In Erinnerung an Theo van Gogh

In Erinnerung an Theo van Gogh


Vor sechszehn Jahren, am 2. November 2004 wurde der niederländische Filmregisseur, Publizist und Satiriker Theo van Gogh auf offener Straße ermordet.

In Erinnerung an Theo van Gogh

Von Gerd Buurmann

Sein Mörder war ein islamischer Fundamentalist.

Van Gogh war mit dem Fahrrad unterwegs ins Filmstudio, als er von einem Mann eingeholt wurde, der sofort auf ihn zu schießen begann. Als van Gogh am Boden lag, schnitt ihm der Attentäter die Kehle durch und stieß mit zwei Messerstichen ein fünfseitiges Bekennerschreiben in seinen Körper, das eine Morddrohung an Ayaan Hirsi Ali enthielt.

Mit Ayaan Hirsi Ali produzierte er einen seiner letzten Filme: „Submission“. Der Film handelt von vier islamischen Frauen, die über ihre Missbrauchserfahrungen sprechen. In dem Film werden verschleierte Gesichter und durchsichtig bekleideten Körper mit fünf Suren aus dem Koran beschrieben, die Frauen zur Unterwerfung unter ihren Ehemännern auffordern. Die weiblichen Körper sind gezeichnet von Schlägen und Striemen durch Peitschenhiebe. Diesen Film gab der Mörder van Goghs als Grund für seine Mordtat an. Der Mörder sagte bei seinem Prozess aus, als Muslim dürfe er jedem „den Kopf abhacken“, der Allah beleidige. Auch sagte er: „Ich würde es wieder tun“.

Kennen Sie dieses Kunstwerk?

Es heißt „Piss Christ“ und stammt aus dem Jahr 1987. Es wurde von dem amerikanischen Künstler Andres Serrano gemacht und zeigt ein Kruzifix, das in einem Glas mit Urin schwimmt. Das Kunstwerk war Gewinner des „Awards in the Visual Arts“. Der Wettbewerb wurde vom Center for Contemporary Art’s organisiert und wurde mit staatlichen Mitteln gefördert.

Der Künstler wurde nicht ermordet! Das Kunstwerk sorgte nur für etwas Unruhe. Die katholische Nonne Wendy Beckett verteidigte das Kunstwerk sogar und sagte, das Kunstwerk zeige „was wir Christus angetan haben“.

Stellen wir uns mal vor, was geschehen wäre, hätte es auch einen „Piss Mohammed“ gegeben. Es hätte weltweite Ausschreitungen gegeben, die in Mord und Totschlag eskaliert wären. Arabische Minister hätten ein Kopfgeld auf den Künstlern ausgelobt und Botschaften und Flaggen hätten gebrannt. „Piss Christ“ allerdings wurde von der amerikanischen Regierung mit 15.000 Dollar gefördert. Bei einem „Piss Mohammed“ wäre die amerikanische Regierung bestimmt aufgefordert worden, das Kunstwerk zu verdammen und das deutsche Feuilleton wäre außer sich vor Wut.

Am 1. Januar 2010 wurde auf den dänischen Zeichner Kurt Westergaard ein Mordanschlag versucht, weil er eine Mohamed-Karikatur gezeichnet hatte. Nur fünf Tage später schrieb Eugen Röttinger von der Südwestpresse:

„Westergaard wollte bewusst provozieren. Und er provoziert, fern jeder Verantwortung unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit, munter weiter: Für ihn sponsort pauschal der Islam den Terror. Er ist mindestens (sic!) so verblendet wie sein Attentäter. Deshalb sind beide gefährlich.“

Am 7. Januar 2015 wurden elf Menschen in der Redaktion des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo kaltblütig niegergeschossen, weil sie es gewagt hatte, Witze über den Islam zu machen. Nach dem mörderischen Anschlag schrieb Bernd Matthies im Tagesspiegel, an dem Vorwurf, der getötete Chefredakteur von Charlie Hebdo, Stéphane Charbonnier, sei ein sturer Dickkopf gewesen, der seine Redaktion in den Tod getrieben habe, sei „irgendwie was dran“. Matthies fügte hinzu, die Redaktion Charbonniers habe „zur Eskalation beigetragen“, indem sie „auf jeden Protest, jede Drohung und schließlich den Brandanschlag 2011 mit neuem, schärferem Spott“ geantwortet habe.

