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Chanukka für Gaza. Wie Norwegens Linke ein jüdisches Fest politisiert

Chanukka für Gaza. Wie Norwegens Linke ein jüdisches Fest politisiert


Kerzen des Gedenkens oder der Vereinnahmung. In Oslo entzündet eine sozialistische Partei Chanukka Lichter im Namen der Palästinenser – und verwischt dabei eine gefährliche Grenze.

Chanukka für Gaza. Wie Norwegens Linke ein jüdisches Fest politisiert

Chanukka ist ein jüdisches Fest der Selbstbehauptung. Es erinnert an den Widerstand einer verfolgten Minderheit, an religiöse Freiheit und an das Recht, jüdisches Leben sichtbar zu leben. In Oslo wurde dieses Fest nun in einen politischen Rahmen gestellt, der bei vielen Juden Unbehagen auslöst.

Die norwegische Sozialistische Linkspartei entzündete gemeinsam mit der Gruppe Jewish Voices for Just Peace Chanukka Kerzen auf dem Eidsvoll Platz. Offiziell geschah dies im Gedenken an die Palästinenser im Gazastreifen sowie an jüdische Opfer eines antisemitischen Anschlags im australischen Sydney. Die Symbolik war bewusst gewählt. Und genau darin liegt das Problem.

Parteichefin Kristi Bergstø erklärte, die Zeremonie sei den Menschen in Palästina gewidmet, ebenso wie jenen, die getötet wurden, weil sie Juden waren. Begleitet wurde die Veranstaltung von Parolen gegen Besatzung, Rassismus und Antisemitismus. Worte, die für sich genommen kaum Widerspruch hervorrufen. Doch die Verbindung eines jüdischen Feiertags mit einem hoch aufgeladenen politischen Konflikt ist alles andere als neutral.

Chanukka wird hier nicht aus jüdischer Tradition heraus begangen, sondern umgedeutet. Das jüdische Fest wird zum Träger einer politischen Botschaft gemacht, die sich primär auf Gaza und den Nahostkonflikt bezieht. Damit wird jüdische Symbolik instrumentalisiert, um eine Agenda zu legitimieren, die in Europa seit Monaten zunehmend mit Antisemitismus verschwimmt.

Besonders auffällig ist der moralische Gleichklang, der erzeugt werden soll. Jüdische Opfer eines Anschlags werden in einem Atemzug mit palästinensischen Opfern genannt, ohne Kontext, ohne klare Benennung von Tätern, ohne politische Verantwortung. Das wirkt versöhnlich, ist aber in Wahrheit eine Gleichsetzung, die Unterschiede verwischt und jüdisches Leid relativiert.

Die beteiligte Gruppe Jewish Voices for Just Peace betont, Chanukka stehe für Licht, Hoffnung und Widerstand. Begriffe, die bewusst universell gehalten sind. Doch gerade diese Universalisierung jüdischer Feiertage ist seit Jahren ein Muster in linken Milieus Europas. Jüdische Identität wird akzeptiert, solange sie entpolitisiert oder gegen Israel in Stellung gebracht werden kann. Sobald jüdisches Leben sich selbst definiert, wird es problematisch.

Dass ausgerechnet ein jüdisches Fest genutzt wird, um Solidarität mit Gaza auszudrücken, ist kein Zufall. Es soll den Vorwurf des Antisemitismus abwehren. Wer Chanukka Kerzen anzündet, kann schließlich kein Judenhasser sein. Diese Logik ist bequem. Und sie greift zu kurz.

Die gleiche Parteivorsitzende erklärte wenige Tage zuvor, der Terroranschlag in Sydney habe bei Juden in Norwegen Angst ausgelöst. Sie schrieb, es müsse überall sicher sein, jüdisch zu sein. Diese Aussage ist richtig. Doch sie steht in einem Spannungsverhältnis zu einer politischen Praxis, die jüdische Symbole in Demonstrationskultur einbindet, in der Juden sich längst nicht mehr sicher fühlen.

Oslo ist kein Einzelfall. In vielen europäischen Städten werden jüdische Feiertage, Begriffe und Rituale zunehmend politisiert. Immer im Namen von Universalismus, immer im Namen von Menschlichkeit. Doch jüdische Gemeinden erleben diese Gesten oft nicht als Solidarität, sondern als Übergriff.

Solidarität mit Palästinensern ist legitim. Kritik an Israel ist legitim. Aber Chanukka ist kein neutrales Gefäß für politische Botschaften. Es ist ein spezifisch jüdisches Fest, mit einer eigenen Geschichte, einer eigenen Bedeutung und einer tiefen Verbindung zu jüdischer Identität und Geschichte.

Wer Chanukka instrumentalisiert, auch mit vermeintlich guten Absichten, verschiebt Grenzen. Und diese Verschiebung hat Konsequenzen. Sie trägt dazu bei, dass jüdisches Leben nicht als eigenständig respektiert wird, sondern als Projektionsfläche für politische Narrative dient.

Gerade in einer Zeit wachsender antisemitischer Gewalt in Europa wäre Zurückhaltung geboten. Respekt vor jüdischen Traditionen bedeutet auch, sie nicht für politische Symbolik zu vereinnahmen. Wer wirklich gegen Antisemitismus eintritt, sollte damit beginnen, jüdische Feste jüdisch sein zu lassen.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Symbolbild KI generiert


Donnerstag, 25 Dezember 2025

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