Wieder 1938: Jüdischer Redner in Venedig zum Schweigen gebracht

Wieder 1938: Jüdischer Redner in Venedig zum Schweigen gebracht


In Venedig wurde ein jüdischer Politiker von pro-palästinensischen Demonstranten zum Schweigen gebracht – mitten an einer Universität. Der Eklat offenbart, wie tief Antisemitismus inzwischen in Europas akademische Linke eingesickert ist.

Wieder 1938: Jüdischer Redner in Venedig zum Schweigen gebracht

Was sich in dieser Woche an der Universität Ca’ Foscari in Venedig abspielte, war mehr als ein Protest. Es war ein politischer Zusammenbruch – ein moralisches Versagen einer ganzen Generation. Emanuele Fiano, 62 Jahre alt, Sohn eines Auschwitz-Überlebenden, ehemaliger Abgeordneter der Demokratischen Partei und einer der bekanntesten jüdischen Intellektuellen Italiens, wurde während eines Vortrags von Dutzenden pro-palästinensischen Aktivisten niedergeschrien, bedroht und schließlich aus dem Saal gedrängt.

Fiano wollte über Friedensverhandlungen im Nahen Osten sprechen – über „zwei Staaten für zwei Völker“. Doch kaum hatte er begonnen, stürmten Studierende und Aktivisten den Raum. Sie schrien: „Zionisten raus aus der Universität!“ und „Du unterstützt den Völkermord an den Palästinensern!“ Einige umringten ihn, verhinderten jede Fortsetzung seiner Rede. Der Versuch, auf die Rufe zu reagieren, ging im Lärm unter.

Ein historischer Schatten

Nach der Veranstaltung sagte Fiano bitter: „Das letzte Mal, dass jemand mit meinem Namen aus der Universität ausgeschlossen wurde, war 1938 – als mein Vater wegen seiner jüdischen Herkunft exmatrikuliert wurde.“ Sein Vater, Nedo Fiano, wurde später nach Auschwitz deportiert. Nur er überlebte. 2020 starb er im Alter von 95 Jahren.

Dieser Satz – ruhig, aber vernichtend – zeigt, wie nah Vergangenheit und Gegenwart in Europa wieder beieinanderliegen. Es ist die Wiederkehr alter Muster in einer neuen Sprache: Statt „Rassegesetz“ heißt es heute „Dekolonialisierung“, statt „Jude“ sagt man „Zionist“. Doch das Ziel ist dasselbe – jüdische Stimmen aus dem öffentlichen Raum zu vertreiben.

Das Schweigen der „moralischen Linken“

Die Empörung nach dem Vorfall war groß, doch auffällig selektiv. Vertreter der italienischen Rechten und der liberalen Mitte verurteilten den Angriff sofort. Aus der Linken kamen verlegene Halbsätze – oder gar nichts. Dieselben Stimmen, die sich gern als Verteidiger der Menschenrechte inszenieren, verstummen, wenn Juden selbst angegriffen werden.

Gerade die Universität Ca’ Foscari hat sich in den vergangenen Monaten als politisches Sprachrohr positioniert: Sie setzte die Zusammenarbeit mit israelischen Hochschulen wegen des Gaza-Kriegs aus – angeblich aus moralischer Verantwortung. Doch als auf ihrem Campus ein jüdischer Gast zum Schweigen gebracht wurde, blieb die Hochschulleitung stumm. Kein Wort der Verurteilung, keine Entschuldigung, keine Distanzierung.

Wenn „Antizionismus“ zum neuen Antisemitismus wird

Emanuele Fiano ist kein rechter Provokateur. Er hat Israels Regierung oft kritisiert, auch Benjamin Netanjahu persönlich. Aber er bleibt überzeugt: Das Existenzrecht Israels ist nicht verhandelbar. Wer es in Frage stellt, überschreitet die Linie vom politischen Protest zum Hass. „Kritik an Israel ist legitim“, sagte er. „Aber wenn man jüdische Selbstbestimmung ablehnt, ist das Antisemitismus.“

Diese Unterscheidung wird in Europas Universitäten zunehmend verwischt. Unter dem Banner vermeintlicher Solidarität mit den Palästinensern formiert sich ein aggressiver Antizionismus, der nicht den Dialog sucht, sondern die Auslöschung jüdischer Perspektiven im öffentlichen Diskurs. Dass gerade die akademische Linke diesen Geist hofiert, macht ihn so gefährlich – und so feige.

Die Wiederkehr des Hasses in neuem Gewand

Fianos Fall steht nicht allein. Holocaust-Überlebende wie Liliana Segre, heute Senatorin auf Lebenszeit, leben unter Polizeischutz. Jüdische Schriftsteller, Künstler und Politiker in Italien berichten von Morddrohungen, Einschüchterung und digitalem Mobbing. Veranstaltungen werden abgesagt, Einladungen zurückgezogen, Türen bleiben geschlossen – weil ein jüdischer Name als „politisch riskant“ gilt.

Die Mechanismen sind altbekannt. Ausgrenzung beginnt nicht mit Gewalt, sondern mit Schweigen. Mit der stillen Zustimmung derer, die meinen, sie stünden auf der richtigen Seite der Geschichte.

Was in Venedig geschah, ist kein italienischer Einzelfall. Es ist ein Symptom einer europäischen Entwicklung: Linke Bewegungen, die sich auf Antikolonialismus berufen, reproduzieren koloniale Muster des Denkens – indem sie Juden wieder zu Symbolfiguren machen, die stellvertretend für „das Böse“ stehen.

Emanuele Fianos Worte sollten in jedem Hörsaal Europas hängen: „Das letzte Mal, dass jemand mit meinem Namen aus der Universität ausgeschlossen wurde, war 1938.“ Wer das hört und nicht versteht, dass Geschichte sich gerade wiederholt, will sie wiederholen.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X


Freitag, 31 Oktober 2025

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