Dieser Vorwurf Matthies ist wie der Vorwurf an eine vergewaltigten Frau, sie habe mit ihrer Kleidung zur Vergewaltigung beigetragen. So sehen es jedenfalls auch die Mörder von Charlie Hebdo, die daher ihre Frauen, wenn überhaupt, nur verhüllt aus dem Haus gehen lassen! Bernd Matthies gibt zu bedenken, wer „beschließt, ein offensichtlich vorhandenes religiöses Gefühl einmal nicht zu verletzen, der ist damit noch lange kein Feind der Pressefreiheit. Sondern er kann durchaus ein Freund der Vernunft sein.“

Wer vor Mördern kuscht, ist vernünftig, sagt Bernd Matthies. Das hören Faschisten, die Flüchtlingsheime anzünden oder Nazis, die Synagogen angreifen, sicher gerne. Ein Neonazi hätte es es vermutlich so formuliert:

„Wer beschließt, ein offensichtlich vorhandenes deutschnationales Gefühl einmal nicht zu verletzen, der ist damit noch lange kein Feind der Pressefreiheit. Sondern er kann durchaus ein Freund der Vernunft sein.“

Das Recht auf Spott ist ein Menschenrecht, vor allem, wenn sich der Hohn gegen Herrschende richtete. Mit über 1,6 Milliarden Muslimen auf der Welt und diversen Ländern, die nach der Scharia leben, ist der Islam eine der mächtigsten Ideologien der Welt. Der Islam ist kein Opfer. Der Islam herrscht!

Den Herrscher Islam zu kritisieren, vor allem in Anbetracht der brutalen und unmenschlichen Verbrechen, die im Namen dieser Religion zum Teil sogar von Staats wegen begangen werden, ist beißender Spott geradezu aufklärerische Pflicht.

Eines der erfolgreichsten Musicals des Broadways ist „The Book of Mormon“. Es hat neun Antoinette Perry Auszeichnungen für exzellentes Theater erhalten. In dem Stück werden Mormonen bis auf das äußerste verarscht! Das bekannteste Lied des Musicals heißt: „Hasa Diga Eebowai!“ Es bedeutet: „Fick Dich Gott!“ und wird von Bewohnern eines durch einen brutalen Warlord unterdrückten Dorfs gesungen. Der Text des Liedes lautet übersetzt so: „Wenn die Welt dich runterzieht und da ist niemand, dem Du die Schuld geben kannst, erhebe Deinen mittleren Finger zum Himmel und verfluche seinen elenden Namen! Wenn Gott Dich in Deinen Hintern fickt, fick ihn zurück in seine Fotze!„

Stellen wir uns nur mal vor, so würde Allah gesungen werden.

Es gibt nicht nur lediglich verschiedene Kulturen. Es gibt bessere und schlechtere Kulturen. Wenn ich die Werte der Scharia mit den Werten des Westens vergleiche, ist meine Meinung klar; möge sie auch noch so subjektiv sein: Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung der Geschlechter, Kunstfreiheit, Freiheit der Wissenschaft, Religionsfreiheit und die Mormonen sind besser als der Islam.

Ja, Mormonen sind besser! Weil sie keine Ausschreitungen provozieren, keine Fahnen verbrennen, keine Todesurteile ausrufen und keine Morde verüben, nur weil ihr Glaube verarscht wird. Mormonen tolerieren „The Book of Mormon“. Eine Komödie über den Koran hingegen ist unvorstellbar, weil man befürchten muss, ermordet zu werden, wenn man das Falsche über den Islam sagt.

Die offizielle Antwort der Mormonen-Kirche auf das Musical war von einer beeindruckenden Gelassenheit geprägt. Die offizielle Kirche der Mormonen erklärte, das Stück „The Book of Mormon“ könne zwar für einen Abend unterhalten, das wahre Buch Mormon jedoch würde das ganze Leben durch Jesus verändern. Die Autoren des Musicals, Trey Parker und Matt Stone, kommentierten diese Reaktion wie folgt:

„Das ist eine coole, amerikanische Antwort auf eine Verarsche – ein großes Musical, das in ihrem Namen erschaffen wurde. Bevor die Kirche reagierte, kamen ein Menge Leute zu uns und fragten: „Haben Ihr keine Angst davor, was die Kirche sagen wird?“ Trey und ich sagten bloß: „Sie werden cool bleiben.“ Und die Leute sagten: „Nein, werden sie nicht. Sie werden protestieren.“ Und wir sagten: „Nein, werden sie nicht, sie werden cool bleiben.“ Wir waren also nicht von der Reaktion der Kirche überrascht. Wir glaubten an sie.“

Bei „The Book of Islam“ hätte das anders ausgesehen. Islamisten hätten Flaggen verbrannt, Botschaften gestürmt, getobt, gewütet, gemordet und die Süddeutsche, die Zeit und die amerikanische Regierung hätte Verständnis gezeigt. Dieses Verständnis für den Islamismus ist jedoch purer Rassismus.

Während bei Christen allgemein davon ausgegangen wurde, dass die Mehrheit sehr wohl mit harscher Kritik und sogar mit Beleidigungen des eigenen Glaubens leben kann, werden die toleranten Muslime ignoriert. Beim Islam wird so getan, als müssten aus Sorge um den Religionsfrieden Teile der aufgeklärten Freiheit aufgegeben werden. Das ist jedoch die Logik der Fanatiker und Rassisten!

Wer Muslimen nicht das selbe zumuten will wie Christen, ist ein Rassist. Wer nach Einschränkungen der Meinungs- und Kunstfreiheit ruft, weil Muslime angeblich nicht ertragen können, was Christen selbstverständlich ertragen, ist ein Rassist! Wer in Muslimen nur Menschen erkennt, die gar nicht anders können, als marodierend die Straßen zu stürmen, wenn Mohammed auch nur dargestellt wird, ist ein Rassist! Ein moderater Rassist.

