Kinder beim Beten in der Moschee: Ein Ausflug in Italien entfacht eine Debatte über Islam, Erziehung und IndoktrinationKinder beim Beten in der Moschee: Ein Ausflug in Italien entfacht eine Debatte über Islam, Erziehung und Indoktrination
Eine Szene aus einem Kindergartenbesuch löst einen Sturm politischer Entrüstung aus – und wirft Fragen über religiöse Bildung, Toleranz und Grenzen auf
Ein einziges Bild hat in Italien ausgereicht, um eine landesweite Debatte zu entfachen. Es zeigt Kinder eines katholischen Kindergartens aus Treviso in Norditalien – kniend in Richtung Mekka, Seite an Seite mit einem Imam, in einem lokalen islamischen Gebetshaus. Was für die Leitung des Kindergartens eine „emotionale interreligiöse Erfahrung“ sein sollte, geriet in den sozialen Netzwerken rasch zu einem Sinnbild dessen, was Kritiker als gezielte religiöse Indoktrination durch islamische Organisationen bezeichnen. Der Besuch fand Anfang Mai in der Stadt Susegana im Veneto statt. Seitdem ist Italien gespalten.
Die Kindergartenleitung veröffentlichte nach dem Ausflug ein Statement. Darin heißt es, der Besuch sei mit dem Einverständnis der Eltern erfolgt und habe unter dem Zeichen interreligiösen Dialogs gestanden. Die Kinder, so die Erzieherinnen, seien respektvoll empfangen worden und hätten in einfacher Sprache die Grundzüge des Islam erklärt bekommen. Die Betreuerinnen trugen Kopftücher, die Kinder begegneten dem Imam, hörten ihm zu – und, so zeigen Fotos, nahmen symbolisch an einer Gebetszeremonie teil.
Doch das, was als Brücke zwischen Religionen gedacht war, wurde für viele zum Auslöser tief sitzender Ängste. Besonders konservative Stimmen reagierten empört. Alberto Villanova, Regionalratsmitglied der rechten Lega Nord, sprach von einem „Bild, das das Blut gefrieren lässt“. Giovanni Zorzi von der demokratischen Partei äußerte sich zwar weniger polemisch, jedoch nicht minder kritisch. „Dialog ist wichtig“, sagte er, „aber für eine Botschaft des Friedens hätte ich mir eine säkularere Form gewünscht.“
Am schärfsten fiel die Kritik aus den Reihen des Europäischen Parlaments aus. Die Abgeordnete Anna Maria Cisint bezeichnete den Vorfall als „reinen Fundamentalismus“. Sie warf dem Imam vor, die Gelegenheit zur Missionierung genutzt zu haben. Besonders schwer wiege, dass die Erzieherinnen selbst aktiv daran mitgewirkt hätten. Cisint weiter: „Hat jemand ihn wenigstens gefragt, was er über Zwangsverschleierung oder Kinderehen denkt?“ Für sie sei das Ziel solcher Besuche klar: „Religionen aus den Klassenzimmern entfernen, um Platz zu schaffen für islamische Indoktrination.“
Auch ihre Kollegin Silvia Sardone teilte ihre Empörung – und veröffentlichte ein Video des Besuchs. „Kinder im Koran- und Schariakurs – in einer Moschee! Ist das für Sie normal?“, schrieb sie auf X (ehemals Twitter). Sie kritisierte, dass islamische Gotteshäuser, in denen mitunter radikale Redner aufträten, von Bildungseinrichtungen überhaupt betreten würden. Das sei „keine Integration, sondern inakzeptable Indoktrination“.
Der italienische Bildungsapparat versuchte, die Wogen zu glätten. Das regionale Bildungsamt erklärte, es handle sich um eine nichtstaatliche, aber offiziell anerkannte Bildungseinrichtung, die rechtlich zu eigenständiger pädagogischer Arbeit verpflichtet sei – in Abstimmung mit den Eltern. Zugleich kündigte das nationale Bildungsministerium eine Untersuchung an: Es solle geprüft werden, ob das Recht auf religiöse Neutralität und freie Wahl gewahrt worden sei.
Was bleibt, ist ein Gefühl der Zerrissenheit. Die Bilder zeigen Kinder, die neugierig eine andere Kultur kennenlernen – aber sie zeigen auch, wie verletzlich das Thema Religion im Kontext von Erziehung geworden ist. In einem Land wie Italien, das tief in katholischer Tradition verwurzelt ist und gleichzeitig mit wachsender muslimischer Präsenz konfrontiert wird, prallen Weltbilder aufeinander. Ist es ein Zeichen von Offenheit, Kinder mit anderen Religionen vertraut zu machen – oder beginnt hier der Verlust einer kulturellen Identität? Und wer entscheidet darüber, wann Bildung zur Beeinflussung wird?
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot
Donnerstag, 29 Mai 2025