierende Banken, Eurorettung und diverse weitere politische Fehlentscheidungen sind ohnehin explosiver als alles, was die Chemie an Sprengstoffen bereithält.“

Roger Schlussfolgerung, am 26. Mai nicht zur Wahl zu gehen, halte ich jedoch für ganz falsch, auch wenn sie der gegenwärtigen europäischen Stimmung entspricht. Es wird, besonders in Frankreich, mit einer historischen Wahlverweigerung gerechnet. Das wird die Eurokraten nicht stoppen. Sie haben sich bereits so weit vom Wählerwillen entfernt, dass der Spruch zutrifft: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“. Das Eingeständnis Jean-Claude Junckers, das man lügen müsse, wenn es ernst wird, ist längst zur Handlungsmaxime der Eurokraten geworden.

Die Herrschenden merken sehr wohl, dass der Wind ihnen scharf ins Gesicht weht. Deshalb wird immer wieder beschworen, dass diese Wahl eine „Schicksalswahl“ sei. Tatsächlich haben es die Wähler – vielleicht zum letzten Mal – in der Hand, den „glühenden Europäern“, die gerade dabei sind, den Kontinent zu ruinieren, einen Dämpfer zu versetzen. Je weniger Sitze die „europäische Einheitsfront“ im Europäischen Parlament bekommt, desto schwerer wird ihr das „weiter so“ gemacht. Wenn ein Zug mit voller Kraft auf ein Gebirgsmassiv zuhält, sollte man alle Bremsmöglichkeiten nutzen. Abspringen können wir nicht. 

Es sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein 

Anders als der Deutsche Bundestag, der in den letzten Wahlen immer mehr aufgebläht wurde, hat das Europäische Parlament eine fest begrenzte Sitzzahl. Bei der Europawahl gibt es keine Prozenthürde. Damit haben Kleinstparteien die Chance, einen Sitz zu bekommen. Bei der Auswahl der angetretenen Parteien sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein. 

Es gibt zum Beispiel eine Partei, die sich für Volksabstimmungen stark macht, eine für den Tierschutz, für die Alten, für die Familie, für den Humanismus. Es gibt die Piraten, die Freien Wähler, die Humanisten, die direkten Demokraten. Je mehr kleine Parteien Sitze erhalten, desto weniger Abgeordnete können die Altparteien nach Brüssel schicken. Das ist das Einzige, was ihnen wirklich weh tut!

In einer kleinen Partei schaut die Basis in der Regel auch genauer hin, was ihre Vertreter in Brüssel treiben. Da gibt es noch so etwas wie Rechenschaftspflicht. Selbst wenn deren Vertreter tatenlos in Brüssel herumsitzen sollten, ist das immer noch besser, als die Altparteien zu stärken.

Jeder Bürger hat eine Stimme. Die sollte er einsetzen und nicht wegwerfen. Nur wenn eine genügende Anzahl von Wählern einen Stopp signalisiert, werden Veränderungen möglich.

Wer schweigt, stimmt zu!

 

Link zum Thema

Vera Lengsfeld, Publizistin, war eine der prominentesten Vertreterinnen der demokratischen Bürgerrechtsbewegung gegen die "DDR"-Diktatur, sie gehörte 15 Jahre dem Deutschen Bundestag als Abgeordnete der CDU an. Sie publiziert u.a. in der Achse des Guten und in der Jüdischen Rundschau.


Autor: Vera Lengsfeld
Bild Quelle:


Mittwoch, 15 Mai 2019