London nach dem Waffenstillstand: Demonstranten fordern das Ende Israels

London nach dem Waffenstillstand: Demonstranten fordern das Ende Israels


In London marschierten am Wochenende Tausende gegen Israel – obwohl der Krieg in Gaza endet und ein Geiselabkommen steht. Was die Szenen offenbaren, ist mehr als politische Wut: Es ist eine Bewegung, die Frieden gar nicht will, weil ihr Hass längst zur Zugehörigkeit geworden ist.

London nach dem Waffenstillstand: Demonstranten fordern das Ende Israels

Ein Waffenstillstand. Ein Abkommen über die Freilassung der Geiseln. Familien, die in Israel zum ersten Mal seit zwei Jahren aufatmen können. Doch auf den Straßen Londons herrschte am Samstag keine Erleichterung – sondern Wut. Tausende Demonstranten zogen durch die Innenstadt, riefen „From the river to the sea, Palestine will be free“ und „Israel is a terror state“. Manche hielten Plakate, die Israels Premierminister Benjamin Netanyahu mit Adolf Hitler verglichen.

Was als Protest für Frieden begann, hat sich in Europa längst in etwas anderes verwandelt. In eine Bewegung, die den eigenen Zorn braucht wie Sauerstoff. „The mask is off“, schrieb der israelische Aktivist Hen Mazzig auf Instagram – „Die Maske ist gefallen“. Seine Worte trafen einen Nerv: „Wir haben einen Waffenstillstand. Wir haben ein Geiselabkommen. Das Leid endet. Warum feiert ‚Free Palestine‘ nicht? Weil es nie um Frieden ging. Hassen ist ihre Identität geworden.“

Die Szenen in London bestätigten das auf bedrückende Weise. Trotz der Ankündigung eines umfassenden Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas und der Freilassung der letzten 48 Geiseln marschierten erneut Zehntausende durch die Straßen. Sie schrien Parolen, die nicht von Frieden sprechen, sondern vom Ende Israels. Einige forderten offen den Tod israelischer Soldaten.

Die „Palestine Solidarity Campaign“, die den Marsch organisierte, erklärte, die Demonstration habe nichts mit dem Waffenstillstand zu tun. „Israel kann die Waffenruhe jederzeit brechen, wie schon so oft“, sagte deren Direktor Ben Jamal. Das Abkommen, das unter Vermittlung von US-Präsident Donald Trump zustande kam, nannte er „Teil eines kolonialen Systems“.

Dabei hatte Trump erst am Donnerstagmorgen die Vereinbarung bekannt gegeben: eine beidseitige Feuerpause, die Freilassung aller verbliebenen israelischen Geiseln und den Austausch gegen palästinensische Häftlinge – darunter 250 verurteilte Terroristen und 1.700 Sicherheitsgefangene, die während der Kämpfe festgenommen worden waren. Israels Kabinett hatte das Abkommen in einer Nachtsitzung einstimmig gebilligt.

Doch in London, Berlin, Paris und anderen europäischen Städten scheinen diese Fakten keine Rolle zu spielen. Es geht nicht mehr um Gaza – es geht um Israel. Oder genauer: gegen Israel. Viele der Demonstranten tragen keine Symbole der Palästinenser, sondern jene der globalen Wutkultur – anarchistische Fahnen, „decolonize everything“-Sticker, antikapitalistische Slogans. Gaza dient nur noch als Bühne.

Hen Mazzigs Instagram-Beitrag löste eine Welle an Reaktionen aus. Unter den Kommentaren finden sich Stimmen, die das Ausmaß der Verblendung offen benennen. Eine Nutzerin schrieb: „Wie kann man gleichzeitig einen Völkermord anprangern – und selbst zu einem aufrufen?“ Eine andere bemerkte: „Die privilegierten weißen Kids werden bald das Interesse verlieren.“ Viele jüdische Kommentatoren reagierten resigniert: „Zwei Jahre hat es gedauert, bis sie ihre wahren Absichten zeigten. Es ging nie um Gaza.“

Die moralische Verkehrung ist frappierend. Während die Hamas nachweislich Zivilisten als Geiseln hielt, Massengräber hinterließ und Schulen als Waffenlager nutzte, richten sich die Parolen der westlichen Demonstranten weiterhin gegen das Opfer dieser Gewalt. Die ideologische Logik lautet: Wer stark ist, kann kein Opfer sein – und wer schwach erscheint, wird moralisch sakralisiert. Dass die Hamas ihr eigenes Volk benutzt und gefährdet hat, wird dabei systematisch ausgeblendet.

Ein britischer Gegendemonstrant mit einem Schild „We stand with Britain’s Jews“ wurde laut Telegraph von der Polizei aus Sicherheitsgründen aus dem Demonstrationszug entfernt. Andere, die israelische Fahnen zeigten, wurden bedrängt und beschimpft. Die Londoner Polizei sprach von „einigen Festnahmen“ nach Auseinandersetzungen.

Was diese Proteste offenbaren, ist weniger politisch als psychologisch. Sie sind kein Ruf nach Gerechtigkeit – sie sind eine Suche nach Zugehörigkeit. Für viele, die sich „Free Palestine“-Gruppen anschließen, ist die Feindschaft gegen Israel längst identitätsstiftend geworden. Sie gibt ein Gefühl von Sinn, von moralischer Überlegenheit und von Gemeinschaft. Frieden würde dieses fragile Konstrukt zerstören.

Eine 23-jährige Studentin, die sich gegenüber AFP als Teilnehmerin bekannte, sagte es ungewollt deutlich: „Der Waffenstillstand ist nicht genug. Ich werde weiter demonstrieren.“ Ihr Satz bringt auf den Punkt, worum es diesen Märschen geht – nicht um Frieden, sondern um das Fortbestehen eines Feindbilds.

Ein britischer Gewerkschafter namens Steve Headley zeigte sich „skeptisch“ gegenüber Trumps Friedensplan und spottete über dessen Idee eines „Gaza-Riviera-Projekts“. Ein anderer Demonstrant meinte, die Waffenruhe sei „zu spät, zu wenig“. Selbst die Aussicht auf ein Ende des Leidens genügte nicht, um Hoffnung auszulösen.

Dass Menschenrechte hier zur Bühne für politische Identität geworden sind, zeigt eine gefährliche Entwicklung im Westen: Antisemitismus tarnt sich als Empathie, und moralischer Aktivismus ersetzt Analyse. Was in London marschiert, ist nicht Solidarität mit Palästinensern, sondern eine neue Form der Selbstvergewisserung – ein Kollektiv, das Israelhass braucht, um sich selbst zu spüren.

Und so hatte Hen Mazzig recht, als er schrieb: „Ohne Israelhass haben sie nichts, wofür sie singen, nichts, wozu sie gehören.“ Vielleicht ist genau das der Grund, warum manche den Frieden gar nicht wollen: Weil er ihnen die Feindbilder nimmt, die sie am Leben halten.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot Instagram


Sonntag, 12 Oktober 2025

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