Wie der 12-Tage-Krieg Iran in die Isolation stürzteWie der 12-Tage-Krieg Iran in die Isolation stürzte
Nach dem israelischen Schlagabtausch taumelt das Regime: Sanktionen, Misstrauen, Verfolgung – und eine beunruhigende Stille in Teheran.
Zwölf Tage Krieg haben mehr bewirkt als unzählige diplomatische Konferenzen, Resolutionen oder Wirtschaftsverhandlungen der letzten Jahre: Der Iran steht heute international isolierter da denn je – militärisch entblößt, wirtschaftlich am Abgrund und innenpolitisch in Panik. Was Israels Luftwaffe binnen weniger Nächte zerstörte, ist nicht nur physischer Natur. Auch das Vertrauen in die Unverwundbarkeit des Mullah-Regimes liegt in Trümmern.
Der militärische Konflikt mit Israel im Juni 2025, in dem gezielt Nuklearanlagen, Kommandozentren und Stellungen der Revolutionsgarden getroffen wurden, war für Teheran ein doppelter Schock. Zum einen offenbarte er die Infiltrierbarkeit und operative Schwäche des Sicherheitsapparats. Zum anderen entfaltete er eine Kettenreaktion von außenpolitischen und innergesellschaftlichen Konsequenzen, die das Regime an seine strategischen und moralischen Grenzen treiben.
Repression statt Reform: Ein Regime reagiert mit Furcht
Anstatt die Scherben nüchtern zu analysieren, greift das Regime in alter Manier zu alten Mitteln: Angst, Gewalt und Sündenböcke. Der bekannte iranische Analyst Nima Baheli beschreibt gegenüber The Media Line einen beispiellosen Repressionsschub. Mehr als 300.000 afghanische Geflüchtete wurden in einer plötzlichen Aktion ausgewiesen – ein klares Signal, dass Teheran in ihnen eine potenzielle Bedrohung wittert oder sie zumindest als Feindbild für interne Stabilität instrumentalisiert.
Auch religiöse und ethnische Minderheiten wie Bahai, Kurden oder Juden gerieten ins Fadenkreuz. Letztere wurden laut Baheli zwar nicht direkt angegriffen, jedoch stundenlang verhört, sozial isoliert und eingeschüchtert. Der Preis für das öffentliche Gesichtswahren vor der Weltgemeinschaft: stille, verdeckte Verfolgung ohne Blut, aber mit psychologischer Wirkung.
Wirtschaftlich im Würgegriff – der Westen macht ernst
Was der Iran militärisch verlor, wurde diplomatisch nicht ersetzt, sondern verschärft. Besonders die USA zogen unmittelbar nach Kriegsende neue Sanktionen hoch – so umfassend, dass selbst Länder und Unternehmen außerhalb des amerikanischen Rechtsraums durch „sekundäre Sanktionen“ bedroht werden. Der Iran wird damit nicht nur isoliert, sondern aktiv blockiert – ein ökonomischer Belagerungszustand.
Daniel Martin, Sanktionsrechtler der Kanzlei HFW, erklärt die Differenz zum europäischen Vorgehen: Während in den USA der Grundsatz „Verbot, außer erlaubt“ gelte, funktioniere das europäische Sanktionssystem umgekehrt: „Erlaubt, außer verboten“. Doch selbst diese liberalere Haltung der EU ist faktisch wirkungslos. Denn was Unternehmen wirklich benötigen – Vertrauen in stabile Regeln – bietet der Iran nicht. Niemand möchte Millionen investieren, wenn morgen der nächste Krieg droht oder Washington erneut Druck macht.
Der Wiederaufbauhandel, der nach dem Atomdeal von 2015 zwischen europäischen Firmen und Teheran kurzzeitig aufflammte, ist erloschen. Öl, Maschinen, Luftfahrt – alles liegt brach. Sanktionen gegen Irans Luftfahrtindustrie führen dazu, dass selbst Ersatzteile fehlen. Die Menschen zahlen die Rechnung für eine Politik, die sie nie gewählt haben.
Unsicherheit statt Waffenstillstand – der Konflikt schwelt weiter
Die vermeintliche Waffenruhe nach dem Krieg wirkt auf viele Iraner mehr wie eine Atempause als eine Lösung. Baheli beschreibt eine Atmosphäre der Angst. Niemand glaubt, dass dies das Ende war – zu sehr hat Israels Premier Netanjahu bewiesen, dass er bereit ist, militärische Stärke mit politischem Kalkül zu verbinden. Zu offenkundig sind Irans Schwächen geworden, um sie zu ignorieren.
Dazu kommt: Der innere Druck wächst. Eine wirtschaftlich darbende Bevölkerung, die kaum Zugang zu Medikamenten oder internationaler Technologie hat, ein überwachter öffentlicher Diskurs, in dem selbst das Flüstern gefährlich ist, und eine Elite, die nicht reformieren will, sondern sich durch Repression am Leben hält.
Hoffnung aus Riad? Die Suche nach regionaler Rettung
In dieser geopolitischen Sackgasse sucht der Iran verzweifelt nach neuen Wegen – und hofft auf die alten Rivalen. Berichten zufolge wird an einem Treffen mit Saudi-Arabien gearbeitet, um Spannungen zu entschärfen. Ein solcher Schritt könnte Teil eines außenpolitischen Strategiewechsels sein – weg von der Konfrontation, hin zu einer vorsichtigen Normalisierung.
Für Saudi-Arabien wäre das eine willkommene Entwicklung. Riad braucht Stabilität für seine wirtschaftlichen Megaprojekte – ein brennender Iran liegt nicht in seinem Interesse. Doch ob das genug ist, um Teheran aus der Ecke zu holen, in die es sich selbst manövriert hat, bleibt fraglich.
Denn die eigentliche Frage steht unausgesprochen im Raum: Ist dieses Regime überhaupt reformfähig? Oder sind es nicht gerade seine Grundpfeiler – ideologische Abschottung, antiisraelische Besessenheit, innenpolitische Härte –, die den Weg zurück in die internationale Gemeinschaft versperren?
Ein Wendepunkt mit offenem Ausgang
Der 12-Tage-Krieg war ein Weckruf für den Westen, ein Desaster für Teheran und ein Signal an die Region: Der Iran ist verwundbar, nicht nur militärisch, sondern politisch, ökonomisch und moralisch. Die Revolutionsgarden mögen Plakate aufhängen – wie jenes mit dem Porträt des getöteten Kommandeurs Hossein Salami –, doch die Botschaft ist eine andere: Die Zeit der Einschüchterung hat ausgedient.
Wenn es dem Iran nicht gelingt, sich selbst neu zu definieren – nicht durch Propaganda, sondern durch echte Veränderung –, droht ihm nicht nur Isolation. Sondern Bedeutungslosigkeit.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot
Freitag, 11 Juli 2025