Wenn Angst stärker ist als Kultur: Malmö sagt jüdisches Filmfestival abWenn Angst stärker ist als Kultur: Malmö sagt jüdisches Filmfestival ab
Weil kein einziges Kino bereit war, seine Türen zu öffnen, wurde das Jüdische Filmfestival in Malmö abgesagt. In einer Stadt, die sich gern als tolerant feiert, genügte schon das Wort „jüdisch“, um Sicherheitsbedenken auszulösen. Schwedens Kulturministerin spricht von einer „Katastrophe für die Gesellschaft“ – und sie hat recht.
Es sollte ein Fest der Kultur, der Erinnerung und der Begegnung werden: das Internationale Jüdische Filmfestival in Malmö, geplant als viertägiges Programm anlässlich 250 Jahren jüdischen Lebens in Schweden. Gezeigt werden sollten Filme über die Geschichte schwedischer Juden und über das Leben religiöser Gemeinschaften in Jerusalem. Stattdessen steht nun die bittere Schlagzeile: abgesagt – weil kein Kino den Mut hatte, Gastgeber zu sein.
Laut den Veranstaltern lehnte jedes kommerzielle Kino der Stadt die Austragung ab. Manche Betreiber verwiesen auf „Sicherheitsrisiken“, andere gaben gar keine Begründung. Die Folge: ein komplettes Festival wird aus Angst vor möglichen antisemitischen Angriffen gestrichen – in einem Land, das sich auf Menschenrechte und kulturelle Offenheit beruft.
„Es ist unfassbar, dass in Schweden niemand mehr bereit ist, jüdische Filme zu zeigen“, sagte Mitorganisatorin Sofia Nerbrand. Die Polizei habe sogar angeboten, Schutz vor den Kinos zu gewährleisten. Doch selbst das überzeugte keinen Betreiber. „Kein Kino traut sich – das ist ein Skandal für eine Demokratie, die nicht einmal Kinogänger schützen kann.“
Eine Stadt zwischen Toleranzrhetorik und Realität
Malmö, die drittgrößte Stadt Schwedens, ist seit Jahren ein Brennpunkt antisemitischer Vorfälle. Jüdische Gemeinden klagen über offene Bedrohungen, über Schmähungen, über die Furcht, Kippa oder Davidstern in der Öffentlichkeit zu tragen. Bei pro-palästinensischen Demonstrationen werden regelmäßig Parolen gegen Israel gerufen – und nicht selten gegen Juden allgemein.
Das Klima der Angst hat längst konkrete Folgen: Kulturelle Einrichtungen und Schulen vermeiden jüdische Themen, um „nicht zu provozieren“. Was als Sicherheitsvorkehrung beginnt, wird so zu einer stillen Form der Selbstzensur – eine Kapitulation vor dem Hass.
Ein Staat, der seine Minderheiten nicht schützen kann
Die schwedische Kulturministerin Parisa Liljestrand reagierte ungewöhnlich scharf:
„Wenn eine unserer nationalen Minderheiten sich derart bedroht fühlt, dass sie keine kulturellen Veranstaltungen mit jüdischem Inhalt durchführen kann, ist das eine Katastrophe für unsere Gesellschaft.“
Doch Worte allein reichen nicht. Der Liberalpartei-Abgeordneten Simona Mohamsson zufolge zeigt der Fall Malmö, dass Schweden eine gefährliche Linie überschreitet:
„Wenn wir es ernst meinen mit der Sicherheit jüdischer Bürger, dann darf es nicht länger so sein, dass Opfer sich zurückziehen müssen, während Täter ungestört hetzen. Wer Terror verherrlicht oder Juden verfolgt, hat hier keinen Platz.“
Ihre Worte klingen selbstverständlich – doch die Realität spricht dagegen. Denn während Theater, Museen und Universitäten sich selbst schützen, tritt der Staat kaum sichtbar für jüdisches Leben ein.
Sicherheitsbedenken oder moralische Kapitulation?
Mindestens fünf Kinos in Malmö hätten das Festival technisch problemlos ausrichten können. Darunter auch Filmstaden, die größte Kinokette Schwedens. Doch sie lehnte ab – wegen „Sicherheitsbedenken“. Auch das kommunale Folketshus-Theater zog sich zurück.
Die Veranstalter fragten daraufhin: „Welche Gefahr geht von einem jüdischen Film aus?“ Eine Frage, die entlarvend wirkt – denn die Gefahr geht nicht vom Film aus, sondern von jenen, die ihn nicht ertragen wollen.
Hier zeigt sich der Kern des Problems: Nicht der Hass wird bekämpft, sondern seine Opfer sollen sich unsichtbar machen.
Ein Test für Europas Demokratien
Der Fall Malmö ist kein Einzelfall. Ähnliche Entwicklungen gibt es in London, Berlin oder Paris: Wenn jüdische Themen im öffentlichen Raum sichtbar werden, reagieren Institutionen mit Rückzug, nicht mit Rückgrat.
Das jüdische Filmfestival in Malmö hätte zeigen können, dass kulturelle Identität kein Risiko, sondern ein Reichtum ist. Stattdessen zeigt die Absage, dass Europa den Antisemitismus längst nicht überwunden, sondern nur verlagert hat – von der Straße in die Entscheidungsetagen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Donnerstag, 23 Oktober 2025