Gift im Kinderzimmer: Der französische Justiz fehlt der Mut, die Wahrheit zu benennenGift im Kinderzimmer: Der französische Justiz fehlt der Mut, die Wahrheit zu benennen
Eine algerische Betreuungskraft mischt einer jüdischen Familie in Frankreich Reinigungsmittel ins Essen. Das Gericht spricht von einem „finanziellen Streit“, nicht von Judenhass. Genau diese Verharmlosung macht Europas Juden Angst.
Frankreich erlebt seit Jahren eine Welle antisemitischer Gewalt, die in Synagogen, Schulen und auf offener Straße sichtbar wird. Doch ein besonders verstörender Fall spielte sich mitten im privaten Schutzraum ab: im Zuhause einer jüdischen Familie, die einer Betreuungskraft vertraute. Die 42 Jahre alte Algerierin, die ohne gültige Papiere im Land lebte, wurde dafür verurteilt, dass sie im Januar 2024 Reinigungsmittel in Getränke und Lebensmittel der Familie mischte, darunter in Flaschen mit Traubensaft und Alkohol. Drei kleine Kinder im Alter von zwei, fünf und sieben Jahren hätten das Gift jederzeit zu sich nehmen können.
Die Frau gestand den Versuch zunächst. Sie gab an, es habe einen Streit über die Bezahlung gegeben. Später widerrief sie, doch das Gericht glaubte ihr nicht. Das Verhalten sei „von schwerer Qualität“, so der Vorsitzende Richter. Die Familie blieb körperlich unversehrt, aber die psychische Wunde bleibt. Ermittler fanden deutliche Mengen Bleichmittel in Speisen und Getränken; Substanzen, die schwere innere Verletzungen, Organschäden und in größeren Mengen sogar den Tod verursachen können.
Das Gericht verhängte zweieinhalb Jahre Haft und anschließend ein Einreiseverbot für fünf Jahre. Doch eine Entscheidung sorgt für Entsetzen: Die Richter lehnten das antisemitische Motiv ab. Dabei befanden die Ermittler nicht nur die Tat selbst, sondern auch online Recherchen über Juden Wochen vor der Einstellung in die Familie. Zudem äußerte die Frau während der Festnahme antisemitische Beleidigungen, die sie später als „Hassrede“ einräumte. Weil die Äußerungen ohne Anwältin fielen, erkannte das Gericht sie nicht als Beweis an.
Der Anwalt der Familie spricht aus, was viele denken: Dass ein solcher Fall ohne das Motiv des Judenhasses bewertet wird, sende ein „beunruhigendes Signal“. Auch die Internationale Liga gegen Rassismus und Antisemitismus zeigt sich fassungslos. Wenn selbst das gezielte Vergiften jüdischer Kinder nicht mehr als antisemitischer Angriff gilt, was dann?
Der Fall zwingt Frankreich einmal mehr, sich seiner Realität zu stellen: dass jüdische Familien nicht nur auf Straßen und Schulhöfen gefährdet sind, sondern selbst in den eigenen vier Wänden. Die Täterin nutzte das größtmögliche Vertrauen aus. Sie war im Besitz gefälschter Papiere, hielt sich illegal im Land auf und hatte gezielt nach Informationen über Juden gesucht. Das Gericht aber verlegte den Fokus – weg von möglichen Hassmotiven, hin zu einem angeblichen „Bezahlstreit“, der den systematischen Charakter der Tat kaum erklären kann.
Diese Entscheidung trifft eine jüdische Gemeinschaft, die seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober und den darauffolgenden Ausschreitungen in Europa ohnehin verunsichert ist. Sie fragt sich: Wie soll Vertrauen wachsen, wenn die Justiz nicht einmal klar benennt, was auf der Hand liegt? Wie sollen jüdische Familien ihre Kinder schützen, wenn der Staat nicht bereit ist, die Motive solcher Taten ernst zu nehmen?
Es bleibt zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaft, wie von der Familie gefordert, Berufung einlegt. Nicht aus Rachsucht, sondern weil ein Rechtsstaat seine Grundsätze verteidigen muss. Die Wucht des Antisemitismus in Europa zeigt sich nicht nur in spektakulären Fällen von Gewalt, sondern auch in scheinbar „kleinen“ Entscheidungen, die unterschätzen, was Juden täglich erleben: eine Mischung aus Angst, Misstrauen und dem Gefühl, dass ihr Schutz nicht selbstverständlich ist.
Ein Justizsystem, das diesen Kontext ignoriert, macht sich blind für eine Gefahr, die längst im Herzen der Gesellschaft angekommen ist.
Autor: Redaktion
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Freitag, 19 Dezember 2025