Diplomatische Eskalation auf dem Balkan: Bosnien verweigert Ungarns Außenminister die Landung

Diplomatische Eskalation auf dem Balkan: Bosnien verweigert Ungarns Außenminister die Landung


Ein geplanter Besuch von Péter Szijjártó endet im Eklat. Bosnien sieht in Ungarns Kurs eine direkte Bedrohung seiner staatlichen Integrität – und setzt ein Zeichen, das weit über die Region hinausreicht.

Diplomatische Eskalation auf dem Balkan: Bosnien verweigert Ungarns Außenminister die Landung

Die Szene wirkt auf den ersten Blick technisch: Ein Militärflugzeug der ungarischen Armee erhält keine Landeerlaubnis in Bosnien-Herzegowina. Doch hinter dieser Entscheidung verbirgt sich eine politische Sprengkraft, die Europa aufhorchen lässt. Der bosnische Verteidigungsminister Zukan Helez verhinderte gestern die Landung von Außenminister Péter Szijjártó in Banja Luka – dem politischen Zentrum der serbischen Teilrepublik Republika Srpska. Und der Grund dafür ist alles andere als formal.

Helez erklärte öffentlich, Ungarn habe keinerlei offizielle Begründung für Szijjártós Besuch geliefert. Doch er fügte sofort hinzu, dass das eigentliche Problem ganz woanders liege: Ungarns offene Unterstützung für Milorad Dodik, den langjährigen Führer der serbischen Nationalisten in Bosnien – einen Mann, der seit Jahren an der territorialen Zerstückelung des Landes arbeitet. Für den bosnischen Staat ist diese Unterstützung nicht nur Provokation, sondern ein Angriff auf die Grundpfeiler des Dayton-Systems.

Sowohl Viktor Orbán als auch Péter Szijjártó haben in den vergangenen Jahren öffentlich an der Seite Dodiks gestanden – und damit jenen Kräften Legitimität verliehen, die offen einen Anschluss an Serbien anstreben und den Fortbestand Bosniens als souveräner Staat infrage stellen. „Handlungen, die die Souveränität und territoriale Integrität Bosniens untergraben“, nannte es Helez. Die Botschaft ist unmissverständlich: Bosnien fühlt sich bedroht.

Auf Facebook formulierte der Verteidigungsminister es noch deutlicher: Es sei seine Pflicht, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu schützen und nur solche Aktivitäten zuzulassen, die Bosnien achten und nicht destabilisieren. Mit anderen Worten: Ungarn hat diese Achtung aus Sicht Sarajewos längst aufgegeben.

Szijjártó befand sich zuvor auf Besuch in Serbien, um über die Folgen der US-Sanktionen gegen russische Ölgesellschaften zu beraten, die die regionale Versorgung hart treffen. Doch was wie diplomatische Routine erscheint, ist im Kontext des Balkans hochsensibel: Jede Geste Ungarns in Richtung Banja Luka wirkt als politische Einmischung und als Stärkung jener Kräfte, die die Einheit Bosniens systematisch aushöhlen.

Der Konflikt fällt zudem in eine Phase erneuter Spannungen. Dodik selbst wurde in den vergangenen Monaten faktisch entmachtet, nachdem ein Gericht in Sarajevo ihn wegen der Missachtung des internationalen Sondergesandten verurteilte. Dennoch bleibt sein politischer Einfluss enorm. Sein Vertrauter Siniša Karan gewann gerade die Präsidentschaftswahlen in der Republika Srpska – ein klares Signal, dass der separatistische Kurs weiter fortgeführt werden soll.

Bosnien-Herzegowina ist seit dem Dayton-Abkommen de facto zweigeteilt: eine gemeinsame Staatsebene in Sarajevo – getragen von Bosniaken und Kroaten –, und die serbisch dominierte Republika Srpska. Diese fragile Konstruktion funktioniert nur, solange internationale Akteure Stabilität fördern. Wenn aber ein EU-Mitglied wie Ungarn die separatistische Agenda unterstützt, verändert das die Regeln des Spiels – und gefährdet die gesamte Architektur des Friedensprozesses.

Der aktuelle Vorfall zeigt deshalb mehr als nur eine diplomatische Verstimmung. Er zeigt, wie tief der Balkan weiterhin in geopolitischen Rivalitäten verankert ist. Orbáns Nähe zu Dodik und seine engen Verbindungen nach Moskau machen Ungarn zu einem Akteur, der bewusst oder unbewusst Instabilität im Herzen Europas fördert. Und Bosnien macht erstmals klar, dass es diesen Kurs nicht länger kommentarlos hinnimmt.

Der Eklat von Banja Luka ist damit mehr als ein verweigertes Landerecht. Er ist eine Warnung an Europa: Die Spannungen im ehemaligen Kriegsgebiet sind zurück – und sie treffen auf ein Europa, das in Fragen von Souveränität und Einfluss längst nicht mehr geschlossen handelt.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By U.S. Department of State (official Flickr account) - Flickr, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=69853564


Freitag, 28 November 2025

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