Drei Brände, ein Verdacht: Zielt Russlands Sabotagekampagne jetzt auf den britischen Premierminister?Drei Brände, ein Verdacht: Zielt Russlands Sabotagekampagne jetzt auf den britischen Premierminister?
Ein Haus, ein Auto, ein weiterer Wohnsitz – alles brennt. Die britischen Behörden untersuchen, ob hinter den drei Brandanschlägen auf Eigentum des Premierministers Keir Starmer ein gezielter russischer Sabotageakt steckt.
Früh im Mai war zuerst das ehemalige Familienhaus in Kentish Town betroffen, das Starmer nach seinem Einzug in die Downing Street vermietet hatte. Wenige Tage später wurden auch ein Fahrzeug und eine frühere Immobilie des Premierministers in Brand gesetzt. Drei Verdächtige – zwei Ukrainer und ein rumänischer Staatsbürger – wurden festgenommen und wegen Brandstiftung mit Gefährdung von Menschenleben angeklagt. Doch die eigentliche Frage, die die britischen Sicherheitsbehörden nun beschäftigt, geht weit über gewöhnliche Kriminalität hinaus: Wurden diese Männer im Auftrag russischer Dienste rekrutiert?
Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Der „Financial Times“ zufolge prüfen Ermittler, ob die Täter von russischen Stellen angeleitet oder gar für die Tat angeworben wurden – ein Szenario, das perfekt ins Muster eines zunehmend aggressiven Sabotagefeldzugs passen würde, den Moskau seit Beginn des Ukraine-Kriegs gegen Europa führt.
Ein offizieller Beweis für eine direkte Verbindung zum Kreml liegt nicht vor. Auch Vertreter der britischen Regierung betonen, dass ein russischer Hintergrund – selbst wenn er bestätigt würde – nicht zwangsläufig bedeute, dass die drei Männer im Bewusstsein einer solchen Verstrickung gehandelt hätten. Doch der Kontext ist alarmierend: Die britische Polizei ermittelt nicht wegen eines Akts des internationalen Terrorismus, sondern behandelt die Fälle bisher als schwere Straftaten – hält sich jedoch alle Optionen offen.
Premierminister Starmer reagierte deutlich: „Das ist ein Angriff auf uns alle, auf die Demokratie und die Werte, die wir vertreten.“ Damit setzt er ein klares politisches Signal: Es geht nicht um Privatbesitz, sondern um etwas viel Grundsätzlicheres – um das Ziel, Verunsicherung zu säen.
Der Schattenkrieg Moskaus: Chaos als Taktik
Die mutmaßlichen Angriffe auf Starmer fügen sich nahtlos in das Bild, das westliche Geheimdienste seit Monaten skizzieren. Seit über einem Jahr berichten Sicherheitsdienste aus ganz Europa von einem sich ausweitenden Sabotageprogramm russischer Dienste. Demnach plant und organisiert Moskau Anschläge auf Flughäfen, staatliche Einrichtungen, Bahninfrastruktur, Regierungsmitglieder und kritische Meinungsträger in Ländern, die die Ukraine unterstützen.
Im Oktober warnte Richard Moore, Chef des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6, vor einer zunehmenden „Wildheit“ der russischen Dienste. Seine Botschaft: Moskau handelt nicht mehr nur im Verborgenen, sondern riskiert zunehmend auch unkontrollierbare Eskalationen. Ein Beispiel: In Estland wurde Anfang des Jahres ein Anschlag auf den Innenminister vereitelt. Die russischen Drahtzieher hatten Kriminelle angeheuert, um die Scheiben seines Fahrzeugs zu zerschlagen – ein symbolischer Akt mit politischer Botschaft.
Ein westlicher Geheimdienstler formulierte es so: „Ziel ist es nicht immer, tödlichen Schaden anzurichten. Oft genügt das Chaos. Es geht um Störungen, Schlagzeilen, um das Beschäftigen der Sicherheitsapparate.“ Doch auch wenn das Kalkül hinter solchen Angriffen eher psychologischer Natur ist, so ist das Mittel – insbesondere bei Brandstiftungen – brandgefährlich. Feuer lässt sich nicht präzise kontrollieren. Es kann eskalieren. Es kann töten.
Ein neues Ziel: Die politische Mitte
Dass nun erstmals der amtierende britische Premierminister ins Fadenkreuz geraten sein könnte, markiert einen neuen Höhepunkt – nicht nur symbolisch. Starmer steht für Stabilität, für eine moderate Haltung in außen- wie innenpolitischen Fragen. Sollte sich der Verdacht erhärten, dass Russland hinter diesen Anschlägen steckt, wäre dies ein direkter Angriff auf das Herz einer demokratischen Regierung – nicht irgendwo, sondern in einem der bedeutendsten NATO-Staaten.
Und es ist kein Zufall, dass genau jetzt auch innerhalb Großbritanniens erneut über den Schutz hochrangiger Politiker diskutiert wird. Die britische Regierung hält sich mit Kommentaren zurück, will offenbar keine Panik verbreiten. Doch hinter den Kulissen wächst die Sorge. Die MI5 und andere Dienste sollen damit beauftragt worden sein, mögliche weitere Zielpersonen zu identifizieren.
Zwischen Sabotage und Eskalation
Russlands Strategie: maximaler Effekt mit minimalem Aufwand. Sabotageaktionen wie diese sind vergleichsweise billig, schwer zu verhindern – und sie erreichen das, was der Kreml am meisten sucht: Unsicherheit. Verunsicherte Gesellschaften, misstrauische Bürger, beschäftigte Sicherheitsapparate. Die Frage ist nicht mehr, ob Russland in Europa einen Schattenkrieg führt. Die Frage ist, wie weit Moskau bereit ist zu gehen – und wie geschlossen der Westen darauf reagieren will.
Denn auch wenn der Kreml seine Fingerabdrücke geschickt zu verwischen weiß, hinterlässt er ein Muster. Die Brände in London sind womöglich nur ein weiteres Kapitel in einem Konflikt, der längst nicht mehr nur an der Frontlinie der Ukraine ausgetragen wird, sondern mitten in den europäischen Hauptstädten.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Kirsty O"Connor / No 10 Downing Street - Prime Minister Sir Keir Starmer arrives at Number 10 Downing St, OGL 3, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=150058496
Samstag, 24 Mai 2025