Am 16. Oktober 2020 wurde auf offener Straße nördlich von Paris dem 47-jährigen Lehrer Samuel Paty der Kopf abgeschnitten. Der 18-jährige Täter benutzte dabei ein Messer. Es braucht einen enormen Willen und viel Zorn, um einem Mann den Kopf abzuschneiden. Es bedarf extremer Kraftanstrengung, um einen Kopf mit Haut, Adern und Genick-Knochen vom Leib zu trennen. Was hat den jungen Täter so brutalisiert?

Der junge Täter fühlte sich zu seiner Tat verpflichtet, weil der Lehrer in seinem Unterricht über Meinungsfreiheit gesprochen und dabei als Beispiel ein paar Karikaturen von Mohamed des Magazins Charlie Hebdo angesprochen und gezeigt hatte. Dies empfand der junge Täter als so eine Schmach, dass er auf äußerst brutale Art den Lehrer tötete und seinen Kopf vom Körper trennte.

Am 29. Oktober wurden in einer Kirche im französischen Nizza drei Menschen von einem Mann bestialisch abgeschlachtet, der dabei immer wieder „Allahu Akbar“ brüllte. Er stürmte mit einem Messer bewaffnet die Basilika Notre-Dame und stach im Inneren der Kirche auf die Besucher ein. Der 60-jährigen Nadine Devillers wurde versucht er, den Kopf abzuschneiden. Auch den 55-jährigen Kirchendiener Vincent Loques ermordete er durch tiefe Schnitte an der Kehle. Ein weiteres Opfer war die 44-jährige Frau Simone Barreto Silva. Der Mörder hatte ebenfalls versucht, sie zu enthaupten. Mit klaffenden Wunden schleppte sie sich blutend aus der Kirche, in der der Angreifer geschlachtet hatte. Trotz der Wunden schaffte sie es noch, Passanten auf der Straße im Sterben letzte Worte zu sagen:

„Dites à mes enfants que je les aime.“ („Sagen Sie meinen Kindern, dass ich sie liebe.“)

Ihre letzten Worte gehörten der Liebe.

Auch ich möchte meine Worte nutzen, um mit so viel Liebe wie irgend möglich zu den Leuten zu sprechen, denen der Glaube, in dessen Name seit Jahren gemordet wird, noch etwas bedeutet.

Liebe Muslime,

entschuldigt, dass ich Euch kollektiv als Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft anspreche. Eigentlich ist es mir egal, woran Ihr glaubt, aber die Mörder der erwähnten Taten riefen den Namen Eures Gotts: Allah.

Ich würde die Täter gerne auch schlicht nur brutale, mörderische Bestien nennen, aber ich kann nicht ignorieren, dass sie sich selber als Muslime bezeichneten; sogar als wahre Muslime, berechtigt, für die Ehre ihres Glaubens zu morden.

Wenn für Euch Islam Frieden bedeutet, müssen dieser Täter zusammen mit allen anderen Muslimen, die im Namen Gottes Kriege führen und Menschen morden, schlimmer sein als alle, die den Koran und Mohamed beleidigen.

Sagt daher nicht mir, was der wahre Islam bedeutet, sagt es Euren Glaubensbrüdern und Glaubensschwestern!

Jedes mal, wenn irgendwo auf der Welt irgendjemand den Islam kritisiert oder Mohammed verballhornt, ist der Aufschrei in der islamischen Welt groß und Muslime gehen auf die Barrikaden. Wenn Muslime die Menschlichkeit mit ihren Taten schänden und sich dabei auf Allah berufen, muss der Aufschrei um das Vielfache lauter sein.

Euer Problem sind nicht Karikaturisten, Kritiker und Spotter. Euer Problem ist jeder, der sich Muslim nennt und im Namen Eures Gottes Hass sät und Gewalt ausübt. So wie die Nazis einst das Problem der Deutschen waren, so sind Islamisten heute das Problem des Islams.

Der Hass, um den es hier geht, ist ein institutionalisierter Hass. Dieser Hass hat einen Namen, ein Buch und einen Gründer: Islam, Koran und Mohamed. So wie schwarze Menschen Opfer des Hasses werden, der Rassismus heißt, wurden Menschen Opfer des Hasses, der Islamismus genannt wird.

Es ist Euer Islam. Es ist Eure Verantwortung.

Ich kenne Christen, die ihre Kirche für deutlich weniger verlassen haben.

Wer jetzt noch in der islamischen Gemeinschaft verbleibt, ohne die Stimme gegen das Morden im Namen des Islams zu erheben, wer jetzt noch Karikaturen kritisiert, aber schweigt im Angesicht des Mordens, wer erklärt, die Freiheit der Aufklärung provoziere den Hass der Fundamentalisten, der macht sich mitschuldig an dem Schlachten von Menschenleben.

Friede!

 

Tapfer im Nirgendwo

 


Autor: Gerd Buurmann
Bild Quelle: Thomas Kist, GFDL 1.2 , via Wikimedia Commons


Dienstag, 17 November 2020