Polens Grenze formt die Zukunft der Migration

Polens Grenze formt die Zukunft der Migration


Die verstörende Szene entlang der Grenze Polens zu Belarus machte aus dem Problem illegaler Migranten politische Munition

Polens Grenze formt die Zukunft der Migration

Von Prof. Dr. Daniel Pipes

Sie änderte Einstellungen mit voraussichtlich langfristigen Folgen für die Immigration nach Europa.

Immigration ist zu einem ständig zunehmenden, leidenschaftlichen Thema geworden, das die Europäer trennt. Im Großen und Ganzen hießt das Establishment (das, was ich die 6 P nenne: Polizei, Politiker, Presse, Priester, Professoren und Staatsanwälte[*]) Immigration, egal oder legal oder nicht, als Quelle der Vitalität für einen zunehmend alternden Kontinent, als Motor der multikulturellen Verschiedenheit und als Möglichkeit früherer Imperialisten zur Beruhigung des eigenen Gewissens willkommen. Im Gegensatz dazu betrachtet ein zunehmender Anteil Dissidenten Immigration als Quelle von Verbrechen und Krankheit, als Kampfansage gegen Traditionen und eine zivilisatorische Bedrohung.

Diese Diskussion erreichte 2015/16 ihren Höhepunkt, als Angela Merkel, die mächtige Kanzlerin Deutschlands, die Grenzen ihres Landes einseitig für Migranten öffnete und einen großen Teil Europas mitzog. Während Illegale zu Legalen wurden, wurde die Spaltung der Gesellschaft erbitterter, wobei in Deutschland eine Willkommenskultur aufkam, während um Ungarn Zäune gebaut wurden.

Und dann hatte Mitte 2021 der Diktator von Belarus, Aleksandr Lukaschenko – vielleicht mit türkischer Hilfe – eine clevere Idee. Um die von der Europäischen Union (EU) gegen ihn wegen einer abgekochten Wahl als Gegenschlag verhängten Wirtschaftssanktionen umzukehren, erhöhte er Visa-Gebühren, lud alle und jeden aus aller Welt ein legal in sein Land zu fliegen und fuhr sie mit Bussen an die Grenze zu seinen EU-Mitglieder-Nachbarn Polen, Litauern oder Lettland. Einmal dort angekommen eilten die schätzungsweise 7.000 Migranten – hauptsächlich, aber nicht ausschließlich Muslime aus dem Nahen Osten – an den Stacheldrahtzaun, schwangen manchmal von Belarus zur Verfügung gestellte Drahtscheren, wurden manchmal von belarussischen Streitkräften hineingedrückt und schleuderten Schutt, Steine und Blendgranaten auf die polnischen Polizisten.

Aber die große Zahl Sicherheitspersonal auf der anderen Seite stoppte sie mit Tränengas und Wasserwerfern, unterstützt von leidenschaftlicher Entschlossenheit. "Diese Grenze ist heilig", sagte Polens Premierminister Mateusz Morawiecki. "Die Grenze des polnischen Staates ist nicht einfach eine Linie auf der Landkarte. Generationen von Polen vergossen für diese Grenze ihr Blut." Warschau verabschiedete zudem ein Gesetz, das es nicht nur in die Lage versetzt die Asylforderungen illegaler Migranten zu ignorieren, sondern sie sogar gewaltsam aus dem Land zu drängen.

Lukaschenko benutzte die Illegalen als Schachfiguren eines taktischen Spiels gegen die EU. Er benutzte sie auch, um Geld zu verdienen, weil die staatliche Tourismusagentur von Belarus zwischen $1.800 und $12.000 pro Migrant kassierte und lokale Händler überzogene Preise verlangten (wer zahlt mal eben $1.000 für ein Hotelzimmer?); vielleicht hoffte Lukaschenko auch auf Schmiergeld, so wie EU-Mitgliedsstaaten die Türkei und Libyen bezahlt haben. Unterdessen schmachteten die Migranten – Erwachsene und Kinder – im stinkenden Wald, etwa ein Dutzend von ihnen starben.

Die bleibende Bedeutung dieses kriegerischen Schritts wird darin bestehen, die Europäer wegen der Zuwanderung von Muslimen weiter zu verbittern. Da sie jetzt von Belarus als Waffe benutzt wurden, betrachten Europäer Syrer, Iraker und Afghanen als feindliche Elemente, die ihnen schaden wollen. So ungenau diese Verallgemeinerung auch ist, sie passt in bestehende Neigungen. Auf den Straßen Polens wurde gerufen, die Grenzer sollten auf die Möchtegern-Eindringlinge schießen.

Unmissverständliche Unterstützung der EU für Polen zeigt, wie sehr diese Verschiebung bereits stattgefunden hat. Trotz schwerer, anhaltender Spannungen mit Warschau stellte sich Brüssel in der Auseinandersetzung mit Belarus schnell und von ganzem Herzen auf die Seite Polens. Das Problem an der Grenze drängte die Spannungen zwischen der EU und Polen – und $41 Milliarden ausgesetzter Hilfsgelder – an den Rand.

Glücklicherweise führte die Entschlossenheit Polens und der EU dazu, dass Lukaschenko einlenkte. Die Illegalen haben die unmittelbare Grenzregion verlassen und sind entweder in ein gigantisches Lagerhaus in Belarus gestopft worden (ein passender Symbolismus) oder in den Irak geflogen worden. Ironischerweise ging Lukaschenkos Schachzug zur Schaffung einer Migrantenkrise in der EU nach hinten los; Belarus, das bis zu diesem Drama fast keine muslimischen Migranten hatte, bewirtet jetzt eine beträchtliche Menge derer, die eine Rückkehr nach Hause ablehnen. "Ich würde lieber hier in der Kälte sterben als zurück in den Irak zu gehen", erklärte ein 32-jähriger irakischer Kurde.

Ich sage voraus, dass die Provokation von Belarus europäische Einstellungen gegenüber Migranten erheblich negativ beeinflussen wird, besonders gegenüber illegalen. Die Willkommenskultur ist heute tot und es besteht wenig Möglichkeit sie wiederzubeleben. Schuldgefühle wegen Rassismus, Imperialismus und Faschismus sind angesichts einer Entschlossenheit, wegen eines Aluhut-Diktators nicht als Idioten dazustehen, ziemlich abgeklungen.

Auf diese Weise könnte ein tragischer Vorfall zu einer neuen Entschlossenheit und zu positiven langfristigen Ergebnissen führen. Die Europäer sind sich der Notwendigkeit ihre Grenzen zu schützen und ihre Bevölkerungszusammensetzung demokratisch zu beschließen stärker bewusst. Dass es eines europäischen Diktators bedarf, um das unmissverständlich klar zu machen, bestätigt einmal mehr die Launenhaftigkeit der Geschichte.

 

Übersetzt von H. Eiteneier


Autor: Prof. Daniel Pipes
Bild Quelle: Grzegorz W. Tężycki, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons


Freitag, 03 Dezember 2021

Waren diese Infos wertvoll für Sie?

Sie können uns Danke sagen. Geben Sie einen beliebigen Betrag zurück und zeigen Sie damit, wie viel Ihnen der Inhalt wert ist.




weitere Artikel von: Prof. Daniel Pipes

Folgen Sie und auf:


meistgelesene Artikel der letzten 7 Tage