„Ich fühlte mich in Lebensgefahr“ – wenn Sportler und Juden in Spanien zum Ziel von Hass werden

„Ich fühlte mich in Lebensgefahr“ – wenn Sportler und Juden in Spanien zum Ziel von Hass werden


Die Vuelta 2025 sollte ein Fest des Radsports werden. Stattdessen wurde sie zum Sinnbild einer bedrohlichen Entwicklung: Politischer Hass drang auf die Straßen, antisemitische Parolen dominierten, und am Ende standen ein abgebrochenes Rennen, verletzte Polizisten und ein israelischer Fahrer, der um sein Leben fürchtete.

„Ich fühlte mich in Lebensgefahr“ – wenn Sportler und Juden in Spanien zum Ziel von Hass werden

Nadav Raisberg, 24 Jahre alt und der einzige Israeli im Feld, schildert den Moment ohne Pathos: „Es war sehr schwer für mich, zu begreifen, wie groß der Hass auf uns ist. Andere Fahrer waren auch in Gefahr, aber ich bin Israeli – und damit bleibt es bei mir. In manchen Momenten hatte ich wirklich das Gefühl, dass es um mein Leben geht.“

Die Szenen erinnerten eher an Straßenschlachten als an ein Sportereignis: Demonstranten durchbrachen Absperrungen, rannten direkt in die Fahrbahn, während das Peloton mit über 100 Stundenkilometern unterwegs war. „Es reicht ein Verrückter, einer, der nichts zu verlieren hat, und er kann alles zerstören“, so Raisberg. „In solchen Momenten versteht man: Sie sind zu allem fähig.“

Für Raisberg war es ein Rennen zwischen Leidenschaft und Angst. „Ich werde weiter mit einem Lächeln fahren, aber während dieses Rennens haben sie es mir mehrmals genommen.“ Er lebt in Spanien, denkt aber nun über eine Rückkehr nach Israel nach: „Als Radfahrer geht das im Moment nicht – es ist unmöglich.“

Die internationale Reaktion war ungewöhnlich scharf. Der Radsportverband UCI kritisierte die spanische Regierung in einem Brief, wie man ihn sonst nur aus Krisenszenarien kennt. Man bedaure zutiefst, dass Premierminister Pedro Sánchez und seine Regierung offen Sympathien für Demonstranten geäußert hätten, die den Wettkampf massiv störten. „Diese Haltung widerspricht den olympischen Grundwerten von Einheit, Respekt und Frieden“, hieß es. Spaniens Fähigkeit, internationale Sportereignisse sicher auszurichten, sei damit ernsthaft infrage gestellt.

Doch das Problem reicht weit über die Vuelta hinaus. Sánchez erklärte öffentlich, er sei „stolz“ auf die Proteste der spanischen Gesellschaft gegen Israel. Worte, die wie eine politische Absolution für Gewalt wirken. Parallel dazu forderte er, Israel von allen internationalen Wettbewerben auszuschließen – eine Gleichsetzung mit Russland, die das Land isolieren und seine Bürger ausgrenzen soll.

Damit sendet die spanische Regierung ein gefährliches Signal. Jüdisches Leben in Spanien, ohnehin seit Jahren Zielscheibe von Anfeindungen, gerät noch stärker unter Druck. Wenn der Premier selbst den Ton vorgibt und Hass gegen Israel mit „Engagement für Gerechtigkeit“ verklärt, fühlen sich Extremisten bestätigt. Für Spaniens Juden bedeutet das: wachsende Gefahr, weniger Sicherheit, mehr Angst.

Eine lange Geschichte des Judenhasses in Spanien

Die aktuelle Situation steht nicht im luftleeren Raum. Spanien hat eine jahrhundertealte, blutige Geschichte des Antisemitismus. 1492 verfügten die katholischen Könige Ferdinand und Isabella die Vertreibung aller Juden aus ihrem Reich. Wer blieb, musste sich zwangsbekehrt der Kirche unterwerfen, während die Inquisition jeden Verdacht von „Judaísmo“ mit Folter und Scheiterhaufen ahndete. Hunderttausende wurden vertrieben, viele ermordet – ein kulturelles und menschliches Trauma, das die spanische Gesellschaft bis heute prägt.

Jahrhunderte später, nach dem Ende des Franco-Regimes, kehrten Juden in kleiner Zahl zurück. Heute leben schätzungsweise rund 40.000 bis 45.000 Juden in Spanien – eine winzige Minderheit in einem Land mit über 47 Millionen Einwohnern. Die meisten wohnen in Madrid und Barcelona, kleinere Gemeinden bestehen in Málaga, Valencia und auf Mallorca. Doch trotz kultureller Wiederbelebung bleibt die Gemeinschaft verletzlich.

Zahlen zur Bedrohungslage

Die spanische Beobachtungsstelle gegen Antisemitismus meldete im Jahr 2023 einen Anstieg antisemitischer Vorfälle um über 40 Prozent. Seit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 ist die Lage noch angespannter: Jüdische Einrichtungen stehen rund um die Uhr unter Polizeischutz, in Madrid wurden Synagogen mehrfach mit Graffiti wie „Free Palestine“ und „Mörder“ beschmiert, und in Barcelona kam es zu organisierten Boykottaufrufen gegen jüdische Geschäfte.

Studien belegen, dass antisemitische Stereotype in Spanien besonders stark verbreitet sind: Mehr als ein Drittel der Bevölkerung stimmt der Aussage zu, „Juden haben zu viel Einfluss in der Wirtschaft“, und fast jeder Fünfte glaubt, „Juden seien nicht loyal gegenüber den Ländern, in denen sie leben“.

Vor diesem Hintergrund wiegt es doppelt schwer, wenn ein spanischer Regierungschef Gewalt gegen Israelis verharmlost und die Demonstranten als „stolz und gerecht“ lobt. Geschichte wiederholt sich nicht identisch – aber die Muster sind erkennbar. Aus der Inquisition wurde Antizionismus, aus dem Scheiterhaufen die Straße, auf der Juden heute wieder Angst haben müssen.

Die Vuelta 2025 wird nicht wegen sportlicher Höchstleistungen in Erinnerung bleiben, sondern als Moment, in dem Europas antisemitische Realität unübersehbar wurde. Wenn Sportler ihren Teamnamen zensieren müssen, weil „Israel“ auf einem Trikot lebensgefährlich werden kann, ist das mehr als ein Alarmsignal. Es ist ein Weckruf: Die Gewalt gegen Israel ist längst zur Gefahr für Juden in Europa geworden – und Spaniens Regierung schaut nicht nur zu, sondern klatscht Beifall.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X


Mittwoch, 17 September 2025

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