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Juden und Labour - was kann die Zukunft bringen?

Juden und Labour - was kann die Zukunft bringen?


Am 4. April wählte die britische Labour Party einen neuen Parteivorsitzenden – Sir Keir Starmer.

Juden und Labour - was kann die Zukunft bringen?

Von Dr. Manfred Gerstenfeld

Er erhielt 56% der Stimmen gegen zwei Mitbewerber. Starmer führte sofort an, dass er das Vertrauen der jüdischen Gemeinschaft in der Labour Party wieder aufbauen wolle. Er sagte, er wollte „den Schmerz anerkennen, den die Labour Party Juden in den letzten Jahren zugefügt hat: Antisemitismus ist ein Fleck auf der Weste unserer Partei gewesen… Ich will mich erneut entschuldigen und meine Zusage bekräftigen dieses Gift mit seiner Wurzel zu beseitigen… Ich weiß, dass ich am Ende nicht nur daran gemessen werde, was ich sage, sondern was ich tue.“[1] Starmer fügte hinzu, dass er mit den Leitern der jüdischen Gemeinschaft darüber reden werde, „wie wir zusammenarbeiten kann, um den Antisemitismus aus der Labour Party auszumerzen“.

Der scheidende Labour-Parteichef Jeremy Corbyn hatte sich als Freund und Bruder der völkermörderischen, antisemitischen Organisationen Hamas und Hisbollah bezeichnet.[2] Unter seiner Führung hörten die meisten bisherigen jüdischen Labour-Wähler auf, die Partei zu unterstützen. Eine Meinungsumfrage bei Juden fand 2019 heraus, dass 86% der Befragten glaubten, es gebe bei Mitgliedern der Labour Party und ihrer gewählten Repräsentanten ein hohes Maß an Antisemitismus.[3]

Die beiden wichtigsten jüdischen Dachorganisationen suchen die Aussöhnung. Der Jewish Leadership Council und das Board of Deputies bestanden darauf, dass von denen, die für die Labour-Führung kandidierten einige Bedingungen erfüllt werden müssten. Starmer und die beiden anderen Bewerber Rebecca Long-Bailey und Lisa Nandy akzeptierten diese. Angela Rayner, die gewählte Vizevorsitzende, verpflichtete sich ebenfalls diese Bedingungen zu erfüllen. Zwei andere, erfolglos für den Posten Kandidierende lehnten dies ab.

Das Board of Deputies legte 10 Forderungen vor, die von Kandidaten für die Labour-Führung unterschrieben werden sollten. Dazu gehörte, dass die Kandidaten versprechen, innerhalb einer begrenzten Zeit ungeklärte Fälle von Antisemitismus-Vorwürfen zu lösen. Die Kandidaten wurden aufgefordert die Disziplinarprozesse zu den Anzeigen durch eine unabhängige Stelle zu untersuchen und Transparenz in den Beschwerdeverfahren sicherzustellen. Zu weiteren Forderungen gehörte, dass prominente Täter nicht wieder in die Partei aufgenommen werden. Darüber hinaus sollte denen keine Bühne mehr gegeben werden, die wegen Antisemitismus suspendiert wurden; zudem müssen Kandidaten zustimmen die Antisemitismus-Definition der Internationalen Holocaust-Gedenkallianz (IHRA) in Gänze anzuerkennen. Die Kandidaten müssen ebenfalls die Einrichtung eines Antirassismus-Bildungsprogramms akzeptieren, das von der Jewish Labour Movement (JLM) genehmigt wurde, was zu einer Ausbildung führen soll. Zu den zehn Forderungen gehörte, dass die Partei mit jüdischen Hauptrepräsentanten und nicht mit Randorganisationen in Kontakt tritt. Schließlich wird vom Labour-Führer erwartet persönliche Verantwortung für die Beendigung der Antisemitismus-Krise zu übernehmen.[4]

Starmer betonte an seinem ersten Tag im Amt seine familiäre Beziehung zur jüdischen Gemeinschaft. Er führte an, dass seine Frau Jüdin und Mitglied einer Synagoge sei. Er sagte auch, dass er Verwandte in Israel hat. Weiterhin sagte er, er unterstütze das Recht Israels als jüdisches Heimatland zu existieren.[5]

Trotz all dem ist Starmer in der Vergangenheit kritisiert worden, als er Mitglied von Corbyns Schattenkabinett war und es versäumte etwas gegen Antisemitismus zu unternehmen. Die Daily Mail zitierte einen Freund des verstorbenen Rabbi David Goldberg, der ihm gesagt hatte: „Ich bin sehr enttäuscht von Keir Starmer. Insbesondere, weil seine Frau und Kinder Mitglieder meiner Synagoge sind. Es ist ihre Gemeinde, die bedroht wird und trotzdem hat er so wenig unternommen. Das ist armselig.“[6] Starmer ist außerdem Mitglied der Labour Friends of Palestine and the Middle East. Es gibt in seiner Vergangenheit weitere dunkle Flecken.[7]

Starmers Hauptziel besteht darin die Labour Party bei den nächsten Wahlen zum Sieg zu führen. Das Antisemitismus-Problem zu bereinigen würde einen großen Teil der negativen Medien-Publicity beseitigen. Corbyn hatte als Parteichef in vielerlei Hinsicht versagt. Nicht einmal unter Corbyns Führung war Antisemitismus der Schlüssel für die Wahlniederlage der Partei. Er war allerdings Ursache für unangenehme Hintergrundgeräusche.

