Iran kontrolliert Bagdad: Wie Teheran den Arabischen Gipfel zur Machtdemonstration nutztIran kontrolliert Bagdad: Wie Teheran den Arabischen Gipfel zur Machtdemonstration nutzt
Ein Schattenmann aus Teheran in Bagdad – und keiner redet drüber.
Während der arabische Gipfel vorbereitet wird und internationale Aufmerksamkeit auf den Irak gerichtet ist, markiert der Besuch von Esmail Qaani, dem Chef der Quds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarde, einen geopolitischen Tiefpunkt. Qaani ist nicht zum diplomatischen Tee gekommen. Er ist gekommen, um Macht zu demonstrieren – und um den Irak daran zu erinnern, wer wirklich das Sagen hat.
Ein Gipfel, eine Botschaft – Iran diktiert mit
Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Qaani betritt irakischen Boden nur wenige Tage vor dem Arabischen Gipfeltreffen in Bagdad. Der Iran drängt darauf, dass die Interessen des Mullah-Regimes auf die Tagesordnung gesetzt werden – inklusive Forderungen nach der Lockerung internationaler Sanktionen. Im Gepäck: Druck auf die irakische Regierung, kurdische Regimegegner an der Grenze zu bekämpfen und Teherans Sicherheitsinteressen bedingungslos zu vertreten.
Was offiziell als Gespräche über Grenzsicherheit verkauft wird, ist in Wahrheit ein Befehlsempfang. Bereits 2023 hatte der Irak nach iranischen Drohungen ein Abkommen unterzeichnet, das den Rückzug kurdischer Oppositionsgruppen von der Grenze garantieren sollte. Nun fordert der Iran dessen „vollständige Umsetzung“ – also noch mehr Unterwerfung.
Der Schatten von Soleimani – und die reale Bedrohung
Qaani weiß genau, in welche Fußstapfen er tritt. Sein Vorgänger Qasem Soleimani, Architekt der iranischen Einflussnahme im Nahen Osten, wurde 2020 durch einen gezielten US-Drohnenangriff unter Präsident Donald Trump getötet – in Bagdad. Qaani ist sich der Symbolik seines Besuchs bewusst. Dass Trump zur selben Zeit erneut in der Region unterwegs ist, scheint der iranischen Seite eher Genugtuung als Sorge zu bereiten. Denn im Gegensatz zu früheren Jahren ist Washingtons Einfluss in Bagdad heute verblasst. Der Irak scheint sich längst anderen Herren verpflichtet zu haben.
Der Premier als Verwalter iranischer Interessen
Iraks Premierminister Mohammed Shia al-Sudani steht wie ein Statthalter in einem System, das sich längst dem iranischen Orbit angeschlossen hat. Zwar spricht er öffentlich von der Notwendigkeit, alle Waffen unter staatliche Kontrolle zu bringen. Doch genau jene Milizen, die diesen Zustand untergraben – die vom Iran unterstützten Kataib Hezbollah oder Asaib Ahl al-Haq – sind Teil des staatlich anerkannten „Popular Mobilization Forces“. Eine Farce: Die Milizen sind zugleich offiziell und illegal, regulär und terroristisch. Und ihre Loyalität gilt Teheran, nicht Bagdad.
Al-Sudani traf sich kürzlich mit Hadi al-Amiri und Qais Khazali, zwei Schlüsselfiguren der schiitischen Koordinationsrahmen und der iranischen Agenda im Irak. Qaani wiederum hielt Einzelgespräche mit denselben Männern ab. Inhaltlich ging es auch um die laufenden Gespräche zwischen Teheran und Washington – und wie sich der Irak nützlich machen kann. Offenbar sollen pro-iranische Akteure im Irak künftig noch stärker als Vermittler auftreten – allerdings nach iranischer Lesart.
Zwei Welten – Trumps Besuch und das Schweigen in Bagdad
Während Donald Trump amerikanische Truppen auf dem Luftwaffenstützpunkt Al Udeid in Katar besucht und womöglich auch in die Türkei weiterreist, schweigt Bagdad demonstrativ zu seiner Präsenz in der Region. Einst war der Irak Dreh- und Angelpunkt amerikanischer Nahostpolitik. Heute ist er das Einflussterrain Irans – und daran scheint die irakische Regierung kein Interesse ändern zu wollen.
Religiöse Toleranz als Feindbild
Ein weiteres Indiz für die ideologische Richtung, in die sich das Land bewegt, ist die öffentliche Ablehnung des „Abrahamitischen Projekts“ durch Muqtada al-Sadr. Damit wendet sich einer der einflussreichsten Schiitenführer des Landes gegen die Idee eines religiösen Zusammenlebens zwischen Juden, Christen und Muslimen, wie sie durch die Abraham-Abkommen in der Golfregion propagiert wird. Eine klare Absage an jede Form von Normalisierung mit Israel – und ein Echo aus Teheran.
Irak als Plattform für iranische Machtpolitik
Der Arabische Gipfel in Bagdad könnte ein Hoffnungssignal sein – für den Wiederaufstieg des Irak als regionaler Vermittler, als souveräner Akteur. Doch mit der Präsenz Qaanis, der direkten Einflussnahme auf irakische Sicherheitsfragen und der Dominanz iranischer Milizen wird deutlich: Der Irak ist derzeit weniger Gastgeber als Bühne. Und das Drehbuch schreibt nicht Bagdad, sondern Teheran.
Die iranische Agenda ist klar: Schwächung der Kurden, Dominanz über schiitische Milizen, Sabotage einer regionalen Entspannung mit Israel – und das alles mit irakischer Rückendeckung. Ob dabei die Interessen der irakischen Bevölkerung, der arabischen Nachbarländer oder gar die Stabilität des Landes zählen? Offenbar nicht.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=85597850
Donnerstag, 15 Mai 2025