Tschechiens unbeirrte Solidarität: Ein kleines Land steht einsam an Israels SeiteTschechiens unbeirrte Solidarität: Ein kleines Land steht einsam an Israels Seite
Während fast ganz Europa Israel kritisiert, hält Tschechien unbeirrt zu Jerusalem. Die tschechische Botschafterin skizziert die historischen, wirtschaftlichen und emotionalen Gründe – und die immense diplomatische Last, die ihr Land trägt.
Mitten in der politischen Sturmfront, die Israel seit Kriegsbeginn erfasst hat, sticht ein europäisches Land klar heraus: Tschechien. In einem exklusiven Interview mit N12 betont die tschechische Botschafterin in Israel, Veronika Kočinová, dass Prag unbeirrt an der Seite Israels steht – auch angesichts enormer internationaler Druckversuche.
Die tschechische Regierung gehört zu den nur drei Staaten der Europäischen Union, die keine offizielle Verurteilung Israels ausgesprochen haben. Ihr Außenministerium beschreibt die Entscheidung der israelischen Streitkräfte, die Stadt Gaza zu kontrollieren, zwar als „riskanten Schritt“, betont jedoch das Vertrauen in Israels Fähigkeit, Zivilisten zu schützen, und verurteilt unmissverständlich die Herrschaft der Hamas.
Historische und emotionale Bindung
Die Wurzeln der tschechisch-israelischen Freundschaft reichen tief. Bereits 1927 besuchte Tomáš Masaryk, der erste Präsident der Tschechoslowakei und Gründervater des Landes, Israel und unterstützte die zionistische Bewegung. Kočinová erinnert daran, dass Tschechien eine ablehnende Haltung gegenüber dem kommunistischen Regime pflegte, das die Palästinenser unterstützte.
Die Botschafterin betont zudem eine emotionale Parallele: Beide Länder sehen sich als kleine Staaten, umgeben von Bedrohungen. „Wir fühlen eine gewisse Identifikation mit Israel und vielleicht sogar ein wenig Bewunderung dafür, wie es seine Feinde bewältigt“, sagt Kočinová.
Ökonomische und sicherheitspolitische Interessen
Neben historischen und emotionalen Gründen spielt auch die praktische Zusammenarbeit eine Rolle. Israel und Tschechien unterhalten intensive Handelsbeziehungen, tauschen Rüstungen aus und kooperieren im Sicherheitsbereich. Dazu gehören unter anderem der Erwerb israelischer Luftabwehrsysteme, die für Prag von strategischer Bedeutung sind.
Darüber hinaus existiert in Tschechien eine historisch verwurzelte und gut integrierte jüdische Gemeinschaft, deren Rolle im öffentlichen Leben die Bindung zu Israel weiter verstärkt.
Politischer Druck und diplomatische Verantwortung
Kočinová beschreibt den enormen Druck, dem Tschechien innerhalb der EU ausgesetzt ist. Während 25 von 28 Mitgliedstaaten Forderungen nach Verurteilungen oder Sanktionen gegen Israel stellen, hält Prag standhaft an seiner Linie fest. „Wenn man der Einzige ist, der eine andere Position hat, spürt man den Druck. Politiker wollen auch bei ihren Kollegen beliebt sein. Aber wir glauben, dass unsere Haltung gerecht und ausgewogen ist, daher handeln wir nach Überzeugung“, erklärt die Botschafterin.
Diese Position hat praktische Wirkung: Viele mögliche EU-Maßnahmen gegen Israel wurden gar nicht erst vorgeschlagen, weil allen klar war, dass sie in Prag auf Widerstand stoßen würden.
Unterstützung auf höchster Ebene
Die tschechische Unterstützung beschränkt sich nicht auf Worte. Bereits drei Tage nach dem 7. Oktober besuchte der tschechische Außenminister Israel, gefolgt vom Premierminister, um Solidarität zu zeigen. Zudem lieferte Prag militärische Ausrüstung, die Israel bei Operationen wie der Abwehr von Raketenangriffen unterstützt hat.
Innerhalb der tschechischen Politik ist die Unterstützung Israels weitgehend konsensfähig. Große Parteien und die Mehrheit der Bevölkerung stehen hinter Israel, auch wenn jüngere Generationen stärker von der in Europa verbreiteten kritischen Haltung beeinflusst werden.
Realistische Erwartung: Ende des Konflikts
Tschechien drängt dennoch auf eine Lösung: Zwar gibt es keine „roten Linien“ für Israel, aber Berichte über Versorgungsmängel in Gaza bereiten auch Prag Sorge. Kočinová betont: „Israel hat in Tschechien mehr Kredit, die Kriegführung fortzusetzen, als in vielen anderen Ländern, aber wir hoffen auf eine Lösung. Je früher der Krieg endet, desto besser für Israel – aber natürlich unter Bedingungen, die Israel akzeptabel sind.“
Die Botschafterin unterstreicht, dass sich die politische Lage Israels nur verbessern wird, wenn der Konflikt beigelegt wird. Die tschechische Unterstützung bleibt damit eine Kombination aus historischer Verbundenheit, emotionaler Identifikation, praktischen Interessen und einer klaren Überzeugung von Gerechtigkeit und Ausgewogenheit.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By VendySol - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=139777515
Mittwoch, 20 August 2025