Prinz Philipps Ahnen – Der Adel war schon immer europäisch!

Prinz Philipps Ahnen – Der Adel war schon immer europäisch!


Vor über zweihundert Jahren wurde für die Tochter eines südpfälzischen Pfarrers die Freundschaft zu gleichaltrigen Mädchen, die bei ihrer Großmutter weilten, zum Schicksal. Doch nicht nur ihr persönliches Leben wurde dadurch verändert.

Prinz Philipps Ahnen – Der Adel war schon immer europäisch!

Von Gastautor Dr. Hans-Jürgen Wünschel

Ihre Kinder sollten in den nächsten Jahrzehnten die Throne Europas besetzen oder als Prinzgemahl der englische Königin Elisabeth II. Zur Seite stehen.

Im 1723 wieder aufgebauten Schloss von Bergzabern weilten oft die Töchter von Karoline-Henriette, Frau des in Pirmasens residierenden Landgrafen Ludwig IX. von Hessen. Auf dem Altersruhesitz ihrer Großmutter fühlten sich die Enkelinnen  Friederike, Caroline, Luise, Amalie und Wilhelmine wohl. Zusammen mit den befreundeten Pfarrerstöchtern durchstreiften sie Felder und Wälder. Besonders zwischen Wilhelmine und Marie Salomea entstand eine herzliche Freundschaft, die noch intensiviert wurde als Marie Salomeas Vater Pfarrer im nahe Bergzabern gelegenen Oberotterbach wurde. Mitten in dem sorglosen Treiben der Mädchen schlug im Sommer 1772 das Schicksal zu. Friedrich der Große, König in Preußen, hatte an Landgräfin Karoline Henriette geschrieben: ..es handelt sich um keine Kleinigkeit, Madame, sondern darum, ob eine Ihrer Töchter den Thron von Russland besteigt oder nicht. Madame antwortete: …ich fühle den ganzen Wert der Güte, mit der Ew. Majestät mich beehren…

Glücklich ist die Landgräfin, zeigten doch endlich ihre Bemühungen, ihre Töchter vorteilhaft zu verheiraten, Früchte. Sie selbst hatte ihre Töchter malen lassen und ihre Portraits auch an den Zarenhof geschickt. Nach langer Beratung wurde Tochter Wilhelmine auserwählt, die Frau des russischen Thronerben Paul zu werden.

Trotz einiger Widrigkeiten, bei denen der preußische König mit Hilfe des späteren Generals des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges Friedrich Wilhelm Steuben bei Zarin Katharina der Großen intervenierte, wurde endlich am 10. Oktober 1773 in Petersburg die Hochzeit zwischen der Prinzessin aus hessischem Hause und dem Thronfolger Paul gefeiert. Wilhelmine hatte auf ihrer Reise nach Russland auch ihre Freundin Marie Salomea Schweppenhäuser aus Oberotterbach mitgenommen. Sie blieb in ihrer Gesellschaft und begleitete sie auch auf manchen Reisen. Bei einem Besuch Warschaus lernte sie Friedrich Wilhelm Hauke, einen sächsischer Artillerieoffizier und Sekretär des im Dienste des Wettiner August III. stehenden Gouverneurs Graf Brühl kennen. Marie Salomea verliebte sich unsterblich in Friedrich. Beide heirateten sofort und ein Jahr später, 1775, konnte die zwanzigjährige Pfarrerstochter aus der Südpfalz die Geburt des Sohnes Johann Moritz nach Hause melden. Es war die Zeit des Kampfes von Preußen, Österreich und Russland um die Aufteilung Polens, die für den jungen Moritz zum Schicksal wurde. Mit 14 Jahren trat er als Kadett der polnischen Armee in die Fußstapfen seines Vaters und kämpfte unter dem polnischen General Kosciuszko. Mit 21 Jahren war er bereits Oberst. Polen wurde von den umliegenden Großmächten 1795 endgültig zerstückelt und aufgeteilt, dann wenige Jahre später von Napoleons I. Truppen besetzt.