Es gibt einen weiteren Grund dafür, dass Starmer alles ihm Mögliche tun wird, um das Antisemitismus-Problem aus dem Weg zu schaffen. Es wird erwartet, dass die Equality Human Rights Commission (EHRC) in den kommenden Monaten ihren Bericht über die Untersuchung der Labour Party vorlegen wird.[8] Starmer wird in einer Position sein wollen, in der er behaupten kann, dass seit Beginn der Untersuchung wichtige Fortschritte gemacht worden seien.

Inzwischen ist eine weitere, nicht vorhersehbare Hürde aufgetaucht. Ein großer, nicht redigierter interner Bericht ist in die Medien gelangt. Darin wird behauptet, dass die Beschwerdeabteilung funktionsgestört ist. Diese Abteilung war mit Anhängern des früheren Labour-Parteichefs Tony Blair besetzt. Diese Leute, heißt es, unternahmen ihr Möglichstes, um Corbyn zu schädigen. Der Bericht erklärt es stimme, dass die Abteilung mit Antisemitismus-Anzeigen nicht wirkungsvoll umging. Doch genau das war auch bei allen anderen Anzeigen der Fall.

Die Veröffentlichung des Berichts hat möglicherweise die Privatsphäre mehrerer Angestellter der Labour Party verletzt. Labour legte der EHRC diesen Bericht nicht vor. Aber ein Einzelner hat veröffentlicht, dass er das gemacht hat.[9]

Selbst wenn die Partei unter Starmer die zehn Bedingungen der jüdischen Organisationen erfüllt, fragt man sich, ob viele Juden wieder für Labour stimmen werden. Die Aussöhnung ist eine weithin symbolische Sache. Juden stellen nur 0,4% der britischen Bevölkerung. Bestenfalls haben ihre Stimmen in ein paar wenigen Wahlkreisen Einfluss. Weit wichtiger für Labour ist, dass jüdische Repräsentanten aufhören zu sagen, die Partei sei institutionell antisemitisch.

Es bleiben Handicaps für bewusste Juden, die Labour wählen wollen. Die Partei hat viele Mitglieder, die Corbyn positiv sehen. Sie haben sich in der Momentum Group organisiert. Es gibt sogar im Schattenkabinett eine Reihe Corbynisten.

Es gibt ein weiteres Problem, das in den Vordergrund gerückt werden sollte. 2014 brachte Labour im Unterhaus einen Antrag ein, dass das Vereinte Königreich Palästina anerkennen solle. Er wurde mit einer gewaltigen Mehrheit angenommen.[10] Die Palästinenser haben weiterhin alle israelischen Friedensvorschläge zurückgewiesen.

Ein Jude, der für Labour stimmt, stimmt für eine Partei, die ein Volk anerkennen will, dessen größte Partei, die Hamas, Völkermord an Juden verüben will. Die zweitgrößte Partei, die Fatah, belohnt Mörder israelischer Bürger. Lisa Nandy war eine der Abgeordneten, die für den Antrag stimmten. Trotzdem unterstützte die Jewish Labour Movement (JLM) sie bei ihrem gerade erfolglosen Versuch die Wahl zum Labour-Parteivorsitz zu gewinnen. Juden, die in der Zukunft für Labour stimmen, können sich nicht darauf berufen unschuldig zu sein und das gilt auch für JLM-Mitglieder.

[1] www.standard.co.uk/comment/comment/i-apologise-to-the-jewish-community-rebuilding-your-trust-starts-now-a4408901.html

[2] https://foreignpolicy.com/2018/10/03/jeremy-corbyn-has-a-soft-spot-for-extremists-ira-hamas-hezbollah-britain-labour/

[3] www.survation.com/new-polling-of-british-jews-shows-tensions-remain-strong-between-labour-and-the-british-jewish-community/

[4] www.thejc.com/news/uk-news/board-of-deputies-demands-labour-leadership-contest-race-candidates-sign-up-to-pledges-antisemitism-1.495274

[5] http://www.timesofisrael.com/keir-starmer-elected-uk-labour-chief-apologizes-to-jews-for-party-anti-semitism/

[6] www.dailymail.co.uk/news/article-8186219/Sir-Keir-question-cowardice.html

[7] www.timesofisrael.com/keir-starmer-elected-uk-labour-chief-apologizes-to-jews-for-party-anti-semitism/

[8] www.thejc.com/news/uk-news/ehrc-s-into-labour-antisemitism-on-going-despite-coronavirus-outbreak-1.498205

[9] https://consortiumnews.com/2020/04/21/on-that-leaked-report-on-uk-labour-anti-semitism/

[10] https://publications.parliament.uk/pa/cm201415/cmhansrd/cm141013/debtext/141013-0004.htm

 

Heplev - Foto: Als Vorsitzender hatte Corbyn die Labour-Partei immer mehr in Richtung Antisemitismus geführt - nach der katastrophalen Niederlage seiner Partei bei den letzten Parlamentswahlen trat er von allen Parteiämtern zurück.


Autor: Dr. Manfred Gerstenf
Bild Quelle: Sophie J. Brown / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)


Dienstag, 12 Mai 2020