BBC bezeichnet Erste Intifada als „weitgehend unbewaffnet“ und kassiert heftige KritikBBC bezeichnet Erste Intifada als „weitgehend unbewaffnet“ und kassiert heftige Kritik
Ein Satz, eine Deutung und ein Aufschrei. Die BBC bezeichnet die Erste Intifada als weitgehend unbewaffnet. Der Widerstand folgt prompt. Denn Worte formen Erinnerung und diese Erinnerung entscheidet darüber, was heute als legitim gilt.
Die BBC sieht sich erneut massiver Kritik ausgesetzt. Auslöser ist eine Formulierung, die auf den ersten Blick erklärend wirken sollte, tatsächlich aber eine jahrzehntelange Geschichte von Gewalt verharmlost. In einem Artikel über die Entscheidung britischer Polizeibehörden, das Skandieren von „Globalize the Intifada“ strafrechtlich zu verfolgen, beschrieb der Sender die Erste Intifada als „largely unarmed and popular uprising“, als weitgehend unbewaffneten und populären Aufstand.
Diese Wortwahl blieb nicht stehen. Sie wurde korrigiert, ergänzt durch eine nachträgliche Erklärung am Ende des Artikels. Doch der Schaden war bereits angerichtet. Denn die Frage ist nicht nur, ob die BBC ihre Formulierung angepasst hat. Die eigentliche Frage lautet, wie es zu einer solchen Einordnung überhaupt kommen konnte.
Die Erste Intifada, die Ende der 1980er Jahre begann und bis in die frühen 1990er Jahre andauerte, war kein romantischer Volksaufstand. Sie war geprägt von systematischer Gewalt. Israelische Zivilisten wurden ermordet, Soldaten angegriffen, Busse beworfen, Häuser in Brand gesetzt. Molotowcocktails, Handgranaten, Schusswaffen und Sprengsätze gehörten zum Alltag dieser Zeit. Hamas entstand genau in diesem Umfeld, nicht als soziale Bewegung, sondern als Terrororganisation mit klarer ideologischer Zielsetzung.
Die Organisation Campaign Against Antisemitism brachte die Fakten nüchtern auf den Punkt. Sechzehn israelische Zivilisten wurden während der Ersten Intifada getötet, rund 1.400 verletzt. Mehr als 1.500 israelische Soldaten wurden verwundet oder getötet. Tausende Angriffe mit Brandflaschen, Hunderte mit Schusswaffen oder Sprengstoff wurden dokumentiert. Wer all das als weitgehend unbewaffnet beschreibt, verzerrt die Realität.
Diese Verzerrung ist nicht harmlos. Sie wirkt bis in die Gegenwart. Wenn heute auf europäischen Straßen „Intifada“ gerufen wird, dann geschieht das nicht im historischen Vakuum. Es knüpft an Bilder, Narrative und Erinnerungen an. Wer diese Erinnerung weichzeichnet, senkt die Hemmschwelle für Gewaltaufrufe und entzieht jüdischen Betroffenen die Anerkennung ihres Leids.
Die BBC erklärte, die ursprüngliche Zusammenfassung habe kein vollständiges Bild vermittelt. Das ist formal korrekt. Inhaltlich greift es zu kurz. Denn es geht nicht um Vollständigkeit, sondern um Richtung. Um die Frage, ob Gewalt als zentrales Element benannt oder als Randerscheinung relativiert wird.
Besonders brisant ist der Kontext, in dem die Formulierung fiel. Der Artikel bezog sich auf Festnahmen in Großbritannien nach antisemitischen Parolen, wenige Tage nach einem Terroranschlag auf eine Chanukka Feier in Bondi Beach. In diesem Moment die Intifada als weitgehend unbewaffnet zu erklären, wirkt nicht nur geschichtsvergessen, sondern verantwortungslos.
Medien tragen Verantwortung. Nicht für politische Positionen, sondern für präzise Sprache. Begriffe wie Intifada sind keine neutralen historischen Marker. Sie sind aufgeladen, blutig und für viele Menschen bis heute mit Angst verbunden. Wer sie erklärt, muss das vollständig tun oder es lassen.
Der Rückzug der BBC ist ein Eingeständnis, aber kein Freispruch. Der Vorfall reiht sich ein in eine längere Debatte über die Darstellung Israels, jüdischen Leids und antisemitischer Gewalt in westlichen Medien. Es geht nicht um Zensur, sondern um redaktionelle Sorgfalt. Um die Bereitschaft, historische Fakten nicht ideologisch zu glätten.
Geschichte lässt sich nicht entschärfen, indem man sie sprachlich abrüstet. Wer Gewalt aus der Vergangenheit verharmlost, legitimiert sie in der Gegenwart. Genau deshalb ist die Kritik an der BBC berechtigt. Und genau deshalb reicht eine nachträgliche Korrektur nicht aus, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Sebastiandoe5 - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=91104482
Donnerstag, 18 Dezember 2025