Unter dem General der französischen kaiserlichen Armee Jan Hendryk Dombrowski (Vater des Dombrowski-Marsches Noch ist Polen nicht verloren, der heute noch als Nationalhymne gesungen wird) setzte Moritz seine militärische Karriere fort. Von nun an nannte sich der Sohn der Pfälzerin Marie Salomea Schweppenhäuser Maurice Hauke. Er erwarb sich große Verdienste bei der Verteidigung der Feste Zamocs gegen anstürmende Russen. Dennoch, Napoleon I. verlor 1812 und musste sich geächtet als Feind der Menschheit ins Exil begeben. Die europäischen Karten wurden neu gemischt. Maurice Haukes militärische Qualitäten wurden auch beim Zaren von Russland geschätzt, so dass er zum Oberbefehlshaber der in Kongress-Polen stationierten russischen Truppen ernannt, dann zum General und Kriegsminister befördert wurde. Schließlich erhob ihn Zar Nikolaus I. 1826 in den Adelsstand.

1811 hatte Maurice Sophie Lafontaine, die Tochter einer Ungarin und eines französischen Arztes geheiratet. Als zehntes Kind wurde ihnen 1825 Julie Therese Salomea geboren. Sie musste als Fünfjährige mit    ansehen, wie ihr Vater 1830 von polnischen Aufständischen als Verräter gegenüber der polnische Sache ermordet wurde. Sophie brach das Herz. Ihre verwaisten Kinder wurden von Zar Nikolaus I. am Hof in Petersburg aufgenommen. Dort sollte Julie Therese Hauke wieder wie ihre Großmutter in eine schicksalhafte Begegnung mit dem Haus Hessen kommen. Im Jahr 1841 war nämlich die künftige Braut des Zarewitsch, die hessische Prinzessin Marie, nach Petersburg gekommen, um ihren späteren Ehemann Alexander näher kennenzulernen. Die 16jährige Julie Therese, bestens erzogen und ausgebildet, wurde ihre Hofdame. Als Maries Bruder Alexander von Hessen-Darmstadt seine Schwester in Petersburg besuchte und dort als Garde-Kürassier Kommandeur auch eine Anstellung fand, lernte er die kleine Polin mit den pfälzisch-ungarischen Wurzeln Julie Therese kennen und verliebte sich Hals über Kopf in sie. Er war bekannt wegen seiner amourösen Abenteuer, so dass man zunächst den Flirt nicht allzu ernst nahm. Doch man sollte sich täuschen. Die beiden Verliebten waren unzertrennlich. Einer Heirat stand aber der Zar als Vormund Julies im Wege. Alexander wurde mit diplomatischen Aufträgen überhäuft, die ihn im Auftrag des Zaren drei Jahre lang durch ganz Europa schicken sollten. Man hoffte am Petersburger Hofe, dass er darüber seine Julie vergessen würde. Doch bekannte sich Alexander auch nach seiner Rückkehr zu ihr und hielt offiziell beim Zar um ihre Hand an. Dieser war so empört – sein Schwager als Mann einer Hofdame! – dass er Alexander aus seinen Diensten entließ und vom Hof jagte. Julie Therese und Alexander flüchteten und heirateten am 28. Oktober 1851  in aller Stille in Breslau. Wenig später wird im Exil in Genf die Tochter Marie geboren.

Wie reagierte der Großherzog von Hessen, der Bruder Alexanders und nun Schwager der ehemaligen Hofdame, des Fräuleins von Hauke?  Sie und ihre Brut sollten einen anständigen Namen erhalten, so die Order Ludwigs III. Julie musste hoffähig werden. Der Name eines 1314 ausgestorbenen Adelsgeschlechtes wurde reaktiviert und auf Julie übertragen. Von nun an war sie Gräfin von Battenberg! Ein Name, den viele ihrer Kinder und Nachkommen in Zukunft führen sollten.

