Wenn Solidarität zur Spaltung wird: Glasgow im Streit um Palästina-Flaggen“

Wenn Solidarität zur Spaltung wird: Glasgow im Streit um Palästina-Flaggen“


In Glasgow hängen Dutzende Fahnen, halb Schottland, halb Palästina. Was als Symbol der Mitmenschlichkeit gedacht war, spaltet nun eine Stadt – und zeigt, wie sehr sich Europas öffentlicher Raum in eine Bühne für importierte Konflikte verwandelt hat.

Wenn Solidarität zur Spaltung wird: Glasgow im Streit um Palästina-Flaggen“

Straßen, die sonst in den Farben der Stadt erstrahlen, sind nun überzogen mit einem neuen Symbol: Blau-Weiß trifft Schwarz-Rot-Grün. Entlang der Victoria Road, bei der Universität, nahe des Kelvingrove-Museums – überall in Glasgow wehen Fahnen, die Schottlands Nationalsymbol, den Saltire, mit den Farben der palästinensischen Flagge verschmelzen. Dahinter steht eine Aktivistengruppe namens United in Resistance, die das Bild einer vereinten, „widerständigen“ Menschheit zeichnen will. Doch viele Bürger sehen darin etwas anderes: die politische Vereinnahmung ihres öffentlichen Raums – und eine gefährliche neue Normalität.

Wenn Identität zur Waffe wird

In einer Stadt, die stolz auf ihre Vielfalt ist, entfaltet sich ein Konflikt, der gar nicht hier begann. Für die Initiatoren sind die „Palestine-Saltire“-Fahnen Ausdruck von Solidarität, „ein Zeichen gegen Rassismus, Kolonialismus und Völkermord“. Doch für viele Bewohner ist es ein Angriff auf das, was Glasgow bisher zusammenhielt – der Versuch, die Flagge einer Nation in die eines Konflikts einzuschmelzen.

„Die Stadt ist zur Lachnummer geworden“, sagte eine Anwohnerin im Gespräch mit einem britischen Sender. Ein anderer fügte hinzu: „Wir sind in Schottland. Hier weht der Saltire, kein politisches Banner.“

Was die Aktivisten als Akt der Empathie verstehen, empfinden viele als Übergriff – eine politische Besetzung der Straßen, die das Trennende über das Gemeinsame stellt.

Das Schweigen der Behörden

Während der Streit auf der Straße tobt, schweigt das Rathaus. Die Stadtverwaltung von Glasgow hat bislang keine offizielle Stellungnahme abgegeben, geschweige denn die Fahnen entfernen lassen. Dieses Schweigen wird von Kritikern als stillschweigende Zustimmung interpretiert – oder als Angst, in den Sog eines moralisch aufgeladenen Konflikts gezogen zu werden.

In den letzten Monaten hat Schottland mehrfach Schlagzeilen gemacht mit demonstrativer Solidarität für die palästinensische Sache. Doch wenn der Staatssymbolismus eines Landes mit den Farben einer Bewegung vermischt wird, verliert er seine Unschuld. Was als Symbol der Menschlichkeit gedacht war, wird zur Parteinahme.

Einige Fahnen wurden bereits abgerissen, andere hängen noch – wie offene Wunden im Stadtbild. Sie markieren den Punkt, an dem politische Überzeugung in kulturelle Spaltung umschlägt.

Eine importierte Polarisierung

Die Debatte in Glasgow ist kein Einzelfall, sondern Teil eines größeren europäischen Trends. Von London bis Berlin, von Dublin bis Malmö: der Nahostkonflikt verschiebt sich aus Nachrichtenbildern auf die Straßen der Städte. Aktivisten erklären Solidarität, Behörden lavieren, und dazwischen stehen Bürger, die sich fragen, wann Mitgefühl zu Propaganda wird.

Auch in Glasgow mischt sich diese Spannung mit anderen sozialen Fragen – Migration, Wohnungsnot, Identitätspolitik. Der offene Umgangston, für den die Stadt einst stand, wird zunehmend von Misstrauen ersetzt.

Israelische Touristen, die die Stadt besuchen, spüren das sofort. Offiziell gilt für Großbritannien nur eine moderate Sicherheitswarnung, doch im Alltag werden die Zeichen deutlicher: politische Banner, demonstrative Solidarität, wachsende Aggressivität in symbolischen Gesten. Es ist kein offener Hass, aber ein Klima, das ihn duldet.

Wo endet Solidarität – und wo beginnt Feindseligkeit?

Die vermischten Fahnen sind mehr als Stoff. Sie sind Ausdruck einer schleichenden Entfremdung – einer Gesellschaft, die nicht mehr zwischen Anteilnahme und Instrumentalisierung unterscheidet. Und sie zeigen, wie schnell westliche Städte bereit sind, Konflikte zu übernehmen, die sie weder verstehen noch lösen können.

Glasgow wollte Mitgefühl zeigen. Herausgekommen ist eine Stadt, die über sich selbst streitet – und ein Symbol, das mehr trennt, als es vereint.


Autor: Redaktion
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Sonntag, 19 Oktober 2025

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