Frankreich erwägt eigene Botschaft in RamallahFrankreich erwägt eigene Botschaft in Ramallah
Paris will nach der Anerkennung Palästinas im September eine Botschaft in den Palästinensergebieten eröffnen – ein Schritt, der die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Frankreich und Israel auf eine neue Zerreißprobe stellt.
Frankreich schickt sich an, die politische Landkarte des Nahen Ostens neu zu zeichnen. Emmanuel Macrons Berater für den Nahen Osten, Ofer Bronstein, bestätigte in einem Interview mit N12, dass Paris ernsthaft erwägt, in den Gebieten der Palästinensischen Autonomiebehörde eine offizielle Botschaft zu eröffnen. Sollte dieser Schritt tatsächlich erfolgen, wäre Ramallah der wahrscheinlichste Standort. Zugleich wird die Eröffnung einer palästinensischen Botschaft in Paris geprüft. Damit ginge Frankreich über symbolische Gesten hinaus und würde seine im Juli angekündigte Anerkennung eines palästinensischen Staates mit konkreten diplomatischen Strukturen untermauern.
Dieser Vorstoß ist jedoch weit mehr als eine diplomatische Formalität – er bedeutet eine offene Konfrontation mit Israel. Premierminister Benjamin Netanjahu machte in einem Brief an Macron unmissverständlich klar, dass die französische Haltung nicht nur die Terrororganisation Hamas stärke, sondern auch Antisemitismus in Frankreich anheize. Macron reagierte mit einem eigenen Schreiben, in dem er die Vorwürfe zurückwies und zugleich Israel scharf kritisierte: Die anhaltende Offensive in Gaza „entehre“ Israel und führe es in eine Sackgasse, schrieb er.
Die Dynamik zeigt: Es geht längst nicht mehr nur um unterschiedliche Sichtweisen zur Zwei-Staaten-Lösung. Es geht um den Kern der Beziehungen zwischen Jerusalem und Paris, die traditionell eng waren, sich jedoch seit dem 7. Oktober rapide verschlechtern. Frankreich drängt auf die sofortige Beendigung der Kämpfe, spricht von der „einzigen Lösung“ durch die Gründung eines palästinensischen Staates und droht Israel mit internationaler Isolation, sollte es Gaza weiterhin militärisch kontrollieren wollen.
Israelische Stimmen wie die frühere Botschafterin in Paris, Yael German, warnen, dass ein solcher Schritt einem „Faustschlag ins Gesicht“ gleiche und möglicherweise zur Abberufung des israelischen Botschafters führen könnte. Für die Regierung in Jerusalem käme eine französische Botschaft in Ramallah einem Dammbruch gleich – ein politisches Signal, das die Legitimität der Hamas-Strategie untergraben, aber zugleich die Position Israels massiv schwächen würde.
Gleichzeitig ist klar, dass Macron mit seiner Initiative nicht nur die Palästinenser im Blick hat. Frankreich sucht Führungsstärke in Europa und im Nahen Osten. Indem Paris andere EU-Staaten auf Linie bringt, entsteht eine neue Front gegen Israels Politik. Damit wird Jerusalem zunehmend in die Defensive gedrängt – nicht durch Feinde, sondern durch einst enge Partner.
Während Macron behauptet, eine palästinensische Staatlichkeit sei „die einzige Möglichkeit, Hamas endgültig zu besiegen“, sieht man in Israel das Gegenteil: Jeder Schritt in Richtung Anerkennung sei ein Preis für Terror und eine Belohnung für die Massaker vom 7. Oktober. Die Kluft zwischen beiden Sichtweisen könnte kaum tiefer sein.
Ob Paris seine Drohung wahrmacht und in Ramallah eine Botschaft eröffnet, bleibt abzuwarten. Doch schon die öffentliche Diskussion darüber hat eine Grenze überschritten. Frankreich riskiert damit nicht nur den Bruch mit Jerusalem, sondern auch den Verlust seiner Rolle als traditioneller Vermittler im Nahen Osten.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Frankreich erwägt eigene Botschaft in Ramallah
Donnerstag, 28 August 2025