„Plötzlich war ich nur noch der Israeli“ – Wie ein harmloser Barbesuch auf Kreta zum antisemitischen Albtraum wurde„Plötzlich war ich nur noch der Israeli“ – Wie ein harmloser Barbesuch auf Kreta zum antisemitischen Albtraum wurde
Ein israelischer Künstler schildert seine erste offene Anfeindung im Ausland – und macht deutlich: Antisemitismus beginnt nicht mit Gewalt, sondern mit einem Blick.
Kfir Zafrir hatte sich auf einen unbeschwerten Abend gefreut. Der israelische Musiker war nach Kreta gereist, um dort aufzutreten – und um mit einem Freund ein paar letzte Tage Junggesellenleben zu feiern. Sonne, Musik, Meer. Stattdessen erlebte er mitten in Europa etwas, das ihn erschütterte: „Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich im Ausland Antisemitismus erlebt“, sagt Zafrir. Und es klingt, als könne er es selbst noch nicht ganz glauben.
Es begann wie ein perfekter Urlaubsabend. Die beiden Männer besuchten ein kleines Fischerdorf auf der griechischen Insel, fanden eine Bar mit nettem Flair und einer freundlichen Kellnerin. „Sie war sehr aufmerksam, hat sich mehrfach entschuldigt, dass sie alleine für alle Tische zuständig sei. Wir haben uns gut mit ihr verstanden, sie hat gelächelt, gewitzelt, alles war locker und angenehm“, erinnert sich Zafrir.
Doch dann kam die eine Frage, die alles veränderte: „Woher kommt ihr?“ – „Aus Israel“, antwortete er. Ohne Hintergedanken. Ohne Angst. Einfach ehrlich. Der Effekt war unmittelbar. „Ihr Lächeln verschwand. Es war, als hätte jemand das Licht ausgeschaltet. Plötzlich war da Kälte, ein Blick, der alles sagte.“ Die Atmosphäre kippte augenblicklich. Das Gespräch war vorbei. Die Freundlichkeit erloschen.
Die beiden zahlten sofort und wollten den Ort verlassen, als ihnen die Kellnerin plötzlich hinterherbrüllte: „Free, free Palestine!“ – ein Schlachtruf, der längst nicht nur politische Meinung ausdrückt, sondern in vielen Fällen zur Chiffre für blanken Hass auf Israel und seine Bürger geworden ist.
„Wir waren nur zu zweit, mitten in der Nacht, in einer fremden Umgebung“, erzählt Zafrir weiter. „Wir sind sofort losgelaufen, sind in unser Auto gestiegen und weggefahren. Ich wollte mich eigentlich konfrontieren – aber ich lese zu viel, was passiert, wenn man das tut. Manchmal ist Schweigen die einzige Verteidigung.“
Zafrir betont, dass er nicht pauschalisieren möchte. „Die meisten Griechen, denen ich begegnet bin, waren freundlich. Ich will niemanden schlechtmachen. Aber es braucht nur eine Person, um einem die Realität ins Gesicht zu schleudern.“ Er sagt, er sei enttäuscht und wütend – weniger über die Worte der Frau, als über das Gefühl, das geblieben ist: unerwünscht zu sein, nur wegen seiner Herkunft.
Antisemitismus zeigt sich nicht immer in Gewalt oder Angriffen. Manchmal reicht ein Blick, ein Bruch in der Stimme, eine plötzliche Feindseligkeit. Dass so etwas mitten in Europa, im Jahr 2025, einem jüdischen Künstler passiert, der einfach nur einen Drink nehmen wollte, ist eine Mahnung.
Zafrir hat sich bislang nicht entschieden, ob er den Namen des Ortes öffentlich machen wird. Zu groß sei die Sorge, erneut angegriffen zu werden. „Wir überlegen, wie wir damit umgehen. Vielleicht später. Aber jetzt bin ich einfach froh, dass wir heil rausgekommen sind.“
Er weiß: Seine Geschichte ist nur eine von vielen. Aber sie steht exemplarisch für ein wachsendes Gefühl, das viele Israelis und Juden weltweit teilen – dass sie selbst in friedlichen Zeiten auf ein Klima stoßen, das alles andere als neutral ist. Dass es gefährlich sein kann, einfach nur zu sagen, woher man kommt.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot
Dienstag, 29 Juli 2025