Julie und Alexander waren auf die Unterstützung des Bruders in Darmstadt und der Schwester in Petersburg angewiesen. Nur allmählich wurde Alexander bei europäischen Fürstenhöfen wieder geduldet. Seine diplomatischen, vermittelnden Fähigkeiten, die ihn schon früher im Auftrag des Zaren drei Jahre lang durch Europa reisen ließen, wurden in der Zeit der europäischen Krisen – Krimkrieg, preußisch-französischer Krieg, Auseinandersetzung zwischen Russland und Österreich, Frankreich und Italien usw. – genutzt und verschafften ihm im Laufe der Jahre wieder Anerkennung. Er vermittelte auch Heiraten  der europäischen Fürstenhäuser. So verheiratete er Albert, den Sohn der englischen Königin Victoria, mit der Zarentochter Marie; sein Sohn Sandro wurde König von Bulgarien. Ein anderer Sohn, Ludwig, vermählte sich mit seiner Kusine Viktoria von Hessen und Rhein. Der vierte Sohn Heinrich von Battenberg wiederum heiratete Prinzessin Beatrice von England. Deren Tochter Viktoria Eugenie wurde als Gemahlin Alfonsos VIII. Königin von Spanien und damit Großmutter des heutigen Königs Juan Carlos. Der dritte Sohn von Julie und Alexander Ludwig von Battenberg wurde 1868 englischer Staatsbürger. Als Admiral und 1. Seelord war er zusammen mit Winston Churchill verantwortlich für die Aufrüstung der britischen Seestreitkräfte vor dem 1. Weltkrieg. 1917 erhob ihn der englische König Georg V. zum Marques von Milford Haven. Er selbst nannte sich nun Prinz Louis und veränderte seinen Namen Battenberg in Mountbaten. Seine Kinder machten auch Karriere: Sein Sohn Ludwig wurde Vizekönig von Indien, eine Tochter wurde Königin von Schweden, und die Tochter Alice heiratete den Prinzen Andreas von Griechenland und Dänemark. Damit sind die Eltern des gerade verstorbenen Gemahls der englischen Königin Elisabeth II. genannt: Prinz Philipp ist der Sohn von Andreas und Alice von Battenberg bzw. Mountbatten geb. Haucke-Schweppenhäuser.

So wurde aus der pfälzischen protestantischen Pfarrerstochter Marie Salomea Schweppenhäuser die Ahnin des Prinzen Philipp, Herzogs von Edinbourgh. und des 1948 geborenen künftigen englischen Thronfolgers Charles; möglicherweise wird der Urahn der Pfälzerin englischer König!

Haus Battenberg-Mountbatten

Friedrich M. Hauck oo Marie S. Schweppenhäuser

1737-1810                    1751-1833

Maurice Haucke) oo Sophie Lafontaine

1775-1830                 1790-1831

Alexander von Hessen oo Julie  Salomea von Haucke 1823-1888                            1825-1895

Ludwig von Battenberg oo Viktoria von Hessen

1854 -1921                         1863-1950

Andreas von Griechenland oo Alice von Mountbatten

1885-1969                               1882-1944

Philipp Herzog  oo Königin Elisabeth II.

1921-2021                       1926

aktualisiert aus: Hans-Jürgen Wünschel, Lebendige Pfalz, 2020, S. 20-27

 

Vera Lengsfeld, Publizistin, war eine der prominentesten Vertreterinnen der demokratischen Bürgerrechtsbewegung gegen die "DDR"-Diktatur, sie gehörte 15 Jahre dem Deutschen Bundestag als Abgeordnete der CDU an. Sie publiziert u.a. in der Achse des Guten und in der Jüdischen Rundschau.


Autor: Vera Lengsfeld
Bild Quelle: Office of the Official Secretary to the Governor-General, on behalf of the Commonwealth of Australia, CC BY 3.0 , via Wikimedia Commons


Montag, 12 April 2021

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