Verbot für Juden? Londons Traditions-Theater unter Antisemitismus-Verdacht

Verbot für Juden? Londons Traditions-Theater unter Antisemitismus-Verdacht


Seit dem Massaker vom 7. Oktober häufen sich in Großbritannien Vorwürfe gegen Veranstalter, jüdische Gruppen auszugrenzen. Nun steht das Londoner „Troxy“ im Fokus – ein Ort, der einst von einem jüdischen Flüchtling gegründet wurde.

Verbot für Juden? Londons Traditions-Theater unter Antisemitismus-Verdacht

In London sorgt ein Fall für Empörung, der symptomatisch für die neue Unsicherheit jüdischen Lebens in Europa ist. Das „Troxy“, ein traditionsreiches Veranstaltungshaus im Osten der Stadt, soll nach Angaben der Jewish Community Council (JCC) systematisch Anfragen jüdischer Organisationen ablehnen. Gemeindeverbände sprechen von offener Diskriminierung – das Management weist die Vorwürfe entschieden zurück.

Rabbiner Levi Shapiro, Vorsitzender des JCC, wandte sich mit einer formellen Beschwerde an die Equality and Human Rights Commission (EHRC), die für Diskriminierungsfälle in Großbritannien zuständig ist. In dem Schreiben heißt es, das Theater habe „seit dem 7. Oktober keine jüdischen Veranstaltungen mehr zugelassen“. Shapiro selbst habe versucht, dort ein Gemeinschaftsevent zu organisieren – und sei abgewiesen worden, ohne nachvollziehbare Begründung.

„Man sagte uns schlicht: ‚Wir nehmen keine Buchungen von Juden‘ – dann wurde aufgelegt“, erklärte Shapiro gegenüber der Thüringer Allgemeinen. Er sprach von einer „klaren und schockierenden Form von Diskriminierung, die im heutigen Großbritannien keinen Platz haben darf“.

Mehrere Beispiele belegen das Muster. So wurde ein Wohltätigkeitskonzert zugunsten verwaister Kinder abgesagt, bei dem der populäre orthodoxe Sänger Yaakov Shwekey auftreten sollte. Auch eine Benefizveranstaltung für eine jüdische medizinische Hilfsorganisation sowie ein Konzert des US-Hasidic-Musikers Benny Friedman seien kurzfristig storniert worden.

Das Management des „Troxy“ bestreitet jedoch, Religion oder Herkunft spielten eine Rolle. Man habe ausschließlich „aus Sicherheitsgründen“ entschieden, erklärte Geschäftsführer Tom Sutton-Roberts. Die betroffenen Veranstaltungen hätten „nicht den internen Anforderungen zur Sicherheit entsprochen“.

Für Londons jüdische Gemeinde klingt das wie eine Ausrede. „Seit dem Massaker der Hamas sind jüdische Organisationen in Europa Zielscheibe offener Feindseligkeit – auch dort, wo man sie früher willkommen hieß“, sagt eine Sprecherin des JCC. „Es geht längst nicht nur um Absagen, sondern um ein Klima der Angst.“

Besonders bitter: Das „Troxy“ wurde 1933 von Maurice Chipen, einem jüdischen Flüchtling aus Deutschland, gegründet – im Jahr, als in Berlin die Bücher brannten. Heute, fast ein Jahrhundert später, fühlen sich viele britische Juden an dieselbe Ausgrenzung erinnert, der Chipen einst entkommen war.

„Dass ausgerechnet dieser Ort Juden ausschließt, ist eine historische Ironie, die wehtut“, sagt Rabbiner Shapiro. „Wir haben versucht, den Kontakt zu suchen, Verständnis zu schaffen – ohne Erfolg. Das Vertrauen ist zerstört.“

Die EHRC prüft inzwischen, ob ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Sollte sich der Verdacht bestätigen, drohen dem Veranstalter empfindliche Konsequenzen.

In Großbritannien wird die Diskussion zunehmend grundsätzlicher. Seit Beginn des Gaza-Krieges sind antisemitische Vorfälle laut Polizeiangaben um mehr als 300 Prozent gestiegen. Auch in Schulen, Universitäten und Kulturhäusern häufen sich Berichte über Ausgrenzung, Boykotte und Einschüchterung jüdischer Teilnehmer.

Für viele ist der Fall des Troxy ein Symbol: ein Spiegel einer Gesellschaft, die sich ihrer eigenen Geschichte wieder entfremdet.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Jbanham91 - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63404847


Sonntag, 09 November 2025

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