Politische Justiz oder Rechtsstaat? Israelischer Rentner in Zypern zu fünf Jahren Haft verurteilt

Politische Justiz oder Rechtsstaat? Israelischer Rentner in Zypern zu fünf Jahren Haft verurteilt


Ein 74-jähriger Israeli mit gesundheitlichen Problemen wurde in Zypern zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt – wegen angeblicher illegaler Grundstücksverkäufe. Seine Familie spricht von einem politischen Prozess, ausgelöst durch alte Feindschaften zwischen Griechen und Türken auf der geteilten Mittelmeerinsel.

Politische Justiz oder Rechtsstaat? Israelischer Rentner in Zypern zu fünf Jahren Haft verurteilt

Die Geschichte von Shimon Aykut, einem 74-jährigen israelischen Staatsbürger mit portugiesischer und türkischer Doppelstaatsangehörigkeit, ist mehr als ein juristischer Fall – sie ist ein Spiegel der ungelösten politischen Spannungen auf der geteilten Insel Zypern. Ein Mann, gesundheitlich angeschlagen, seit einem Jahr in Haft, wird nun zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt – in einem Verfahren, das nach Ansicht seiner Familie und seiner Anwälte weniger mit Eigentumsfragen als mit alter Feindseligkeit zu tun hat.

Aykut wurde von einem zyprisch-griechischen Gericht in 40 Fällen der „illegalen Aneignung von Eigentum“ für schuldig befunden. Es geht um Grundstücke, die ursprünglich griechischen Familien gehörten, bevor der Bürgerkrieg der 1970er Jahre die Insel in einen türkischen Norden und einen griechischen Süden spaltete. Die Anklage wirft Aykut vor, über eine mit ihm verbundene Firma Land verkauft zu haben, das nach internationalem Recht umstritten ist.

Er selbst beteuerte vor Gericht, er habe lediglich seinem Sohn geholfen, der die Geschäfte leitete, und sei kein Entscheidungsträger gewesen. Seine Anwältin Maria Neofitou appellierte an das Gericht, das Alter, den schlechten Gesundheitszustand und den fehlenden Vorstrafenregister ihres Mandanten zu berücksichtigen. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich eine Haftstrafe von sieben Jahren gefordert, das Gericht reduzierte sie schließlich auf fünf.

Doch das Urteil hat in Israel und in türkisch-zyprischen Kreisen Empörung ausgelöst. Angehörige Aykuts nennen das Verfahren einen „politisch motivierten Prozess“ – Ausdruck der tiefen Feindseligkeit, die zwischen den griechischen und türkischen Gemeinden auf der Insel seit Jahrzehnten schwelt.

Zypern ist seit 1974 faktisch geteilt: Der Süden, international anerkannt, wird von der griechisch-zyprischen Regierung kontrolliert; der Norden steht unter Verwaltung der international nicht anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“, die von Ankara gestützt wird. Zwischen beiden Gebieten besteht ein brüchiger Waffenstillstand, getrennt durch eine UN-Pufferzone.

Der Konflikt um Eigentum ist dabei ein Dauerthema. Nach der Teilung übernahmen viele türkischstämmige Familien verlassene Häuser und Grundstücke im Norden, während griechische Zyprer im Süden auf ihre einstigen Besitzrechte pochen. Zahlreiche internationale Prozesse wurden seitdem geführt – meist erfolglos, oft politisch aufgeladen.

Im Fall Aykut verdichten sich nun die Spannungen. Die zyprisch-griechischen Behörden betonen, dass der Fall rein juristisch behandelt worden sei. Doch Beobachter sprechen von einem Signalprozess – einer Warnung an Investoren und Makler, die versuchen, Land im türkischen Norden zu handeln oder zu übertragen.

Für Israel ist der Fall heikel. Offiziell hält sich Jerusalem zurück, um diplomatische Spannungen mit Nikosia zu vermeiden. Inoffiziell jedoch bemüht sich das israelische Außenministerium, humanitäre Lösungen zu prüfen – etwa eine mögliche Haftverlegung oder ein medizinisches Gutachten, um Aykuts Zustand zu berücksichtigen.

Familienangehörige berichten, der Rentner werde im griechisch-zyprischen Gefängnis von Kapsarayi festgehalten – unter schwierigen Bedingungen. Seine Ehefrau sagte gegenüber israelischen Medien, er habe in den letzten Monaten erheblich an Gewicht verloren und leide unter Atemnot. „Mein Mann ist kein Verbrecher. Er wird für alte Konflikte bestraft, an denen er nie beteiligt war.“

Der Fall legt den Finger in eine alte Wunde: Die Grenzen auf der Mittelmeerinsel mögen militärisch stabil, doch emotional sind sie bis heute offen. Jahrzehnte nach dem Waffenstillstand wird das Unrecht von damals nicht juristisch, sondern politisch aufgearbeitet – oft auf Kosten der Schwächsten.

Für Shimon Aykut ist das Urteil womöglich ein Todesurteil auf Raten. Für Zypern ist es ein Beweis, dass der Krieg der siebziger Jahre noch immer nicht vorbei ist – er wird nur mit anderen Mitteln geführt: vor Gericht, in Aktenordnern und über die Schicksale Einzelner.


Autor: Redaktion
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Samstag, 25 Oktober 2025

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