Ein Gedenkbaum fällt – und Frankreichs Präsident verliert GlaubwürdigkeitEin Gedenkbaum fällt – und Frankreichs Präsident verliert Glaubwürdigkeit
Der Abschlag eines Gedenkbaums für Ilan Halimi zeigt: Antisemitismus in Frankreich ist lebendig wie nie. Präsident Macron spricht von „Hass“, doch seine Politik wirkt oft gegensätzlich.
Am Mittwochabend wurde in Epinay-sur-Seine ein symbolträchtiger Olivenbaum gefällt – ein Baum, der 2011 zur Erinnerung an Ilan Halimi gepflanzt wurde, einen jungen französischen Juden, der 2006 von einer antisemitischen Gang entführt, gefoltert und ermordet wurde. Die Tat hat Frankreich erneut aufgerüttelt und den bitteren Beweis erbracht, dass antisemitische Gewalt im Land weiterhin eine reale Bedrohung ist.
Präsident Emmanuel Macron verurteilte die Handlung als „Akt des Hasses“ und versprach „unermüdlichen Kampf gegen Antisemitismus“. Doch viele Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft sehen darin keine glaubwürdige Botschaft, sondern nur leere Worte. Macron, der 2025 die geplante Anerkennung eines palästinensischen Staates vorangetrieben hat, wird zunehmend als gespalten wahrgenommen – als jemand, dessen politische Entscheidungen den Nährboden für antisemitische Stimmungen in Frankreich eher vergrößern als mindern.
Die Realität vor Ort bestätigt diese Sorge. Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Frankreich ist dramatisch gestiegen: Von 436 im Jahr 2022 auf 1.676 im Jahr 2023, mit einem leichten Rückgang auf 1.570 im vergangenen Jahr. Die jüngste Zerstörung des Gedenkbaums fügt sich nahtlos in diese besorgniserregende Entwicklung ein und zeigt, dass Worte allein keine Sicherheit schaffen.
Der Olivenbaum war mehr als nur ein Symbol. Er stand für die Erinnerung an einen jungen Mann, der allein wegen seiner jüdischen Identität grausam getötet wurde, und für die kollektive Verpflichtung der französischen Gesellschaft, Antisemitismus keinen Raum zu geben. Dass dieser Baum nun zerstört wurde, ist ein direkter Schlag gegen die Erinnerung und die Gemeinschaft, der die Wunden von 2006 erneut aufreißt.
Für viele Juden in Frankreich ist Macrons Haltung daher widersprüchlich. Einerseits verurteilt er den Hass öffentlich, andererseits signalisieren seine außenpolitischen Schritte – allen voran die palästinensische Anerkennung – dass Frankreich bereit ist, politisch ein Gleichgewicht zu wahren, das die jüdische Minderheit verunsichert. Kritiker sehen darin eine Spaltung statt eine Vereinigung: Ein Präsident, der eigentlich Schutz bieten sollte, wird als jemand wahrgenommen, der die soziale Atmosphäre zusätzlich auflädt und Hassbereitschaft indirekt fördert.
Die französische Regierung hat angekündigt, einen neuen Gedenkbaum zu pflanzen, und betont, dass die Täter strafrechtlich verfolgt werden sollen. Doch diese symbolischen Schritte erreichen nur begrenzt. Solange politische Signale gesendet werden, die Teile der Bevölkerung gegen Juden mobilisieren oder stigmatisieren, bleibt die jüdische Gemeinschaft in Frankreich verletzlich.
Die Zerstörung des Gedenkbaums von Ilan Halimi ist mehr als ein isolierter Vorfall. Sie ist Ausdruck eines strukturellen Problems: Antisemitismus ist nicht verschwunden, er wird durch politische Unsicherheiten und gesellschaftliche Spannungen weiter befeuert. Präsident Macron steht vor der Herausforderung, nicht nur Worte zu finden, sondern glaubwürdige Maßnahmen, die Vertrauen schaffen und die Sicherheit jüdischer Bürgerinnen und Bürger gewährleisten.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Poulpy - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=15105481
Freitag, 15 August 2025